Nach den kürzlich bekannt gewordenen Missbrauchsvorwürfen gegen Hauptdarsteller Kevin Spacey zieht Netflix Konsequenzen und legt die Produktion der Hit-Serie „House of Cards“ auf Eis. Zwar bedeutet dies das Ende einer Ära für den Steaming-Dienst, die Auswirkungen auf die Aktie halten sich aber in Grenzen.
Mit „House of Cards“ fing alles an. 2013 veröffentlichte Netflix die erste Staffel des Polit-Dramas um den machthungrigen US-Abgeordneten Francis Underwood, jedoch nicht wie bisher im TV üblich eine Episode pro Woche, sondern die komplette Staffel auf einen Schlag. Wer wollte, konnte die 13 Folgen der ersten Netflix-Eigenproduktion überhaupt auch an einem Stück ansehen – das „Binge-watching“ war geboren und wurde schnell zum elementaren Bestandteil des Geschäftsmodells von Netflix.
Nachdem am Sonntag Missbrauchsvorwürfe gegen Hauptdarsteller Kevin Spacey erhoben wurden, hat Netflix innerhalb von 24 Stunden die Reißleine gezogen. In einem gemeinsamen Statement auf dem US-Entertainment-Portal variety.com haben die Produzenten Netflix und Media Rights Capital zunächst angekündigt, die Serie nach der sechsten Staffel im kommenden Jahr auslaufen lassen zu wollen.
Womöglich ist jedoch schon früher Schluss – denn kurz darauf hat Netflix die Dreharbeiten für die finale Staffel bis auf Weiteres auf Eis gelegt, um „die aktuelle Situation zu prüfen und etwaige Bedenken der Schauspieler und der Crew der Serie zu besprechen“, hieß es in einem Statement. Gleichzeitig berichtete Variety, dass derzeit Ideen für ein „House of Cards“-Spin-off gefeilt werde, um die Serie ohne Spacey fortsetzen zu können. Entsprechende Gerüchte wollte Netflix nicht kommentieren.
Vorwurf: Übergriff vor 31 Jahren
Am Sonntag hatte Schauspiel-Kollege Anthony Rapp („Star Trek: Discovery“) die Bombe platzen lassen und Spacey in einem Interview mit dem Portal Buzzfeed der sexuellen Belästigung bezichtigt. Im Jahr 1986 soll Spacey den damals 14-Jährigen nach einer Party in seinem Apartment bedrängt haben.
Nach Erscheinen des Beitrags äußerte sich Spacey via Twitter: „Ich bin mehr als bestürzt, diese Geschichte zu hören.“ Er erinnere sich wirklich nicht mehr an den von Rapp beschriebenen Vorfall. Aber wenn er sich so verhalten habe, wie es Rapp beschreibe, dann schulde er ihm eine „ernsthafte Entschuldigung“ für „dieses absolut unangemessene Verhalten in betrunkenem Zustand.“ Zudem bekannte sich der Schauspieler öffentlich zu seiner Homosexualität.
Netflix musste reagieren
Nach dem Skandal um den Filmproduzenten Harvey Weinstein, der duzende Frauen sexuell ausgenutzt haben soll, schlägt der nun bekannt gewordene Vorwurf gegen Kevin Spacey hohe Wellen. Somit blieb Netflix kaum eine andere Wahl, als die Produktion zunächst zu unterbrechen. Auch wenn damit womöglich das Ende für die Erfolgsserie besiegelt ist, sollten sich die Auswirkungen auf für den Streaming-Dienst in Grenzen halten. Denn zum einen wäre laut mehrere Medienberichte nach der sechsten Staffel 2018 sowieso Schluss gewesen, zum anderen hat Netflix inzwischen ein breites Portfolio mit hit-verdächtigen Eigenproduktionen.
Auch wenn die Netflix-Aktie am Dienstag im US-Handel rund ein Prozent verloren hat, besteht für Anleger zunächst kein Grund zur Sorge. Die psychologisch wichtige 200-Dollar-Marke und das knapp darüber liegende Allzeithoch sind weiterhin in Reichweite. Investiere Anleger setzen auf den Ausbruch auf neue Hochs.