Der Goldpreis tendierte gestern bis 20 Uhr unserer Zeit mehr oder minder uninspiriert seitwärts. Doch kurz nach dem Zinsentscheid durch die US-Notenbank Fed stieg die Volatilität wie erwartet deutlich an. Gold geriet – wie praktisch alles am gestrigen Tag – unter Druck. Das lag aber nicht etwa daran, dass die Fed die Zinsen angehoben hätte. Im Gegenteil, die bleiben vorerst, wo sie sind. Doch die Fed nimmt nun die Inflation ernster.
Die Inflation könne höher steigen und länger bleiben als ursprünglich erwartet, konstatierte Fed-Chef Jerome Powell. Und da dies so ist, könnte es durchaus zu Zinsanhebungen kommen – ab 2023. Diese Ankündigung reichte, um Druck bei sowohl Aktien als auch Gold auszulösen. Nüchtern betrachtet scheint das aber eine ziemliche Übertreibung zu sein. Die Inflation sprang im Mai auf über fünf Prozent. Es ist nicht wirklich entscheidend, ob der Notenbank-Zins bei 0,25 oder 0,5 Prozent notiert. Der Realzins ist tief im negativen Bereich und wird dort auch bleiben. Zudem ist die Frage: Hat die Fed wirklich irgendeine Visibilität auf das Jahr 2023?
Der Markt scheint alleine wegen des Wortes Zinsanhebungen verunsichert gewesen zu sein. Gold knickte ein – der Rest war Technik. Es wurden einige Stopps im Bereich von 1.850 Dollar kassiert und dann kam nachbörslich noch einmal deutlich Druck auf den Goldpreis auf. Zoomt man etwas heraus, dann dürfte der gestrige Rutsch vor allem eines gewesen sein: Stark übertrieben. Ein technischer Schaden lässt sich nicht wegdiskutieren. Doch Gold hat nun einen Rücksetzer im Bereich der üblichen Norm (38,2 bis 61,8 Prozent Fibonacci) vollzogen. In den kommenden Tagen kann es noch volatil bleiben. Doch letztlich dürfte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass eine potenzielle Zinsanhebung im Jahr 2023 sicherlich nichts ist, was den Goldpreis nachhaltig beeinflusst.