Trotz Inflation und Rezessionsängsten scheint die Reiselust der Deutschen ungebrochen. Mit einem traditionell starken dritten Quartal will die auf Ferienhäuser und Ferienwohnungen spezialisierte Buchungsplattform HomeToGo im Gesamtjahr daher die Umsätze prozentual zweistellig steigern und die Gewinnschwelle auf bereinigter EBITDA-Basis erreichen. DER AKTIONÄR fragte nach.
Im Hintergrundgespräch sprach DER AKTIONÄR mit Vorstand Patrick Andrae (CEO), Finanzchef Steffen Schneider (CFO) über aktuelle Reisetrends, die Einbindung der Künstlichen Intelligenz in die eigenen Produkte, die operativen Aussichten und das laufende Aktienrückkaufprogramm.
DER AKTIONÄR: Der Sommer 2023 in Deutschland hatte es in sich. Was sind die Trends für die aktuelle Herbst-Winter-Saison?
Patrick Andrae: Viele Gäste, die einen Urlaub für die kommenden kühleren Monate ins Auge fassen, denken auch wieder vermehrt über Auslandsreisen nach. Wir sehen bereits einen deutlichen Anstieg bei den Reiseplanungen für den Herbst und Winter im Vergleich zum Vorjahr. Darüber verzeichnen wir eine stetig wachsende Beliebtheit von KI-Tools, wie unserem hauseigenen „AI Mode”, um die Entscheidungsfindung bei Reisezielen und Unterkunftsauswahl zu erleichtern. Die beliebtesten Ziele für Urlaub im Ferienhaus im Herbst sind bei Reisenden aus Deutschland die Ostsee, Kroatien, Dänemark und Italien.
Und gibt es auch schon eine Indikation für den Sommer 2024?
Andrae: Mit Blick auf den Sommer 2024 sind wir sehr optimistisch. Nach einem relativ ruhigen Hochsommer 2023 hat die Aktivität im September wieder merklich zugenommen. Bereits jetzt hat eine beachtliche Zahl an Reisenden begonnen, Urlaube für den nächsten Sommer zu planen – was bei uns natürlich sowohl Zuversicht als auch Planungssicherheit schafft und den Reisenden die volle Auswahl garantiert.
Die Auswahl auf dem Reisemarkt ist riesig und in Teilen auch unüberschaubar. Warum sollte ich gerade bei HomeToGo buchen, wenn ich meinen nächsten Urlaub oder eine Kurzreise plane?
Andrae: HomeToGo wurde genau mit dieser Idee gegründet, den äußerst fragmentierten Markt für Ferienhäuser übersichtlicher zu machen. Als zentraler Online-Marktplatz mit der weltweit größten Auswahl an Ferienunterkünften lösen wir damit sowohl für den Reisenden als auch für unsere Partner zentrale Problemstellungen, einerseits die richtige Unterkunft zu finden und andererseits die Unterkunft noch attraktiver vermarkten zu können. Bei der unglaublichen Menge an Ferienhäusern und -wohnungen weltweit kann man schnell den Überblick verlieren oder das Gefühl haben, nicht die passende Unterkunft für den jeweiligen Trip zu finden. Bei HomeToGo sind wir Experten, wenn es um die Reiseplanung geht. Als Online-Marktplatz bringen wir Nutzerinnen und Nutzer mit der größtmöglichen Auswahl zusammen und helfen so, von der Suche bis zur Buchung für einen einfachen und reibungslosen Ablauf zu sorgen. Mit unserem „AI Mode“, der kürzlich auch in Deutschland in der App gelauncht worden ist, gehen wir sogar noch einen Schritt weiter und ermöglichen es als erster Ferienhaus-Spezialist, die Reiseplanung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz durchzuführen.
Die Nachfrage nach Ferienunterkünften steigt, gleichzeitig hat eine von Ihnen initiierte Umfrage ergeben, dass 70 Prozent der Befragten während ihrer nächsten Reisen mehr Geld sparen möchten als im Vorjahr. Wie wirken sich diese gegenläufigen Entwicklungen auf Ihr Geschäft aus?
Andrae: Es wird gereist und die Ferienunterkunft ist ein essenzieller Bestandteil jeder Reise. Wir sehen uns durch die häufig genannten Antworten dieser Umfrage bestätigt, dass zum Beispiel Reisende in größeren Gruppen bzw. mit der Familie verreisen möchten oder Mahlzeiten selbst im Ferienhaus zubereitet werden sollen, anstatt Essen zu gehen, um dadurch Kosten einzusparen. Ein Ferienhaus bietet die ideale Möglichkeit, flexibel auf die jeweiligen Bedürfnisse zu reagieren und kostenbewusst zu übernachten. Diese Möglichkeit der Kostenkontrolle hat dazu geführt, dass Ferienhäuser und -wohnungen während Rezessionen schon häufig als Gewinner hervorgingen.
