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Deutsche Bank-Fusion mit Commerzbank auf Steuerzahlerkosten? – Bankenexperte sagt: "Staat muss Beteiligung erhöhen"

Deutsche Bank-Fusion mit Commerzbank auf Steuerzahlerkosten? – Bankenexperte sagt:
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Börsen. Briefing. 15.03.2019 Börsen. Briefing.

Wem nützt die mögliche Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank, wem schadet sie? Die Meinungen darüber driften auseinander. DER AKTIONÄR sprach mit Prof. Dr. Sascha Steffen. Der renommierte Bankenexperte sieht den deutschen Staat nach erfolgter Fusion keinesfalls ausscheiden, sondern in der Rolle eines Großaktionärs – und damit das Geld der Steuerzahler gefährdet.

„Die Diskussion beruht mehr auf Spekulation als auf Evidenz“, sagt Prof. Dr. Sascha Steffen mit Blick auf die Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank, mehr noch hinsichtlich der Frage, ob die Geldpolitik an allem Schuld sei. Im Gespräch mit DER AKTIONÄR bewertet der Professor für Finance an der Frankfurt School of Finance & Management die Rolle von Deutsche Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner kritisch und die Chance für Christian Sewing die Bank erfolgreich zu sanieren als „beinahe unmöglich“. Dass der Staat, der heute mit rund 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt ist, sich nach der Fusion zurücknehmen könnte, hält er für unwahrscheinlich: „Ich würde erwarten, dass er seine Beteiligung sogar noch erhöhen muss, da auch eine Fusion nicht ohne zusätzliches Kapital zu stemmen sein dürfte.“

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DER AKTIONÄR: Lassen Sie uns zum Ursprung zurückkehren: Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass die Deutsche Bank in eine Situation geraten ist, in der der Eindruck entsteht, ihr könne nur noch eine Fusion weiterhelfen?

Prof. Dr. Sascha Steffen: Den Banken geht es insgesamt in Deutschland und Europa nicht gut, das Wettbewerbsumfeld und die Niedrigzinsen sind mit Sicherheit Faktoren. Aber nicht nur. Der aktuelle Zustand ist meiner Einschätzung nach das Resultat einer langen Entwicklung und hat ihre Ursache in Managementfehlern – auch bei der Commerzbank. Wachstum durch Zukäufe ohne richtige Integration der gekauften Einheiten, hohe Boni und Dividenden und wenig Reinvestition, keine Investition in Zukunftstechnologie, aufgeblähte Geschäftsbereiche, keine Kosteneffizienz, schlechte interne Systeme, die Geschäfte ermöglichten, die zu Milliarden Strafen führten etc. Alles zu verantworten von Management und Aufsichtsrat. Es gibt noch andere Gründe – auch mit Bezug auf die Aufsicht, Regulierung etc. – aber ich denke, die Hauptverantwortung liegt beim Management.

Deutsche Bank-CEO Christian Sewing hat immer davon gesprochen, die Deutsche Bank müsse erst ihre Hausaufgaben erledigen, ehe sie Gedanken an eine Fusion verschwenden könne. Was hat den plötzlichen Wandel bewirkt?

Vielleicht politischer Druck, vielleicht auch Druck von Herrn Achleitner, für den eine Fusion der Bank unter Umständen auch ein ‚guter Exit‘ wäre, er hat ja die Geschäfte der Bank über Jahre mit verantwortet. Vielleicht auch die Erkenntnis, dass eine Bank mit einem neuen Geschäftsmodell und schlanken Strukturen nur durch eine Reorganisation innerhalb einer Fusion möglich ist. Vielleicht aber auch die Aussicht auf weiter steigende Refinanzierungskosten am Kapitalmarkt, wenn die Fusion nicht stattfindet… Es ist schwer zu sagen, was genau ihn bewegt.

