Nach einem guten ersten Halbjahr mit einem neuen Rekord von 1,1 Milliarden Euro beim verwalteten Vermögen (AuM) will die Hamburger Lloyd Fonds AG im zweiten Halbjahr das Wachstum noch einmal deutlich beschleunigen. So peilt Vorstandschef Achim Plate bei den AuM ein weiteres Plus von 27 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro an. Im Mittelpunkt dabei steht die auf Künstliche Intelligenz basierte Vermögensverwaltung LAIC als digitale Innovation in der Branche.
Im Interview mit DER AKTIONÄR verrät Lloyd-Fonds-CEO Plate, wie er mit LAIC bei privaten wie institutionellen Kunden punkten und kurzfristig in die Top 10 der digitalen Vermögensverwaltungen in Deutschland aufsteigen will – und wie die Künstliche Intelligenz Wirecard als Anlagealternative frühzeitig aussortiert hat.
DER AKTIONÄR: Herr Plate, eine Frage vorneweg: Inwiefern waren Sie im Bereich Vermögensverwaltung oder im Fondsbereich vom Kursabsturz der Wirecard-Aktie betroffen?
Achim Plate: Unsere persönliche Vermögensverwaltung hat keine Aktienbestände in Wirecard gehalten. Im aktiven Fondsmanagement sind unsere sieben Publikumsfonds als auch unser Hedgefonds vom erneuten Kursverfall nach dem Insolvenzantrag von Wirecard am 25. Juni nicht betroffen. Der KPMG-Report am 28. April war ein wichtiger Wendepunkt, danach haben wir unsere Positionen in vier Fonds, die Wirecard-Aktien im Portfolio hatten, verkauft.
Stoßen künstliche Intelligenzen im Bereich der digitalen Vermögensverwaltung wie die Ihrige bei solchen Betrugsfällen an ihre Grenzen?
Nein, bereits vor dem jetzt wahrscheinlich auftretenden Betrugsfall und anschließendem Kursverfall zeigte die Wirecard-Aktie ein ungewöhnliches Verhalten. Dieses Verhalten in Form von hohen Handelsvolumen, Volatilität und weiten Spreads realisiert die Künstliche Intelligenz (KI) und bezieht diese Unsicherheiten mit ein. Anlagen mit diesem Profil werden somit schon frühzeitig als unattraktiv klassifiziert. Darüber hinaus ist es unser Bestreben durch automatisierte Diversifikation ein Portfolio zu halten, welches im Verhältnis zur Rendite wenig schwankt. Hier schnitt die Wirecard-Aktie schon seit längerem nicht gut ab. Die KI trifft viele kleine strategische Entscheidungen und meidet risikobehaftete Entscheidungen. Sie folgt also nicht ihrer Intuition oder einer Investmentstory, sondern klaren Regeln und Systemen. Sich von der Intuition und einer Story nicht blenden zu lassen, ist an dieser Stelle ein klarer Vorteil des LAIC ADVISORS gegenüber dem Menschen.
Kommen wir zum eigentlichen Punkt und damit zu Lloyd Fonds: Die Assets under Management (AuM) konnten Sie im ersten Halbjahr gegenüber dem 31. Dezember 2019 um fünf Prozent auf den neuen Rekordwert von 1,1 Milliarden Euro steigern. In welche Bereiche gingen die Zuflüsse vornehmlich?
In unserer persönlichen Vermögensverwaltung, dem Segment LLOYD VERMÖGEN, konnten wir durch die Zuflüsse im 1. Halbjahr 2020 die AuM auf rund 300 Millionen Euro steigern. Im Segment LLOYD FONDS, unserem aktiven Fondsmanagement, managen wir derzeit ein AuM-Volumen von knapp 800 Mio. Euro. Im Segment LAIC, unserem Algorithmus basierten Portfoliomanagement, investierten Anleger trotz eines durch Corona geprägten Marktstarts seit dem 1. April 2020 bereits rund 15 Millionen Euro.
Sie sprechen den Marktstart Ihrer digitalen Vermögensverwaltung LAIC am 1. April an. Wie fällt Ihr erstes Fazit nach drei Monaten aus?
Ich bin aus drei Gründen ausgesprochen zufrieden mit unserem Marktstart. Erstens wird unser Neukunden-Angebot des Individualdepots sehr gut angenommen. Zweitens haben wir unser Produktangebot Ende Mai mit der Neuauflage von fünf innovativen, durch unseren Algorithmus gesteuerten Mischfonds erweitert. Und drittens werden wir unser Angebot bei LAIC weiter skalieren. Wir werden ab August über einen Versicherungspartner als White-Label-Lösung die erste durch digitale Mischfonds gesteuerte, fondsgebundene Rentenversicherung im deutschen Markt, die LAIC-FondsRente, anbieten. Parallel zu diesen LAIC-Angeboten, die im wesentlichen Privatkunden und vermögende Anleger adressieren, haben wir zudem individuelle Portfoliolösungen für institutionelle Kunden entwickelt, insbesondere für das Depot A-Geschäft der Banken und Sparkassen. Der Produktstart mit den ersten institutionellen Kunden ist im August 2020. Wir spüren in den Kundengesprächen, dass unser Schwerpunkt des Risikomanagements im LAIC ADVISOR auf große Zustimmung stößt, gerade durch die Corona-Krise.
Können Sie bereits etwas darüber sagen, wie das Angebot mit ihren digital gesteuerten Mischfonds angenommen wird? Wie sieht hier Ihre weitere Vermarktungsstrategie aus?
