Im Bericht Bericht zum dritten Qurtal 2012 hat sich bestätigt, dass bei Mensch und Maschine (MuM) die Entscheidung, das Großhandelsgeschäft aufzugeben und das Systemhausgeschäft neben der eigenen Software als zweites Standbein zu etablieren, richtig war. Sowohl die eigene Software als auch das Systemhausgeschäft sind deutlich gewachsen. DER AKTIONÄR fragte nach.
MuM ist aus Wachstumskurs. Das EBITDA ist in den ersten neun Monaten im zweistelligen Bereich gewachsen und der Gewinn je Aktie konnte von 9 auf 17 Cent gesteigert werden. Im Gespräch mit dem AKTIONÄR erklärt der MuM-Verwaltungsratsvorsitzende Adi Drotleff, wohin er die Gesellschaft im kommenden Jahr steuern möchte.
DER AKTIONÄR: Herr Drotleff, sind Sie froh über Ihre Entscheidung, dass Sie vor knapp einem Jahr den Großhandel an Tech Data verkauft haben?
Adi Drotleff: Ich denke, wir haben da einen guten Zeitpunkt für den Absprung erwischt und einen sehr ordentlichen Preis erzielt. Und wir haben jetzt ein wesentlich einfacheres Geschäftsmodell, das einen deutlich höheren Value generiert, weil drei Viertel der Wertschöpfung aus MuM-Eigenleistung besteht.
Durch die Umstellung auf das Systemhausgeschäft, wo die Anwender der Software direkt bedient werden, gehören zu Ihrer Gruppe in der Zwischenzeit knapp 50 Gesellschaften. Wie können Sie diese ergebnisorientiert steuern?
Das ist gar kein Problem, wir steuern den Konzern schon lange so, dass jede einzelne Einheit ihren EBIT zu optimieren hat und sonst gar nichts. So wie man ein Auto ja auch nur mit einem Lenkrad steuert und nicht mit vier Hebeln für je ein Rad.
Was verstehen Sie unter Ihrer Aussage, dass es noch erhebliche Renditepotentiale zu heben gäbe?
Wir haben 2011 im Software-Segment eine EBITDA-Rendite von 15 erzielt und im Systemhaussegment 2,9 Prozent - da ist noch ordentlich Luft bis zu den Zielrenditen 20-25 Prozent für Software und gut 10 Prozent für den Systemhausbereich. Wenn wir pro Jahr und Segment 2-3 Prozent des jeweiligen Potentials heben, kommen wir noch einige Jahre auf überproportionale Steigerungen des Betriebsergebnisses relativ zum Umsatzwachstum.
Die Bankverschuldung lag per 30.09.2012 bei gut 17 Millionen Euro. Können Sie Ihre Zusage einhalten, dass MuM im nächsten Jahr bankschuldenfrei sein wird?
Durch den Wegfall des Distributionsgeschäfts können wir uns deutlich weniger als vorher über Lieferantenkredite finanzieren. Da wir uns relativ günstig refinanzieren und dies auch mehr ein Stichtagseffekt ist, tut uns das nicht weh. Die Finanzkosten sind trotzdem sehr deutlich gegenüber dem Vorjahr gesunken und werden auch sehr moderat bleiben. Insofern werden wir wohl doch etwas länger als nur bis zum nächsten Jahr eine kleine Netto-Bankverschuldung behalten. Ein bisschen Leverage schadet ja nicht, nur zuviel wäre zuviel.
Seit Jahresbeginn ist die Eigenkapitalquote von 32,2 auf 39,6 Prozent gestiegen. Wo soll sich die EK-Quote voraussichtlich Ende kommenden Jahres eingependelt haben?
Das kommt sehr darauf an, inwieweit wir durch Übernahmen in Europa unsere Bilanzsumme erhöhen. Bei der momentan absehbaren vorsichtigen Akquisitions-Gangart dürften wir in der Lage sein, pro Jahr etwa drei bis fünf Prozent Eigenkapital-Quote zuzulegen.
