Der schwer angeschlagene Modehersteller Gerry Weber schließt in Deutschland 120 Geschäfte und baut 454 Stellen ab. Die ausgebombte Gerry-Weber-Aktie geht daraufhin durch die Decke, gewinnt am Montagvormittag 33 Prozent. Hoffnung auf einen Turnaround machen auch die Worte von Gerry-Weber-CEO Johannes Ehling.
Eine entsprechende Einigung mit den Arbeitnehmervertretern sei bereits unterzeichnet worden, gab Gerry Weber am Freitagabend bekannt. Die Maßnahmen würden "umgehend umgesetzt", hieß es. Die Neupositionierung werde Ende 2021 abgeschlossen sein.
Die Finanzierung des Geschäftsbetriebs sei bis in das Jahr 2020 hinein gesichert, betonte das Unternehmen. Europaweit bleibe es bei den Plänen, insgesamt 180 Läden mit der entsprechenden Zahl von Mitarbeitern zu schließen.
Gerry Weber spüre schon jetzt Rückenwind im Markt durch die bereits ergriffenen Maßnahmen zur Neupositionierung, sagte Vorstandschef Johannes Ehling. „Die Effekte aus den leider unverzichtbaren Sanierungsmaßnahmen werden diesen Rückenwind sicherlich verstärken."
Genau solche Worte wollen die besonders Mutigen unter den Börsianern hören. DER AKTIONÄR hatte bereits vor einigen Wochen darauf hingewiesen, dass die Chancen auf einen nachhaltigen Turnaround nicht schlecht stehen. Denn: In der laufenden Planinsolvenz hat CEO Ehling den Vorteil, unter Beachtung des Insolvenzrechts, an elementare Dinge wie Arbeitsverträge oder Mietverträge heranzugehen.
Auf diese Weise können die Kosten relativ leicht deutlich gesenkt werden und Gerry Weber kann sich wieder verstärkt auf das Operative konzentrieren. Dass das Unternehmen etwas von Mode versteht, hat es ja jahrelang bewiesen. Mit dem richtigen Marketingkonzept könnten die Kunden bald zurückkommen. Laut Ehling gibt es im Markt derzeit eine Angebotslücke, da einige Hersteller von klassischer Damenmode, zum Beispiel Basler oder Delmod, gescheitert sind. „Der Handel braucht eine Marke, die diesen Markt abdeckt“, so Ehling zum Handelsblatt. „Das haben uns viele Händler erst vor Kurzem bestätigt.“
Forderungsverzicht von 40 bis 60 Prozent
An der Börse spekulieren nun einige darauf, dass Gerry Weber die nächste Paragon wird. Paragon, Automobilzulieferer aus Delbrück, war ebenfalls hochverschuldet und wählte Ende 2009 den Weg der Planinsolvenz. Die anerkannten Forderungen wurden damals mit einer Quote von 12,7 Prozent befriedigt. Es ist zwar nicht davon auszugehen, dass bei Gerry Weber eine ähnlich günstige Konstellation realisierbar ist, ein Forderungsverzicht von 40 bis 60 Prozent ist nach Einschätzung des AKTIONÄR aber unerlässlich.
Zock wert
Die Chancen auf eine Rettung von Gerry Weber stehen gar nicht mal so schlecht. Mutige Anleger können mit einer kleinen Position auf ein Überleben spekulieren.