Sie haben einmal über ihn gesagt, Sie würden ihm die Trendwende zutrauen. Lässt man Sewing nicht genug Zeit, oder hat sich der Markt so stark verändert, dass er gar keine Chance mehr hat?

Mag sein, vielleicht hat er auch realisiert, dass es in Deutschland schon schwer genug ist eine gesunde Bank zu führen, und vielleicht beinahe unmöglich, eine Bank zu sanieren. Aber das ist Spekulation. 

Wie bewerten Sie das Engagement von Bundesfinanzminister Olaf Scholz? 

Ich glaube das Industriepolitik durch den Staat grundsätzlich zu bezweifeln ist, betriebswirtschaftliche und politische Interessen sind in der Regel nicht unbedingt vereinbar. Manchmal vielleicht ja, aber grundsätzlich glaube ich nicht. Und ich bin eher der Meinung, dass der Staat sich so weit wie möglich aus der Wirtschaft heraushalten sollte.

Bei Banken habe ich dazu eine ganz klare Meinung. Politiker können keine Banken managen und sollten sich da raushalten. Sie sind dazu nicht in der Lage. Und auch nicht ausgebildet, um ehrlich zu sein. Wir haben ja das Beispiel mit der Aufhebung der Gewährträgerhaftung in 2000, moderiert durch Herrn Steinbrück. Das war ein fataler Fehler, also die Art, wie das gemacht wurde, und hat in besonderem Maße zur Finanzkrise 2008 mit beigetragen.

Der Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier („Nationale Industriestrategie 2030“) geht in die gleiche Richtung. Sehen wir hier gerade einen Wandel hin zu aktiver Industriepolitik, der das Bankwesen einfach nur einschließt – also einen Präzedenzfall? 

Die Lage der Banken ist zwar eine besondere, aber es sind scheinbar generell Tendenzen für eine aktivere Industriepolitik der Regierung da, ja!

Kommen wir noch einmal auf Paul Achleitner zurück.

Wie zuvor gesagt, Herr Achleitner hat eine zentrale Bedeutung bei der Beurteilung der Lage der Bank und hat die Managementfehler, die über die Jahre begangen wurden, mit zu verantworten.

Sollte er nach erfolgter Fusion Vorsitzender des Aufsichtsrates bleiben?

Ich glaube, dass die Fusion für ihn ein Ausstieg sein könnte, mit der er einen Schlussstrich unter seine Funktion bei der Deutschen Bank ziehen kann und auch nicht mehr dafür einstehen muss, wie sich die Bank in einer fusionierten Einheit weiterentwickelt.

Achleitner hat sich dazu nicht geäußert. Aber andere Mitglieder des Aufsichtsrates, namentlich Jan Duscheck und Frank Bsirske, befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Beide Großbanken beschäftigen allein in Deutschland fast 80.000 Mitarbeiter. Wie viele Stellen würden wegfallen?

Schwer zu sagen, es gibt viele doppelte Bereiche, 30.000 bis 40.000? Aber das ist Spekulation.

Der Bund ist aktuell mit 15 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Manche hoffen, er würde aussteigen. Wie ist Ihre Einschätzung, würde der Staat auch nach erfolgter Fusion Teilhaber der neuen Großbank bleiben?

Ich glaube ja und ich würde auch erwarten, dass er seine Beteiligung sogar noch erhöhen muss, da auch eine Fusion nicht ohne zusätzliches Kapital zu stemmen sein dürfte. Da es für beide Banken aktuell wohl nicht so leicht sein dürfte, am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen, dürfte hier dem Staat eine Rolle zukommen.

Allerdings bin ich einmal auf die Europäische Kommission und deren Einschätzung gespannt, inwieweit die Rolle des Staates hier einer staatlichen Beihilfe gleichkommt.

Europa ist ein gutes Stichwort. Von Seiten der Aufseher sowohl bei der EZB als auch bei der BaFin heißt es, sie würden den Merger mit Argusaugen beobachten. Dabei verhallen die Rufe nach einer Konsolidierung des europäischen Bankensektors nicht. Warum bestehen ausgerechnet Bedenken bei einem rein deutschen Merger?