Sie sprechen von erheblichen steuerlichen Verlustvorträgen - wie groß sind die und bis wann wollen Sie diese aufgebraucht haben?
Zum 31.12.2011 hatten wir laut Geschäftsbericht gut 23 Millionen steuerlich nutzbare Verlustvorträge im Konzern. Pro Jahr können wir davon im Schnitt vielleicht zwei bis drei Millionen abbauen - das reicht also noch eine ganze Weile.
Teilweise wurden die Inhaber der Gesellschaften, die ihre Firma in die MuM-Gruppe eingebracht haben, mit MuM-Aktien bezahlt. Haben Sie einen Überblick darüber, wie viel davon schon wieder in den Markt zurückgeflossen sind, denn eigentlich müsste der Kurs der MuM-Aktie doch deutlich steigen, nachdem Sie seit Ende 2008 ja 1,18 Millionen Aktien über die MuM SE aus dem Markt genommen haben?
Wir haben darauf geachtet, nur dort mit Aktien zu bezahlen, wo kein Abgabedruck entstehen kann. Wenn z.B. von den neu eingetretenen Partnern Steuern zu bezahlen waren, haben wir ihnen grundsätzlich einen genügend großen Cash-Anteil ausgezahlt, damit sie nicht ihr MuM-Aktiendepot angreifen müssen. Außerdem wirkt die bei Verkauf der MuM-Aktien fällige Steuer wie eine Verkaufssperre, so dass ich bis zu Kursen von sieben oder acht Euro sicher bin, dass uns von dieser Seite kein Verkaufsdruck entsteht.
Das EBITDA soll nach 11,5 Millionen Euro in 2012 ein Jahr später auf rund 16 Millionen Euro ansteigen. Wie sicher sind Sie mit dieser Prognose, nachdem der Ausblick Ihres größten Lieferanten Autodesk eher verhalten war?
Wir haben frühzeitig vor dem Zenit des momentanen Konjunkturzyklus die Kosten angebremst, was bei US-Unternehmen wie Autodesk nicht üblich ist, und wir sind mit dem neuen Geschäftsmodell ja bei weitem nicht mehr so stark mit der Entwicklung von Autodesk korreliert wie vorher, da wir auch im Systemhausbereich die Hälfte unserer Wertschöpfung mit eigener Dienstleistung und Software erzeugen. Im Übrigen war ja nicht der Autodesk-Ausblick das Hauptproblem, sondern die Zahlen von deren Q2, das von Mai bis Juli ging. Man kann unsere Abkoppelung von den Autodesk-Ergebnissen jetzt schon an zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ablesen.
Ab 2016 erwarten Sie einen Sprung im Netto-Ergebnis auf über 15 Millionen Euro - oder 1,00 Euro je Aktie. Worauf ist dies zurückzuführen?
2016 ist die siebenjährige Amortisation für die 2009 akquirierten Systemhäuser abgelaufen, dadurch fallen uns auf einen Schlag mehr als 1,5 Millionen Euro Abschreibungen weg, die fast voll auf das Nettoergebnis durchschlagen, weil diese Art der Konzernabschreibungen meist nicht steuerwirksam sind. Das ist allein ein Sprung von zehn Cent pro Aktie beim Gewinn je Aktie. Der Rest speist sich aus der vorhin besprochenen Hebung der Renditepotentiale und dem organischen Wachstum.
Sehen Sie Ihre Aktie auf der Basis von knapp 5,00 Euro als fair bewertet an?
Langfristig sicher nicht, bei einem Gewinn je Aktie von einem Euro im Jahr 2016 würde ein solcher Kurs ja ein KGV unter 5 bedeuten. Spätestens wenn wir unsere Dividendenplanung von steuerfreien 30 Cent für das Jahr 2012 schaffen, also eine Netto-Dividendenrendite von mehr als sechs Prozent, sollte Bewegung in den Kurs kommen. Wenn nicht, stehen sowohl ich selbst als auch MuM mit dem Aktienrückkaufprogramm bereit, Aktien vom Markt zu nehmen.
Herr Drotleff, vielen Dank für das Interview.