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16.09.2023 Michel Doepke

ITM SE: „Der Markt ist heiß, Radiopharmaka sind zum Glück auch bei Investoren angekommen“ – CEO Steffen Schuster im AKTIONÄR-Interview

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Eckert & Ziegler

Im AKTIONÄR wurde bereits vor dem Börsengang von BioNTech im Jahr 2019 über den Impfstoffentwickler BioNTech intensiver berichtet. Dann kam Corona und die Biotech-Schmiede wurde weltweit bekannt. Ähnliches Potenzial messen wir der ITM SE bei. Das Unternehmen fokussiert sich auf Radiopharmaka und könnte perspektivisch ebenfalls einen Börsengang in Erwägung ziehen. DER AKTIONÄR hat mit dem CEO der Firma, Steffen Schuster, über die Pläne und Aussichten der Gesellschaft gesprochen.

Steffen Schuster, CEO der ITM SE

Herr Schuster, die ITM SE hat sich in den vergangenen Jahren zu einem großen Unternehmen entwickelt. Was ist die Vision und Mission des Unternehmens?

Steffen Schuster: Es war von Anfang an unsere Idee, ITM als ein vollwertiges, integriertes Radiopharma-Unternehmen aufzubauen. Vollwertig integriert bezieht sich dabei auf zwei wichtige Bestandteile, die es uns ermöglichen, Patientinnen und Patienten eine innovative Therapie gegen Krebs zur Verfügung zu stellen. Das sind zum einen die Radioisotope, sowie zum anderen die Targeting-Moleküle. Dabei wollten wir von Anfang an radiopharmazeutische Medikamente klinisch entwickeln, herstellen und in den Markt bringen. Dazu haben wir uns damals neben dem diagnostischen Gallium-68 auf die Produktion von hochreinem und trägerfreiem Lutetium-177 konzentriert. Inzwischen beliefern wir viele Pharmaunternehmen und Kliniken. Grundsätzlich wollen wir Radiopharmaka entwickeln, die Patientinnen und Patienten länger und mit einer besseren Lebensqualität leben lassen. Wir sind davon überzeugt, dass wir sowohl bei der Wirksamkeit als auch bei der Sicherheit dazu beitragen können, sowohl Lebensqualität, Behandlung und die Behandlungserfolge verbessern zu können. 

Unser Ziel ist, viele Medikamente über die Jahre in den Markt zu bringen, die eine hohe Wirksamkeit haben und gut verträglich sind. Wichtig ist es zudem, die Patientenversorgung mit Radiopharmazeutika nachhaltig sicherzustellen. Das schaffen wir auch über die vertikale Integration unseres Unternehmens, die uns unabhängiger von Dritten macht.

Sie treten als Zulieferer auf, aber auch als eigener Entwickler von Radiopharmazeutika und -therapien. Blicken wir auf die Pipeline Ihrer eigenen Produkte, die Sie entwickeln. Wie ist da der aktuelle Stand und wann ist mit weiteren Daten zu rechnen?

Derzeit befindet sich beispielsweise unser Produktkandidat ITM-11 in der klinischen Entwicklung in zwei Phase-3-Studien für Gastro-Entero-Pankreatische Neuroendokrine Tumoren. Diese Studien sind bereits fortgeschritten und ITM-11 hat zudem von der US-amerikanischen FDA einen „Fast-Track-Status“ erhalten. Darüber hinaus haben wir in unserer Pipeline weitere spannende Kandidaten, die sowohl zur Therapie als auch Diagnostik genutzt werden sollen. Mit unserem Kandidaten ITM-31 beispielsweise, wollen wir Glioblastome bekämpfen, eine besonders aggressive Form von Gehirntumoren. Dazu nutzen wir den nach einer Operation entstandenen Hohlraum, um das Lutetium-177-basierte Therapeutikum lokal zu injizieren. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass das Medikament nicht erst intravenös verabreicht wird und die Blut-HirnSchranke überwinden muss. Diesen Ansatz verfolgen wir zusammen mit dem Helmholtz Zentrum. Ein weiterer vielversprechender Ansatz hat die Behandlung von Prostatakrebs zum Ziel. Der entsprechende Produktkandidat befindet sich momentan in einer klinischen Phase-1-Studie.

