Der Goldpreis muss heute zwar zum Handelsauftakt leichte Verluste hinnehmen. Doch das Edelmetall bleibt gefragt. Während das Gros der Analysten davon ausgeht, dass vor allem die Unsicherheiten rund um die Ukraine-Krise den Goldpreis beflügeln, könnte in Wahrheit ein anderer Faktor eine zunehmend wichtige Rolle bei Gold einnehmen: eine drohende Stagflation in Europa aber eventuell auch in den USA.
Die europäische Zentralbank hat in der laufenden Woche ihre Wachstumsaussichten für den Euroraum von 4,2 auf 3,7 Prozent gekappt, gleichzeitig geht die EZB davon aus, dass die Inflation auf 5,1 Prozent steigen wird – bislang lagen die Prognosen bei 3,2 Prozent. Sicher, hier zeigt sich immer noch ein solides Wachstum. Das Problem liegt aber bei den 0-Prozent-Zins. Die EZB müsste – ähnlich wie die Fed – die Zinsen anheben, um die Inflation in Zaum zu halten. Doch angesichts eines nachlassenden Wachstums und der Auswirkungen der hohen Energiekosten auf die Wirtschaft ist der Spielraum der Notenbanken, die Zinsen anheben begrenzt. Erste Banken, wie beispielsweise Goldman Sachs, rudern bereits zurück. Die US-Bank ging von sieben Zinsschritten im laufenden Jahr aus, sagt nun aber, die Risiken für dieses Szenario steigen – sogar soweit, dass eventuell vorgenommen Zinsanhebungen der US-Notenbank später wieder zurückgenommen werden könnten.
Noch ist es sicherlich zu früh, von einer Stagflation zu sprechen. Doch die deutlich gestiegenen Notierungen der Rohstoffe dürften dafür sorgen, dass das Thema Inflation weitaus präsenter bleiben wird, als viele sich das wünschen. Die Notenbanken sitzen in der Klemme: Einerseits müssten sie aufgrund der Inflation die Zinsen anheben, andererseits würde das ein „Öl ins Feuer gießen“ bedeuten. In diesem Umfeld dürfte sich der Goldpreis auch weiterhin gut behaupten. Auch wenn der Ukraine-Konflikt – hoffentlich bald – zu Ende geht.