Ein Blick auf das Buchungs- und Reiseverhalten in den ersten sechs Monaten 2023 zeigt, dass die durchschnittlichen Warenkörbe in Europa und Nordamerika verglichen mit dem Vorjahr jeweils leicht gestiegen und die jeweilige Aufenthaltsdauer fast konstant geblieben ist. Auf einer Objektbasis hingegen sind die Preise pro Nacht hingegen stärker angestiegen. Das heißt, dass unsere Reisenden bereits disziplinierter und preissensitiver beim Buchungsverhalten geworden sind. Es heißt aber auch, dass sie weiterhin gerne Geld für Urlaub und Reisen ausgeben – ein Trend, der über das Jahr hinweg trotz Inflation stabil geblieben ist.
Das dritte Quartal 2023 haben Sie Ende September abgeschlossen. Ohne schon konkrete Zahlen nennen zu können, wie zufrieden waren Sie mit dem traditionell stärksten Quartal?
Steffen Schneider: Nach einem sehr starken Auftakt zu Jahresbeginn hat sich die Nachfrage Mitte des Jahres normalisiert und erlebte im September wieder einen deutlichen Aufschwung. In den kommenden Monaten wird der Anteil der Buchungen für 2024 kontinuierlich zunehmen. Wir sind weiterhin zuversichtlich für das Geschäftsjahr 2023 die Gewinnschwelle auf bereinigter EBITDA-Basis zu erreichen. Hierzu wird das dritte Quartal, als traditionell stärkstes Quartal, maßgeblich beitragen. Konkrete Zahlen für das dritte Quartal werden wir im Rahmen unserer Ergebnispräsentation am 9. November publik machen.
Mit Blick auf das für das Gesamtjahr angepeilte Ziel, den Break-even beim bereinigten EBITDA zu erreichen, können Sie demnach ruhig schlafen?
Schneider: Ja, ich schlafe aktuell tatsächlich sehr gut. Wir haben ein hervorragendes Team, das den Fokus voll auf dieses Ziel gelegt hat und wir sind zuversichtlich, es zu erreichen. Diese Zuversicht wird unterstützt durch unsere starke Performance im ersten Halbjahr 2023, in dem wir unter anderem das erste Mal ein positives bereinigtes EBITDA von 1,4 Millionen Euro in einem zweiten Quartal erzielt haben. Diese Entwicklung wird durch eine stark verbesserte Marketingeffizienz und eine erfreuliche Entwicklung des Geschäfts mit unseren Bestandskunden getrieben. Darüber hinaus hat der Bereich Subscriptions & Services mit 9,1 Millionen Euro. Euro die höchsten Quartalsumsatzerlöse nach IFRS in der Geschichte von HomeToGo erreicht – Flagship-Produkt ist hierbei unsere All-In-One SaaS-Lösung für Vermieterinnen und Vermieter, Smoobu, die am schnellsten organisch wachsende Geschäftseinheit von HomeToGo. Zudem verzeichnete HomeToGo einen starken Anstieg der liquiden Mittel.
Inwiefern dämpfen zunehmende Rezessionsängste und steigende Kosten die Reiselust Ihrer Kunden? Und könnte weiterer konjunktureller Gegenwind Ihr Gesamtjahresumsatzziel von 165 bis 175 Millionen Euro noch in Gefahr bringen?
Schneider: HomeToGo ist weiterhin voll auf Kurs, neben dem bereits angesprochenen Ergebnisziel auch ein zweistelliges Wachstum der IFRS-Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2023 zu erreichen. Angesichts der im Verlauf des Jahres normalisierten Nachfrage und abhängig von der weiteren Entwicklung des Marktes rechnen wir damit, dass die IFRS-Umsätze eher am unteren Ende der prognostizierten Guidance von 165 bis 175 Millionen Euro liegen werden. Unser diversifizierter Kundenstamm und der Fokus auf kosteneffiziente Reiseoptionen tragen dazu bei, eventuelle Rezessionsängste aufzufangen. Wir beobachten die Entwicklung der makroökonomischen Umstände sehr aufmerksam und stellen weiterhin fest: Gereist wird immer. Wir bleiben daher zuversichtlich, dass wir trotz konjunkturellem Gegenwind aufgrund unseres resilienten Geschäftsmodells weiter profitabel wachsen werden.
Zum Ende des zweiten Quartals verfügte HomeToGo über liquide Mittel in Höhe von 145,3 Millionen Euro. Bis zu zehn Millionen davon wollen Sie für ein Aktienrückkaufprogramm einsetzen. Warum nicht mehr?
Schneider: Der Vorstand hat das erste Aktienrückkaufprogramm in der Geschichte von HomeToGo vor dem Hintergrund einer deutlich verbesserten Profitabilität beschlossen. Unsere Entscheidung, bis zu zehn Millionen Euro für das Aktienrückkaufprogramm zu verwenden, beruht auf sorgfältigen strategischen Überlegungen. Um unseren erfolgreichen Wachstumspfad für die Zukunft des Unternehmens fortzusetzen, werden wir weiterhin den Großteil unserer finanziellen Mittel strategisch in organische und anorganische Wachstumsfelder investieren. Das Einleiten eines Aktienrückkaufprogramms unterstreicht unsere Zuversicht, den Break-even auf Basis des bereinigten EBITDA im laufenden Geschäftsjahr zu erreichen. Demnach sehen wir das aktuelle Kursniveau als gute Gelegenheit, einen Teil unserer beträchtlichen Cash-Position im Interesse unserer Aktionärinnen und Aktionäre bestmöglich einzusetzen.
