Die ungewisse politische Lage in Italien lastet auch am Mittwoch auf den Börsen, allerdings ist eine kleine Gegenbewegung zu erkennen. Die Aktienkurse des Banken- und Versicherungs-Sektors können das gestern erreichte tiefe Kursniveau verteidigen. Die Bedeutung der Deutschen Bank schrumpft derweil weiter: Im DAX hat die Marktkapitalisierung des einst so stolzen Bankhauses nur noch einen Anteil von 1,8 Prozent - Platz 22. Auf dem letzten, 30. DAX-Platz "thront" die Commerzbank hinter der Lufthansa.
Am Dienstag war der Deutsche-Bank-Kurs erstmals seit der Krise im Jahr 2016 wieder einstellig. Bis auf 9,71 Euro rauschte die Aktie abwärts, nachdem sich wegen Italien die Sorgen um ein Auseinanderbrechen der Eurozone verstärkten. Der Euro-Kurs sackte auf 1,15 Dollar ab, italienische Staatsanleihen stürzten in die Tiefe, deutsche Staatsanleihen legten als "sicherer Hafen" zu.
Analyst Azzurra Guelfi von der Citigroup sagte, die politische Ungewissheit könne auch auf Italiens Konjunktur durchschlagen. Hinzu kommt laut Beobachtern, dass angesichts der stark steigenden Renditen in der Peripherie der Eurozone die EZB die Normalisierung ihrer Geldpolitik hinauszögern könnte. Damit würde sich die Perspektive steigender Zinsen - von der die Geldhäuser operativ profitieren würden - ebenfalls zeitlich verschieben. "Das mindert den Anreiz, überhaupt Bankenaktien zu besitzen", sagte Analyst Arnaud Girod von Kepler.
Danske Bank nun mehr wert als die Deutsche
Der Abwärtssog an den Aktienbörsen belastet die Deutsche Bank überproportional: Sie hat in den vergangenen Wochen bereits deutlich verloren und ist an der Börse insgesamt nur noch knapp 21 Milliarden Euro wert. Zum Vergleich: Morgan Stanley ist mit gut 76 Milliarden Euro mehr als dreimal so viel wert. JP Morgan Chase, die derzeit wertvollste Bank der Welt, liegt bei 311 Milliarden Euro. Selbst die kleine Danske Bank aus Dänemark bringt 24,5 Milliarden Euro auf die Börsen-Waage.
Für die Deutsche Bank kommen die Probleme in Italien zur denkbar ungünstigsten Zeit. Schrumpfende Erträge, verfehlte Kostenziele und wachsende Zweifel an der Strategie hatten den Aktienkurs zuletzt sogar unter die Zehn-Euro-Marke gedrückt. Am Mittwoch-Vormittag notierte die Deutsche-Bank-Aktie bei 9,97 Euro.
Mitten im Umbau
Die Frankfurter befinden sich mitten in einer kraftraubenden Umstrukturierung. Der neue Vorstandschef Christian Sewing will dabei mehr als 7.000 der weltweit 97.000 Stellen abbauen, vor allem im Investmentbanking. Die Postbank konnte nicht verkauft werden, nun soll das Filialnetz kräftig schrumpfen. Und die Pläne für den Aufbau einer eigenen Digitalbank wurden begraben, zu groß ist die Konkurrenz der etablierten Onlinebanken wie ING Diba, DKB oder Comdirect. Stattdessen setzt man auf eine auch für Produkte anderer Anbieter offene Plattform.
Die Sorgen um die Deutsche Bank wachsen, vor allem bei Investoren und Politikern. Denn je tiefer der Kurs der Aktie fällt, desto schwerer wird es für die Bank, sich im Notfall mit einer Kapitalerhöhung zu behelfen. Noch ist diese aber nicht nötig: Nach der Aufstockung des genehmigten Kapitals vor einem Jahr steht das Geldhaus auf soliden Beinen, eine Pleite des Instituts fürchtet derzeit niemand. Doch die Deutsche Bank könnte sich durch die aktuellen Probleme (auch aus der Türkei drohen Belastungen) zum hoffnungslosen Dauersanierungsfall wandeln.
Chinesischer Großaktionär in Finanznöten
Für Aktionäre bedeutet die aktuelle Lage: Auf absehbare Zeit ist die Deutsche Bank tabu! Das hat auch der chinesische Großaktionär HNA erkannt, der seine Beteiligung an Deutschlands größtem Geldhaus schon im April auf 7,9 Prozent heruntergeschraubt hatten. Damals kostete die DBK-Aktie noch 11,60 Euro. Der Mischkonzern ist weiterhin in finanziellen Nöten und will nun seine Fluggesellschaft Hongkong-Airlines an die Börse bringen.
Erst wenn sich das deutsche Geldhaus erkennbar berappelt und zählbare Erfolge vorweisen kann, dürfte auch der Aktienkurs wieder in einen Aufwärtstrend schwenken. Denkbar ist für manche auch, dass ein Konkurrent die missliche Lage des Geldhauses nutzt, um es zu einem günstigen Kurs zu schlucken. Dabei müsste natürlich die Politik mitspielen...