Pipeline-Überblick der ITM SE (Quelle: ITM SE)

Welche Indikationen könnten Sie sich langfristig auch noch vorstellen?

Da Radiopharmazeutika vielfältig in der Krebsdiagnostik und -therapie eingesetzt werden können, sehen wir viele weitere Einsatzmöglichkeiten für unsere Produktkandidaten. Eine Indikation, die wir anvisieren, sind Knochenmetastasen beziehungsweise Osteosarkome. Darüber hinaus enthält unser Portfolio weitere Moleküle, mit denen wir noch andere Zielstrukturen auf Tumoren angehen können, wie beispielsweise Folatalpha-Rezeptoren. Hierin sehen wir das Potenzial, den Wirkungsbereich von zielgerichteter Radionuklidtherapie deutlich zu erweitern. Möglich wird diese vielfältige Pipeline nicht zuletzt durch die vertikale Integration der ITM SE. Diese zeichnet sich auch durch ihre Nähe zur Forschung aus: Mit Spezial- und Uniklinken sind wir bestens vernetzt und partizipieren im Wissenstransfer. Dies ermöglicht es uns, zu verschiedenen Indikationen und Radiopharmazieproduktkandidaten zu forschen und zu entwickeln.

Mit Radiopharmaka will die ITM SE auch Glioblastome therapieren. (Quelle: ITM SE).

Stichwort Partnering. Sie haben schon gesagt, dass Sie viele große Pharmaunternehmen mit Ihren Produkten beliefern. Streben Sie weitere Kooperationen an?

Ja. Wir verfolgen die verschiedensten Entwicklungskooperationen, wobei es unser Anliegen ist, stets die Rechte an unseren Produkten zu behalten, sobald es dann um die klinische Entwicklung geht, damit wir diese im Erfolgsfall vermarkten können. Unser Ziel ist es, immer klare Vereinbarungen zu treffen. Dies geschieht meistens in Form von Lizenzverträgen oder wir stehen gleich mit auf dem Patent. Eine spannende Partnerschaft unterhalten wir mit Canadian Nuclear Labs (CNL), einer staatseigenen Firma in Kanada. Mit CNL arbeiten wir zusammen, um Actinium-225 in großen Mengen herzustellen. Actinium-225 ist ein Radioisotop, das beim Zerfall eine deutlich höhere Energie aussendet als Lutetium-177, das kann in einigen Krebsindikationen von Vorteil sein. Uns geht es vor allem darum, für die Patientinnen und Patienten das Richtige zu tun. Welche Wege sich da ergeben, sei es über Partnerschaften oder allein, das entscheiden wir entsprechend so, dass den Patientinnen und Patienten am besten und schnellsten geholfen werden kann. 

Wir sind uns dieser großen Verantwortung bewusst. Eine Patientin oder einen Patienten zu sehen, die das Medikament bekommen und davon profitieren, führt einem dies besonders vor Augen. Ich muss sagen, ich habe in meinem Leben davor einige Dinge gemacht, die mir heute im Vergleich zu diesem Thema weniger sinnvoll erscheinen. Ich habe mich unter anderen mit Kommunikationssoftware beschäftigt und war im Bereich Hardware-Semiconductors aktiv. Das wirkt jetzt bedeutungsloser, wenn wir das mit dem vergleichen, was wir für Krebspatientinnen und -patienten tun können. Das ist einfach großartig zu sehen und das ist das, was mich und uns bei ITM sehr stark motiviert.

In Neufahrn haben Sie vor Kurzem ein neues Werk eröffnet. Wie steht es um die Produktionskapazitäten der ITM SE?

