Eigentlich sollte sich der Aufsichtsrat in einer Sitzung gestern Nachmittag nur mit der neuen Strategie von CEO Manfred Knof befassen. Am späten Abend hat die Bank dann allerdings eine Ad-hoc-Meldung veröffentlicht, die es in sich hat. Es gibt nicht nur Details zu den Umbauplänen, sondern auch Vorabdaten zu den Quartalszahlen, die erst am 11. Februar veröffentlicht werden. Dass die Commerzbank 2020 einen Milliardenverlust einfahren wird, war seit geraumer Zeit klar. Die Prognosen der Analysten hat das Geldhaus aber nun gerissen.
Operativ fuhr die Commerzbank 2020 bereits Miese von 233 Millionen Euro ein. Im Jahr zuvor gelang noch ein sattes Plus von 1,25 Milliarden Euro. Aufgrund von Goodwill-Abschreibungen (1,50 Milliarden Euro) und Restrukturierungsaufwendungen (800 Millionen) steht unter dem Strich ein Verlust von 2,90 Milliarden Euro beim Konzernergebnis (Vorjahr: 585 Millionen Überschuss). Der Konsens ging in letzten Schätzungen noch von 2,80 Milliarden Verlust aus.
Firmenkundengeschäft im Fokus
Der Aufsichtsrat hat gestern zudem die neue Strategie gebilligt. Neben den bekannten Details, wie dem Abbau von 10.000 Jobs und der Schließung von knapp der Hälfte der deutschen Filialen, steht die Sanierung im Firmenkundengeschäft im Mittelpunkt. Dort will die Bank Mittelständler, Großunternehmen und Auslandskunden mit Bezug zu Deutschland in den Fokus nehmen. Internationale Firmenkunden fallen damit häufig durchs Raster. 15 Auslandsstandorte werden dichtgemacht, die Geschäfte im Investmentbanking und Kapitalmarktgeschäft werden weiter auf Unternehmenskunden zugeschnitten oder eingedampft.
Gewerkschaft blockiert
Ab 2024 sollen so jährlich 1,40 Milliarden, das ist ein Fünftel der für 2020 erwarteten Kosten, eingespart werden. Bisher stellen sich die Gewerkschaften noch quer. „Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat tragen die strategischen Ziele mit, nicht jedoch den geplanten Personalabbau“, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann, der im Kontrollgremium sitzt, dem Handelsblatt.
Sozialplan soll am 5. Mai stehen
CEO Knof spricht davon, dass die geplanten Einschnitte „sehr schmerzhaft“ seien. „Wir werden diesen Weg mit aller Konsequenz gehen, aber fair und in gegenseitigem Respekt.“ Um zügig Klarheit für die Beschäftigten zu schaffen, habe der Vorstand eine sogenannte Regelungsabrede mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossen. Das geht aus der Ad-hoc-Meldung hervor. Ziel sei es, sich bereits bis zur Hauptversammlung am 5. Mai auf einen Rahmen-Interessenausgleich und Sozialplan zu verständigen.
Der höher als erwartete Verlust muss erst einmal verdaut werden. Die Aktie ist in den vergangenen Tagen allerdings merklich angestiegen und tut sich schwer, die Widerstände auf dem Weg Richtung sechs Euro zu überwunden. Tiefere Kurse sind daher eher Einstiegsgelegenheiten. Denn nachdem die neue Strategie endlich verabschiedet wurde, kann Knof sich nun an die Arbeit machen.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Commerzbank.
Aktien von Commerzbank befinden sich im AKTIONÄR-Depot.