Bei Deutz tut sich einiges. Vor wenigen Tagen wurden Fortschritte beim Joint Venture mit Chinas größter Baumaschinenhersteller Sany vermeldet. Gestern wurde mit dem Kauf von Futavis die Elektrifizierungsstrategie mit einem Batterie-Spezialisten erweitert. Über allem schweben die aktuelle operative Entwicklung und ein langer Streit mit einem Zulieferer.
Ende September musste Deutz die Gewinnprognosen anpassen. Die EBIT-Marge vor Sondereinflüssen für 2019 wird voraussichtlich bei vier bis fünf Prozent liegen. Bislang hatte der Motorenhersteller hier mit mindestens fünf Prozent geplant. Die Umsatzprognose blieb dagegen unverändert. Trotz des herausfordernden Marktumfelds wird – auch dank gut gefüllter Orderbücher – weiter eine Umsatzsteigerung auf mehr als 1,8 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,78 Milliarden Euro) erwartet.
Deutz erklärte dabei, dass sich die Insolvenz eines großen Zulieferers – hierbei handelt es sich um die „Gusswerke Saarbrücken“, die zusammen mit den „Gusswerken Leizig“ die „Avir Guss“ bildet – bei dem Motorenhersteller finanziell nachteilig auswirken wird. Die Insolvenz ist das vorerst letzte Kapitel eines komplizierten Streits zwischen dem ehemaligen Avir Guss-Eigentümer Prevent und dem Großkunden VW, der nach deutlichen Preiserhöhungen, einem Lieferstopp, dem Kauf des Unternehmens durch die Sanierungsberatung One Square in einem Streit über die Übernahme der Sanierungskosten mündete.
Der Motorenhersteller muss dem Vernehmen nach einen Kredit an den Lieferanten abschreiben. Das ausgereichte Darlehen an den Zulieferer wird dabei als Finanzinstrument bewertet. Daher werden alle daraus erzielten Ergebnisse wie Zinserträge oder potenzielle Abschreibungen das Finanzergebnis treffen – und nicht Zulasten des EBIT gehen. Aus Finanzkreisen heißt es dazu: Ob und in welcher Höhe es hier zu einer Belastung kommen wird, ist noch offen, da die Gespräche mit dem Insolvenzverwalter noch sehr frisch sind.
Die gemeldete Reduktion der EBIT-Marge ist aus Sicht des AKTIONÄR dagegen auf die zu erwartenden höheren Preise für die Guss-Produkte zurückzuführen, die Deutz vermutlich künftig zu zahlen hat. Frei nach dem Motto: Die Versorgung durch den insolventen Zulieferer scheint zwar gesichert. Der Insolvenzverwalter wird die Teile jedoch nicht mit Verlust verkaufen. Da Deutz die Teile aber benötigt, sind vermutlich höhere Preise fällig.
Allerdings hat der Vorstand nach den Zulieferproblemen im letzten Jahr den Aufbau einer zweiten Bezugsquelle angekündigt. Bis so eine Partnerschaft anläuft, vergehen in der Regel zwölf bis 18 Monate. Damit könnte Deutz die Guss-Produkte schon bald wieder zu „normalen“ Konditionen einkaufen.
Was bedeutet das Ganze? Die höheren Einkaufspreise belasten das EBIT zumindest temporär. Die Belastung aus dem Kreditausfall könnte im laufenden Jahr auf das Finanzergebnis drücken. Dies könnte wiederum durch weitere Erlöse aus dem Grundstücksverkauf in Köln-Deutz von rund 50 Millionen Euro, die im Schlussquartal verbucht werden sollen, kompensiert werden.
Die Aktie ist nach einem starken Jahresauftakt zuletzt wieder deutlich zurückgefallen und notiert aktuell auf dem Niveau vom Jahresanfang. Die nächsten offiziellen Zahlen gibt es am 7. November. Kurzfristig bleibt es also spannend, mittel- und langfristig überwiegen die Chancen, zumal auf dem aktuellen Kursniveau viele negative Aspekte eingepreist sein sollten. Zu diesem Schluss kommt auch das Gros der Analysten, die die Aktie auch nach der jüngsten Prognoseanpassung im Schnitt erst bei 7,90 Euro fair bewertet sehen. DER AKTIONÄR spekuliert im Real-Depot auf ein Comeback des Motorenherstellers.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Akien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.