Die Einschätzungen zweier Investmentbanken zu den Autoherstellern in Europa haben in der laufenden Handelswoche die Kurse im Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts in unterschiedliche Richtungen getrieben. Die HSBC etwa empfahl BMW zum Kauf, während die Bank of America (BofA) skeptischer für Mercedes-Benz geworden ist. Am Freitag legte Goldman Sachs bei Mercedes nach. Auch Analyst George Galliers reduzierte das Kursziel für den Premium-Autobauer.
Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat das Kursziel für Mercedes-Benz am Freitag von 97 auf 84 Euro gesenkt, aber die Einstufung auf "Buy" belassen. Viele europäische Autobauer rechneten mit einer gegenüber den ersten 6 Monaten stärkeren zweiten Jahreshälfte, schrieb Analyst George Galliers in einem am Freitag vorliegenden Branchenausblick. Die entsprechend gestiegenen Erwartungen am Markt seien trotz der niedrigen Bewertungen eine Herausforderung. Denn wirkliche Gründe für eine deutliche Geschäftsverbesserung sehe er nicht und dementsprechend Kursrisiken für die Aktien. Bei Renault sei die Erreichung der Jahresziele indes weniger abhängig vom zweiten Halbjahr als bei Stellantis, BMW und Mercedes-Benz. Renault könnte die Erwartungen daher am ehesten übertreffen, so der Experte.
Bereits zu Wochenbeginn hatte Analyst Horst Schneider von der Bank of America sein Kursziel für Mercedes-Benz mit 60 Euro um 16 Euro nach unten geschraubt. Grund dafür ist sein kritischer Blick auf den Modellzyklus des Stuttgarter Autokonzerns und folglich auf die Ergebnisse der kommenden Jahre. Das Durchschnittsalter der Mercedes-Flotte steige im Vergleich zur Konkurrenz, monierte er.
Im Jahr 2026 werde Mercedes unter den drei deutschen Premiumherstellern die ältesten Modellreihen haben, und den Absatz wohl nur über höhere Rabatte aufrechterhalten können, so Analyst Schneider.
Zur gesamten europäischen Autobauerbranche äußerte sich auch HSBC-Analyst Michael Tyndall und legte den Fokus dabei auf das zweite Quartal sowie die erwartete Geschäftsentwicklung bis Jahresende. „Der Zyklus-Abschwung wird sich fortsetzen", ist der HSBC-Experte überzeugt, auch wenn er kein katastrophales zweites Quartal erwartet.
Vor allem bei Stellantis befürchtet Tyndall weiter sinkende Ergebnisschätzungen. Die Aktie ist deshalb, eingestuft mit "Neutral" und einem leicht auf 21 Euro gesenkten Kursziel, für ihn letzte Wahl. Auch für die VW-Aktie ist HSBC-Analyst Tyndall zurückhaltend. Sein Kursziel lautet 110 Euro.
Besonders positiv dagegen fällt sein Urteil über BMW und Renault aus. BMW empfiehlt er vor allem nach der Kursschwäche der vergangenen Monate zum Kauf bei einem Kursziel von 109 Euro.
Renault ist Tyndalls Favorit. Die Ergebnisdynamik der Franzosen sei am deutlichsten sichtbar.
Die Rücknahme der Kursziele durch mehrere Analysten im Verlauf der Handelswoche haben die Aktie von Mercedes-Benz nach unten gezogen.
Auf der anderen Seite sollte der Zollstreit zwischen der EU und China sowie die schwierige konjunkturelle Situation im Kurs eingepreist sein. Positiv sind die hohe Dividendenrendite in Höhe von knapp 8,41 Prozent und das Aktienrückkaufprogramm.
Im aktuell schwierigen Umfeld für die Automobil-Hersteller war von BMW hinsichtlich der Auslieferungszahlen für das zweite Quartal keine Wunderdinge zu erwarten.
Bei BMW liegt der Fokus auf dem Roll-out der Neuen Klasse. Mit den futuristischen Stromern sollen Margen auf dem Niveau der Verbrenner-Modelle erreicht werden. Der Roll-out der Neuen Klasse beginnt 2025.
Gleichzeitig sollen dadurch die Verkaufszahlen im E-Mobility-Segment weiter klettern. 2023 lag der Anteil der Stromer bei rund 15 Prozent der Gesamtverkäufe. 2026 sollen es 33 Prozent sein. Keiner der klassischen Autobauer hat den Wandel in der Branche bisher besser gemeistert als BMW. Auf dem reduzierten Niveau können Anleger durchaus eine Position eingehen.