Mit Dr. Bodo Thielmann haben Sie jüngst einen ausgewiesenen Branchenexperten zum Chief Investment Director ernannt. Demnach wollen Sie bei den M&A-Aktivitäten wieder mehr Gas geben?
Andrae: Wir verfolgen das Marktumfeld genau und sind bereit, kurzfristig zu handeln, wenn sich die richtige Gelegenheit bietet und wir einen klaren Mehrwert für unser Unternehmen sehen. Deshalb sind wir sehr froh darüber, mit Bodo Thielmann einen äußerst erfahrenen und langjährig geschätzten Partner in unserem Leadership-Team willkommen zu heißen. Er wird in einer neu geschaffenen Rolle sowohl die Akquisitionsstrategie und -umsetzung als auch die Integration und Skalierung profitabler Unternehmen verantworten. Unser etabliertes Erfolgsmodell des Marktplatzes sehen wir als Grundlage, die wir gezielt nicht nur auf der Nachfrageseite, also von den Reisenden, sondern auch auf der Angebotsseite sowie bzgl. Software und Services ausbauen wollen.
Künstliche Intelligenz ist noch nicht überall angekommen, bei Reiseplanung aber gefragt: Sie haben den „AI Mode“ bereits angesprochen: Inwiefern ist HomeToGo hier ein Vorreiter in der Branche?
Andrae: Wir sind stolz darauf, der erste Marktplatz für Ferienwohnungen zu sein, der bereits im Mai dieses Jahres mit dem „AI Mode” ein Produktfeature getestet und erfolgreich eingeführt hat. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz können unsere Kunden nun bei der Reiseplanung in der App die optimale Unterkunft finden. Wir haben gemerkt, dass sich die Art und Weise, wie nach Ferienhäusern gesucht wird, in den letzten zehn Jahren kaum verändert hat – das wollten wir ändern. Mit dem Aufstieg von „conversational AI“ sahen wir eine Gelegenheit, mit der Einbindung dieser Technologie in unser Produkt echte Vorteile für beide Kundengruppen – Reisende und Partner – zu schaffen: Für Reisende setzen wir auf immer stärker personalisierte Empfehlungen, was im Resultat mehr Buchungen und qualifizierte Leads für unsere Partner generiert.
Wie ist die Resonanz?
Andrae: Das Buchen mit Hilfe des KI-Modus macht einfach Spaß: Sie beschreiben wortwörtlich Ihren Traumurlaub und schon erhalten Sie eine perfekt kuratierte Liste mit den dazugehörigen, passenden Unterkünften. Die erste Resonanz ist daher ausgesprochen positiv, sowohl von Kunden – als auch anderen Marktteilnehmern.
Trotz positiver Q2-Zahlen und dem Start des Aktienrückkaufprogramms bewegt sich die HomeToGo-Aktie noch weit unterhalb der Analystenkursziele, die in der Bandbreite von 3,56 Euro bis 7,00 Euro liegen und damit ein Verdopplungspotenzial signalisieren. Worauf führen Sie die derzeitige Zurückhaltung der Investoren zurück und wann könnte der sprichwörtliche Knoten endlich platzen?
Schneider: Wir waren in den letzten Wochen auf vielen Kapitalmarktkonferenzen unterwegs. Ihre Frage stellen sich viele Unternehmen. Die aktuelle Lage am Kapitalmarkt ist und bleibt herausfordernd für viele Emittenten, insbesondere in dem Small- und Mid Cap-Technologie Segment, in dem wir uns bewegen.
Sehen Sie auch auf operativer Ebene Gründe?
Schneider: Wir haben in 2021 unsere Jahresprognose zwei Mal angehoben und übertroffen, ebenso wurde in 2022 die Guidance zwei Mal angehoben und teilweise übertroffen. Wir sind zuversichtlich, auch für das Geschäftsjahr 2023 unsere gesetzte Prognose erfüllen zu können. Wir werden weiterhin aktiv mit dem Kapitalmarkt kommunizieren und sind zuversichtlich, dass sich die operative Performance auch im Aktienkurs widerspiegeln wird.
Das Interesse an Ferienhäusern und Ferienwohnungen bleibt ungebrochen. HomeToGo kann von diesem Trend profitieren und operative Fortschritte machen. Kein Wunder: Der Vorstand agiert am Puls der Zeit, auch wenn das Geschäft sicher kein Selbstläufer ist. Zeichnet sich ab, dass beim bereinigten EBITDA am Ende des Jahres tatsächlich der Break-even erreicht wird und auch im kommenden Jahr operative Fortschritte gemacht werden können, dürfte die Aktie aus ihrer Lethargie erwachen – und den Vorwärtsgang einlegen. Erste Impulse könnte es mit den Q3-Zahlen Anfang November geben. Das Aktienrückkaufprogram sollte diese Entwicklung unterstützen.