Es war ein Schock für alle Cannabis-Aktionäre. Die Deutsche-Börse-Tochter Clearstream sprach für September 2018 ein generelles Handelsverbot für Cannabis-Aktien in Deutschland aus. Danach der erste Rückzug: Nicht alle Werte seien betroffen. Jetzt folgt der nächste Hammer – der Regulierungsversuch endet im Desaster.
Die Ausgangslage im Juni 2018: Ausländische Wertpapiere verwahrt die Deutsche Börse bei ihrer Tochter Clearstream in Luxemburg – und ist damit an die dortigen Gesetze gebunden. Ein neues Gesetz sorgte in Luxemburg dafür, dass ausschließlich die medizinische Verwendung von Cannabis legal ist. Die lokale Börsenaufsicht CSSF stufte deshalb den Handel mit Cannabis-Aktien als illegal ein. Diese Richtlinien muss die Deutsche Börse bzw. die Verwahrgesellschaft Clearstream einhalten.
Clearstream-Chaos
Die Vorgehensweise von Clearstream in diesem Zusammenhang ist allerdings äußerst fragwürdig. In einer ersten Meldung informierte die Verwahrgesellschaft, dass der komplette Handel von Cannabis-Aktien eingestellt wird. Panik brach aus, viele Anleger verkauften ihre Werte. Dann der Rückzug. Besteht das Geschäft aus medizinischem Cannabis, gilt das Verbot nicht. Bei welchen Werten Clearstream ein solches Geschäftsmodell sieht, gab die Verwahrgesellschaft erst eine Woche später – am 17. Juli – bekannt. Für 92 Unternehmen wurde das Verbot aufgehoben. Zum Ärger vieler Anleger, denn sie verkauften die entsprechenden Aktien aufgrund der Erstmeldung.
Clearstream veröffentlichte eine Verbots- und eine Erlaubt-Liste. Diese sei jedoch nicht endgültig, sondern werde stets aktualisiert. Viele Anleger tappten also immer noch im Dunklen – der Wert könne ja schließlich noch verboten werden.
Liste geschrumpft, Deadline verschoben
Am 11. September veröffentlichte Clearstream eine neue Verbots-Liste. Von den ursprünglich knapp 60 Unternehmen sind lediglich 15 übrig. Selbst für diese betroffenen Titel gibt es allerdings weder Handelsverbot, noch irgendwelche Stichtage. Clearstream hebt den 28. September als Deadline auf und erlaubt den Verkauf, die Übertragung und die Auslieferung auch danach noch.
Fazit: Panik-Meldung Handelsverbot, Listen-Wirrwarr und wenig Transparenz, nach welchen Kriterien die Aktien auf die Listen kommen. Alles für eine Handvoll betroffener Unternehmen – zu Lasten sämtlicher Cannabis-Aktionäre. Es scheint, als hätte sich im Vorfeld weder die Deutsche Börse noch Clearstream Gedanken gemacht, wie das Luxemburg-Gesetz in Deutschland konkret umgesetzt werden soll.
Anleger aufgepasst
DER AKTIONÄR hatte Anleger bislang über sämtliche Clearstream-Meldungen informiert. Allerdings ist es nun nicht mehr möglich, entsprechende Listen bereitzustellen. Denn Clearstream ändert die Dateien unter gleichem Link. Sämtliche Empfehlungen des AKTIONÄR sind vom Verbot nicht betroffen, da sie bereits auf der Erlaubt-Liste stehen. Auch der Hot-Stock des AKTIONÄR – Aurora Cannabis – unterliegt keinem Handelsverbot. Der Cannabis-Player notiert aufgrund von Verhandlungen mit Coca-Cola heute zweistellig im Plus.
Anleger von weiteren Cannabis-Aktien sollten sich regelmäßig über die Stichwortsuche „Cannabis“ auf der Clearstream-Webseite über die aktuellen Listen informieren.
Auch nach dem 28. September bleibt es vermutlich kompliziert, denn Kannada legalisiert Cannabis ab dem 17. Oktober 2018 komplett. Die entsprechenden Unternehmen vor Ort werden dann wahrscheinlich ihr Geschäft von ursprünglich medizinischer Notwendigkeit ausweiten. Es stellt sich deshalb die Frage: Wird Clearstream die medizinische Notwendigkeit im Geschäftszweck neu bewerten, wenn die Unternehmen in Kannada an die breite Masse verkaufen?