Wir haben mit unserem neuen Werk sehr große Kapazitäten für die Produktion von hochreinem und trägerfreiem Lutetium-177 geschaffen, das in der zielgerichteten Radionuklidtherapie zur Behandlung von Krebs eingesetzt wird. Den Produktionsstandort haben wir im Juni eröffnet und Anfang nächsten Jahres werden wir den umfangreichen Betrieb aufnehmen. Das heißt, dass wir dann kommerziell große Mengen herstellen können. Wir gehen davon aus, mit diesem Werk allein für die nächsten Jahre den gesamten Lutetium-Bedarf der Welt abdecken zu können. Es ist hier unser Ziel, aus Deutschland heraus in der Welt zu agieren. In Zukunft kann es aber auch nötig sein, dass wir auch in anderen Märkten die Produktion aufbauen, um auch weiter mit dem Bedarf zu wachsen und eine Versorgung mit vielleicht weniger langlebigen Radioisotopen zu sichern. Insgesamt ist es unser Ziel, sowohl in den großen Märkten vor Ort zu sein als auch die Patientenversorgung mit Radiopharmazeutika nachhaltig sicherzustellen. Für Letzteres haben wir mit unserem Werk in Neufahrn bereits jetzt die dazu notwendigen Kapazitäten geschaffen.

Im Hinblick auf die Kapitalausstattung: Sie haben kürzlich eine Kapitalrunde durchgeführt. Wofür dienen die liquiden Mittel?

Im Grunde soll das Geld in drei Hauptgebiete fließen: Das eine ist die Infrastruktur, zum Beispiel braucht auch unser neues Werk in Neufahrn finanzielle Mittel. Der zweite Bereich ist die Forschung und Entwicklung unserer Medikamente. Die klinische Entwicklung ist dabei sehr kostspielig. Und zum Dritten ist der Aufbau eines Teams in den USA geplant. Das sind die drei Hauptsäulen, für die wir das Geld einsetzen wollen.

Staatsminister Dr. Florian Herrmann mit ITM-CEO Steffen Schuster bei der Eröffnung der neuen Lutetium-Produktionsstätte in Neufahrn.

Blicken wir auf die Eigentümerstruktur. Athos hat zum Beispiel in dieser Runde in die ITM SE investiert. Gibt es Bestrebungen, in Zukunft einen Schritt weiterzugehen und einen Börsengang anzugehen?

ITMs Strategie ist es, die Firma aufzubauen, um Medikamente zu entwickeln. Das heißt also, wir wollen voll integriert in der Lage sein, die Produkte herzustellen. Dazu können wir bereits auf einige erfolgreiche Finanzierungen mit internationalen Investoren zurückblicken. Daneben haben wir die Möglichkeit, weitere Mittel, beispielsweise von Private Equity, zu bekommen. Der Markt ist heiß, Radiopharmaka sind zum Glück auch bei Investoren angekommen. Da wir bereits produzieren, können wir darüber hinaus auch direkt aus dem operativen Geschäft wachsen – und zwar durch die Cashflows, die wir erwirtschaften. Und natürlich besteht immer auch die Möglichkeit, dass irgendwann ein Partner kommt und den Aktionärinnen und Aktionären Geld anbietet, um die Firma zu übernehmen. Mein Ziel als CEO dieser Firma ist ganz klar, Medikamente zu entwickeln und langfristig für die Patientinnen und Patienten das Richtige zu tun. In welcher Struktur das dann über welchen Weg oder auch Umweg passiert, das müssen wir sehen.

Ja, aber trotzdem ist ein Börsengang perspektivisch durchaus eine Option?

Es gibt verschiedene Optionen, das Unternehmen weiter zukunftsträchtig zu finanzieren und unser Wachstum zu sichern, ein Börsengang ist eine davon.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schuster.

Die ITM SE bietet eine der spannendsten deutschen Biotech-Storys. Über die weiteren Entwicklungen wird DER AKTIONÄR berichten.

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