Hier entsteht zwar eine international nicht besonders große Bank, aber eine – relativ zu dem deutschen Bankensektor – sehr große Bank. Es gäbe keinen privaten Käufer im Falle einer neuen Schieflage und damit würde der Steuerzahler notwendigerweise einstehen.

Ich glaube auch, dass eine europäische Lösung sinnvoller wäre… allerdings irgendwann. Ich finde, dass manche etwas blauäugig sind, wenn sie behaupten, dass dadurch gleich der Marktwert der fusionierten Institute steigt, keine Mitarbeiter abgebaut werden etc.

Wichtiger aber noch, ich glaube es fehlen einfach noch die europäischen Strukturen dafür.

Was meinen Sie konkret?

Ein Beispiel: Nehmen wir an, dass eine wirkliche Bankenkrise nicht ohne Staatshilfen auskommt. Und das sollte man auch nicht verkaufen, dass das nicht so ist. Welche Steuerzahler würde denn haften, wenn zum Beispiel die Deutsche Bank mit der BNP fusionieren würde? Würde es ein französisches Institut sein, für das der französische Steuerzahler haftet, oder ein deutsches Institut? Es gibt ja keinen europäischen Steuerzahler… Ich weiß auch nicht, ob der französische Staat einem Merger eines heimischen Instituts mit der Deutschen Bank aktuell so positiv gegenüberstehen würde.

Sie haben es schon angesprochen. Die Deutsche Bank gilt aufgrund ihrer Bilanzsumme und ihrer enormen Verflechtung als systemrelevant – „To big too fail“. Durch eine Fusion würde dieses Risiko doch aber nicht verringert – ist das im Sinne von Unternehmen, Finanzmarkt und Steuerzahlern?

Nein, insbesondere das Systemrisiko würde nicht unbedingt verringert. Aber in der Tat, wir wissen es nicht. Die Risikoeinschätzung nach einer Fusion sollte aber ein wichtiger Baustein in der Entscheidung für oder wider eine Fusion sein.

Wir haben jetzt viel über die Risiken einer Fusion gesprochen. Wo sehen Sie denn die größte Chance in dem Zusammenschluss?

Die Idee einer Fusion ist ja: Kann es gelingen, durch eine Fusion eine schlankere, kosteneffiziente Bank aufzubauen, die profitabel arbeiten kann? Durch Reduktion doppelter Kosten, zum Beispiel bei der Regulierung, bei gleichen Abteilungen, die keine Erträge generieren etc.

Die Frage ist, wie wahrscheinlich ist es, dass sich dieses realisiert?

Und wie realistisch ist es?

Allgemein gesprochen: Ich glaube wir fischen alle ein wenig im Trüben. Die Diskussion beruht mehr auf Spekulation als auf Evidenz. Insbesondere die Aussage, die Geldpolitik sei an allem Schuld. Warum schneiden dann die Sparkassen und Volksbanken gut ab? Wir brauchen mehr empirische Untersuchungen nach den Treibern von Profitabilität und dem Funktionieren beziehungsweise Nicht-Funktionieren von bestimmten Geschäftsmodellen der Banken. Das würde die Diskussion enorm voranbringen. Was sagt uns die Evidenz bezüglich der Folgen von Fusionen mit Bezug auf die Kreditvergabe? Diese und andere Fragen sind doch entscheidend, wenn man über das Pro und Contra der Fusion nachdenkt. Ich glaube allerdings auch, dass man Politiker mit guten Argumenten auch nicht unbedingt überzeugen kann, wenn sie sich erstmal etwas in den Kopf gesetzt haben …

Vielen Dank! 

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Das Interview führte Leon Müller, Chief Editor Börsen.Briefing. – dem täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR (registrieren Sie sich kostenfrei unter www.boersenbriefing.de)

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