Aufkommende Übernahmegerüchte hatten der Encavis-Aktie am Mittwoch kurz vor Handelsschluss einen Kurssprung um rund 18 Prozent beschert. Am Donnerstag notiert die Aktie erneut im Plus, nachdem der Konzern Gespräche inzwischen bestätigt hat. Es bleiben aber deutliche Zweifel, ob ein Verkauf auf dem aktuellen Niveau sinnvoll wäre.
Laut einem Bloomberg-Bericht hat der Finanzinvestor KKR Interesse an einer Übernahme von Encavis. Mit mehr als zwei Milliarden Euro könnte der Wind- und Solarparkbetreiber dabei bewertet werden. Der Konzern hat den Kontakt inzwischen bestätigt. Allerdings würden sich die Gespräche noch in einem sehr frühen Stadium befinden, weshalb es keine Garantie gebe, ob es zu einer Transaktion kommen wird.
Durch den Kurssprung bringt Encavis inzwischen wieder 2,2 Milliarden Euro auf die Börsenwaage – und damit etwa den kolportierten Übernahmepreis. Damit wäre die Bewertung aber noch deutlich günstiger als zum Jahreswechsel, als mehr als 15 Euro je Aktie gezahlt wurden. Im Hoch 2022 waren es sogar knapp 25 Euro.
Kritische Worte
Experten sehen eine Transaktion derzeit ebenfalls nicht als sinnvoll an. Der im Gespräch befindliche Preis von 12,40 Euro je Aktie bei einer möglichen Übernahme durch KKR sei viel zu niedrig, so Analyst Simon Jouck von Hauck Aufhäuser IB. Er sieht das Kursziel weiter bei 24 Euro. Auch Jan Bauer von Warburg Research bezeichnet das Gebot als nicht angemessen. Weder die Wachstumsaussichten noch der strategische Wert des Konzerns würden darin entsprechend gewürdigt. Sein fairer Wert: 20,80 Euro.
Jefferies-Experte Martin Comtesse betonte derweil, dass eine mögliche Übernahme bereits die zweite Transaktion von KKR im Energiesektor binnen weniger Monate wäre. Im Dezember gab es bereits eine Offerte für den britischen Konzern Smart Metering Systems. Den fairen Wert von Encavis sieht aber auch Comtesse mit 19,00 Euro deutlich über dem kolportierten Niveau.
DER AKTIONÄR hatte in einer ersten Einschätzung ebenfalls erklärt, dass KKR sehr günstig zum Zuge käme und eine Übernahme wohl derzeit nicht im Sinne der Anleger wäre. Ob es zu einer Transaktion kommt, bleibt offen – ein höheres Niveau wäre dann aber wünschenswert. Mutige Anleger können darauf spekulieren. Klar ist jedoch, dass das Interesse von KKR zeigt, dass die Bewertungen in der kriselnden Green-Tech-Branche inzwischen allgemein auf einem attraktiven Niveau angekommen sind – und sich wieder Chancen ergeben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Encavis.