Unsere fünf LAIC-Fonds sind am 29. Mai 2020 gestartet. Das Listing der Fonds auf den Handelsplattformen nimmt immer einige Wochen in Anspruch, der erste Handel bei ebase zum Beispiel ist erst seit Ende Juni möglich. Daher ist eine Aussage zur Annahme des Angebots derzeit verfrüht. Die Vermarktungsstrategie erfolgt nicht nur über einen Vertriebskanal, sondern skaliert über zunächst drei Vertriebswege: Erstens können Anleger die Mischfonds direkt B2C über ihre Depotbank zeichnen. Zweitens klassisch B2B2C über bestehende Vertriebspartner. Drittens wird sich unsere fondsgebundene Altersversorgung, die LAIC-FondsRente, dem Investmentuniversum unser fünf digitalen LAIC-Fonds bedienen. Damit positionieren wir uns über Versicherungspartner im wachsenden Versicherungsmarkt für fondsgebundene Altersversorgung und erweitern die Zielgruppe der Anleger.
Sie haben auch angesprochen, dass Sie im August im Bereich LAIC mit individuellen Lösungen für institutionelle Kunden starten wollen. Können Sie uns hierzu schon nähere Details nennen? Welcher Kunde, welches Volumen erwarten Sie?
Wir befinden uns derzeit in intensiven, fortgeschrittenen Gesprächen mit mehreren Volksbanken und Sparkassen, die Interesse an individuellen durch LAIC gesteuerten Portfolios für ihr Depot-A-Geschäft haben. Portfoliomanagement ist für Depot-A-Manager insbesondere Risikomanagement. Ich erwarte hier im August die ersten Kunden mit einem AuM-Volumen von rund 20 Mio. Euro.
Nach drei Monaten haben Sie rund 15 Millionen Euro bei LAIC eingesammelt. Bis Jahresende visieren Sie die 100 Millionen Euro an. Das klingt sehr sportlich. Was macht Sie so zuversichtlich?
Durch die von mir aufgezeigte Produktskalierung bei LAIC und die initiierten Vertriebspartnerschaften sowie die erfreuliche Bilanz nach den ersten Monaten mit unserem Individualdepot „LAIC – My Portfolio Selection“ bin ich optimistisch, dass wir das avisierte Volumen von 100 Mio. Euro AuM bis zum Jahresende erreichen und damit zu den Top 10 der digitalen Vermögensverwaltungen in Deutschland nur neun Monate nach Marktstart gehören werden.
Für das zweite Halbjahr erwarten Sie bei den AuM noch einmal eine Steigerung um 27 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Wird das ein rein organisches Wachstum oder schaffen Sie dieses Ziel nur mit Zukauf?
Unsere Erwartung für das Jahr 2020 basiert auf rein organischem Wachstum. Dabei wollen wir neben dem geschilderten weiteren Wachstum bei LAIC auch in unserem aktiven Fondsmanagement und in unserer persönlichen Vermögensverwaltung weiter zulegen.
Die Analysten von Hauck & Aufhäuser taxieren den fairen Wert der Lloyd Fonds-Aktie auf 8,70 Euro. Die Anleger scheinen aktuell jedoch noch skeptischer zu sein. Wie wollen Sie neue Investoren für die Aktie begeistern?
In unseren drei Segmenten setzen wir mit unserer Strategie 2023/25 konsequent die drei Megatrends Digitalisierung, Nutzerzentrierung und Nachhaltigkeit um. Unser Ziel ist es, uns in diesen drei Themenfeldern als Innovationsführer im Bereich Asset- und Vermögensmanagement zu etablieren. Wir werden Investoren in direkten Gesprächen und durch Veröffentlichungen noch stärker informieren und dadurch die Anzahl der Aktionäre verbreitern. Wir haben eine sehr gute Strategie und Story für Investoren, wir werden diese jetzt breiter kommunizieren.
Die Lloyd Fonds AG hat vor wenigen Tagen gemeldet, dass sie eine Wandelschuldverschreibung 2020/24 begeben will. Wozu soll das Kapital verwendet werden?
Die geplanten Mittel aus dem Emissionserlös der Wandelschuldverschreibung 2020/24 sollen uns zusätzliche Flexibilität für die Umsetzung unserer Wachstumsstrategie 2023/25, insbesondere bei der weiteren Positionierung unseres Fintechs LAIC, geben.
Haben Sie über die Alternative nachgedacht, LAIC als eigenständiges FinTech-Unternehmen zu gründen, für das es sicherlich auch genügend Investoren gegeben hätte?
Wir sind durchaus offen für neue Investoren und haben dafür bereits die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. LAIC ist als eigenständiges FinTech innerhalb des Lloyd-Fonds-Konzerns aufgestellt. Dadurch ergeben sich alle Möglichkeiten für notwendige Kapitalmaßnahmen, um das Wachstum von LAIC auch auf dieser Ebene zu beschleunigen. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Bewertung der Lloyd Fonds AG auch von der Konzern-Tochter LAIC profitiert. Nicht nur durch die Konsolidierung, sondern auch durch die Margenstärke und die daraus abgeleitete Bewertung von LAIC allein.
Viele Anleger verbinden mit Lloyd Fonds noch das Geschäft mit Sachwertefonds. Doch das ist Geschichte. Der neue Vorstand Achim Plate hat die Gesellschaft ohne großes Aufsehen neu ausgerichtet und zu einem bankenunabhängigen Asset Manager und Vermögensverwalter mit einem gehörigen Schuss Fintech geformt. DER AKTIONÄR meint: Hier wächst eine innovative Finanzspezialität heran.