IVU Traffic Technologies profitiert von den Megatrends Mobilität und Digitalisierung. Operativ läuft es bei dem Anbieter von IT-Lösungen für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr rund. Das Interesse an den Berlinern wächst entsprechend. Nun wurde bekannt, dass der texanische Investor MTCM das Aktienpaket von Daimler Buses erworben hat. Mit den News ist die Aktie aus ihrer Lethargie erwacht.
In den kontinuierlich wachsenden Städten sind Menschen und Fahrzeuge ständig in Bewegung. Eine logistische Herausforderung, die intelligente und sichere Softwaresysteme voraussetzt – auch in Zeiten zunehmender Pandemien. Das ruft die IVU Traffic auf den Plan. Die Berliner entwickeln auf Basis der sogenannten IVU.suite IT-Lösungen für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr. Die integrierten Standardprodukte planen, optimieren und steuern dabei vorwiegend den Einsatz von Bussen und Bahnen, den Ticketverkauf und die Information der Fahrgäste in Echtzeit. Experten ziehen den Vergleich zu SAP, das mit seiner Business Suite durch die Integration und Kombination von eigenen Softwarekomponenten unter einem Dach Geschäftsprozesse flexibel steuert. Mit zunehmendem operativem Erfolg. DER AKTIONÄR hat beim IVU-Vorstandsvorsitzenden Martin Müller-Elschner nachgefragt.
Herr Müller-Elschner, in den ersten neun Monaten 2024 hat IVU mit einem Umsatzplus von 14 Prozent einmal mehr seine Konjunkturunabhängigkeit unter Beweis gestellt. Wie zufrieden sind Sie?
Martin Müller-Elschner: Neben dem Umsatzwachstum bin ich besonders stolz auf die Gewinnsteigerung um 28 Prozent. In den Zahlen sind sogar schon die Einmalkosten durch die Veränderungen im Vorstand enthalten, die Vorzeichen für den Jahresendspurt sind somit sehr positiv und wir können unsere Jahresziele bestätigen: Wir sind also erneut auf Rekordkurs.
Was waren die wesentlichen Wachstumsimpulse?
Es hat sich auch in diesem Jahr wieder gezeigt, dass wir mit unserem Branchenfokus auf den Öffentlichen Verkehr mit Bussen und Bahnen genau richtig liegen und wieder hochkarätige Neukunden gewinnen konnten, beispielsweise mit der Metro Bilbao. Gleichzeitig sind die Bestandskunden die Basis unseres Geschäfts und wir tun alles, diese durch gute Services und neue Produkte gut zu betreuen und weiterzuentwickeln.
Welche Rolle spielen wiederkehrende Einnahmen aktuell bereits für die IVU und welche Potenziale sehen Sie in diesem Bereich?
Wir konnten unsere wiederkehrenden Einnahmen in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigern. Jeder Lizenzverkauf ist in der Regel auch immer mit einem Wartungsvertrag verbunden, der eine langfristige Kundenbeziehung unterstützt. Aktuell boomt die Nachfrage nach Cloud-Dienstleistungen, also dem Betrieb der IVU-Software durch die IVU selbst. Dadurch bekommen unsere Kunden eine komplette Dienstleistung mit garantierter Verfügbarkeit und hoher Sicherheit. Dies ist eine sehr anspruchsvolle Arbeit, bietet aber auch viel Potenzial und wird international explizit nachgefragt und gefordert.
IVU arbeitet bereits seit Jahren mit Daimler zusammen, nun hat vor wenigen Tagen das 5,25-Prozent-Aktienpaket von Daimler Buses den Besitzer gewechselt. Was hat das zu bedeuten?
Im Zuge der Neuorganisation von Daimler Trucks wurden zwar die IVU-Aktien verkauft, der Rahmenvertrag mit Daimler Buses bleibt aber unverändert bestehen. Wir bedienen bereits zahlreiche Elektrobus-Kunden in Deutschland und Europa gemeinsam, ich wünsche mir nun, dass wir auch „in fernen Ländern“ von der Partnerschaft profitieren. Die reibungslose Übernahme des Aktienpakets durch einen texanischen Investor zeigt übrigens das wachsende Interesse nordamerikanischer Investoren an der IVU. MTCM aus Austin hat bereits seit längerem den Markt erkundet, Firmen und Fachmessen besucht und sogar Kunden interviewt und sich dann bewusst für uns entschieden – und besitzt nun insgesamt über acht Prozent der IVU-Aktien, ein Commitment was mich durchaus stolz macht.
Welche internationalen Ziele haben Sie? Wie steht es um einen Markteintritt in den USA?
Ich fange mal mit dem zweiten Teil Ihrer Frage an: Wir sehen in der Tat neben unseren Kunden in Kanada nun auch weitere Möglichkeiten bei Eisenbahnunternehmen in den USA, trotzdem sollte man hier keine allzu schnellen Erfolge einplanen, dieser Markt erfordert einen langen Atem – aber den werden wir haben. Mit unseren Softwareprodukten für die Optimierung des Ressourceneinsatzes sind wir vor allem für Eisenbahnen in der ganzen Welt interessant. Und wir arbeiten zusammen mit unseren Bestandskunden in Europa erfolgreich daran, dass dieses USP auch weiterhin funktioniert. Aus diesen Kundenbeziehungen ergibt sich für uns noch eine weitere Perspektive, nämlich dass wir zusammen mit unseren Kunden international wachsen. So sind wir zuletzt mit der italienischen Eisenbahn in Spanien durchgestartet und ab Januar zusammen mit der Deutschen Bahn in Indien aktiv.
Wo sehen Sie für Rail und Public Transport die Wachstumstreiber in den nächsten Jahren? Befürchten Sie einen Rückgang der öffentlichen Förderungen und könnte dies einen Einfluss auf die Investitionen Ihrer Kunden haben?
Diese Frage wird mir häufig gestellt und ich antworte stets optimistisch: Der Bedarf an umweltfreundlicher Mobilität in lebenswerten Metropolen und zwischen diesen ist ein Megatrend, der über den politischen Alltag hinaus unumkehrbar ist. Der Betrieb von Bussen und Bahnen ist zwar per se kostenintensiv, unsere kluge Software hilft aber beim sparsamen Einsatz der teuren Ressourcen und rechnet sich in kürzester Zeit.
Blicken wir zum Abschluss noch etwas weiter über den Tellerrand: Was kann man als mittel- und langfristige Perspektive an Wachstum erwarten?
Wir sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen, sowohl im Umsatz als auch beim Personal. Die IVU hat inzwischen über 1.000 Mitarbeitende, wir haben massiv in unsere Produkte und neue Dienstleistungen wie IVU.cloud und IVU.consult investiert – und das zahlt sich jetzt aus. Wir wollen daher in den nächsten Jahren auf der Kostenseite langsamer wachsen, bei weiterhin hoher Nachfrage und guten Einnahmen sollte sich dies positiv auf die Profitabilität auswirken. Und der Gewinn der IVU ist seit 2017 von Jahr zu Jahr gestiegen, das soll auch in den nächsten Jahren so bleiben.
IVU Traffic fährt ein wenig unter dem Radar der meisten Investoren. Das dürfte sich mit dem Wechsel in der Aktionärsstruktur ändern. Mit seinen Lösungen für den öffentlichen Nah- und -Fernverkehr profitiert IVU Traffic von den Megatrends Mobilität und Digitalisierung. Klimawandel und Verkehrswende sind die Themen unserer Zeit, die langfristig das Handeln bestimmen werden. Anleger mit Weitblick können daher dem US-Investor MTCM folgen und das aktuelle Niveau zum Einstieg nutzen.