Evergrande beschäftigt weiterhin die Marktteilnehmer. Der chinesische Immobilienprojektierer, der einen Schuldenberg von 300 Milliarden US-Dollar vor sich herschiebt, dürfte – so eine erste Einschätzung – keine der hiesigen Banken im Falle des Falls in den Abgrund reißen. Einzig bei zwei Instituten sollten Anleger genauer hinsehen.
Das ist eine Feststellung: "Evergrande ist nicht Lehman." So lautet das Fazit einer am Freitag vorliegenden Studie von Barclays zu europäischen Banken. Analyst Amit Goel geht davon aus, dass der angeschlagene chinesische Immobilienkonzern die hiesigen Institute nicht in den Abgrund reißen wird. Goel betont, dass die Banken nur in überschaubarem Maß direkt in China investiert sind. So seien nach Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) lediglich die britischen Häuser HSBC und Standard Chartered nennenswert engagiert. Allerdings seien deren geschäftliche Beziehungen zum chinesischen Immobilienmarkt ebenfalls überschaubar.
Wichtiger seien dagegen die möglichen indirekten Auswirkungen. Goel betont, dass der Immobilienmarkt ein wesentlicher Faktor des chinesischen Wirtschaftswachstums ist. Probleme in diesem Sektor könnten sich daher als Bremse für die Aussichten Chinas und für das weltweite Wachstum erweisen. Das würde auch die geschäftliche Entwicklung der Banken treffen. Derzeit seien die Folgen der Evergrande-Probleme für Rendite-Entwicklung, die weltweiten Aktienmärkte und Kreditaufschläge aber überschaubar.
Evergrande ist nicht Lehman Brothers, und dennoch schauen alle Marktteilnehmer gebannt ins Reich der Mitte. Fällt der Immobilienprojektierer doch noch um, hätte dies Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft und damit indirekt auch auf die deutsche und europäische. Besonders treffen könnte dieser indirekte Faktor HSBC und Standard Chartered. Die deutsche Bankenlandschaft indes – die Deutsche Bank-Aktie hatte zu Wochenbeginn mit am stärksten an Wert verloren – dürfte weitestgehend von den Ausläufern verschont bleiben.
Mit Material von dpa-AFX