Hand aufs Herz: Hätten Sie Anfang 2017 damit gerechnet, dass ausgerechnet die Lufthansa und andere zuvor gebeutelte Airline-Aktien, vor denen gewarnt wurde, zu den Highflyern des Börsenjahres 2017 zählen würden? Auch 2018 stellen sich Investoren weltweit die Frage, welcher Branche das große Comeback gelingt.
Regelrecht prädestiniert hierfür erscheint wieder einmal der Bergbausektor. So wurde über viele Monate hinweg gewarnt, dass der Eisenerzpreis kräftig sinken werde – doch überraschenderweise ist zuletzt das Gegenteil der Fall gewesen. Ein entscheidender Grund hierfür könnte das größte „Bauprojekt“ der Menschheitsgeschichte sein: Mit „One Belt, one Road“ will China weitaus mehr als nur die alte Seidenstraße asphaltieren und Brücken bauen (mehr dazu in Ausgabe 15/2017). China möchte, dass in Asien, Afrika und Europa ein Netz aus Eisenbahnlinien, Flughäfen und Seehäfen entsteht. Und für die Realisierung dieses sowie vieler anderer Infrastrukturprojekte werden Eisenerz, Kupfer und andere Industriemetalle benötigt – und zwar in wahrlich enormen Mengen. Da auch in vielen anderen Regionen der Welt die Wirtschaft auf Hochtouren läuft und unzählige große Infrastrukturvorhaben angegangen werden, ist es wenig verwunderlich, dass die Preise für viele Industriemetalle sich beeindruckend stark entwickeln. So hat etwa der Kupferpreis kürzlich den höchsten Stand seit 2014 markiert.
Auch der Preis für Eisenerz hat sich in den vergangenen Monaten sehr robust entwickelt. Und dies trotz der Tatsache, dass die Marktteilnehmer wegen einer neuen riesigen Mine des Marktführers Vale eher mit Überkapazitäten bei diesem Rohstoff gerechnet hatten. Doch angesichts der starken Weltwirtschaft haben die großen Bergbaukonzerne aktuell kaum Probleme, ihre Erzeugnisse abzusetzen.
Vale: Marktführer meldet sich zurück
Diese positive Entwicklung hat entscheidend dazu beigetragen, dass der brasilianische Weltmarktführer Vale zuletzt bemerkenswerte Fortschritte verbuchen konnte. So gelang es dem Unternehmen nach einem Fehlbetrag von 5,8 Milliarden Dollar 2015 zum einen, alleine in den ersten neun Monaten 2017 einen Gewinn von 7,6 Milliarden Dollar zu erzielen. Zum anderen konnte die drückende Schuldenlast deutlich verringert werden: Beliefen sich die Nettoschulden zum 30. Juni 2016 noch auf 28 Milliarden Dollar, waren es Ende September 2017 nur noch 21 Milliarden Dollar. Bis Ende 2018 sollen die Nettoschulden auf weit unter 20 Milliarden Dollar schrumpfen. Mit Vale setzen Anleger vor allem auf einen weiteren Anstieg der Eisenerzpreise. Denn mit diesem Rohstoff erwirtschaftet der Konzern mehr als zwei Drittel der Erlöse. Von den Bewertungskennzahlen her ist die Vale-Aktie mit einem 2018er-KGV von 8 und einem KBV von 1,4 der günstigste Titel unter den Bergbau-Riesen. Doch wegen der starken Abhängigkeit von einem einzigen (und sehr volatilen) Rohstoff, der politisch eher instabilen Lage Brasiliens und der immer noch hohen Nettoverschuldung ist die Aktie allerdings ausnahmslos für mutige Anleger geeignet.
Anglo American: Diamonds all inclusive
Auch der britische Rohstoff-Riese Anglo American hatte lange Zeit schwer mit einem hohen Schuldenberg zu kämpfen. Mittlerweile ist dieser durch zahlreiche Verkäufe von Minen und Beteiligungen kräftig verringert worden. Und hierbei musste man nicht einmal die sehr begehrten 85 Prozent am weltgrößten Diamantenhersteller De Beers verkaufen – eine starke Leistung des Managements. Auch operativ wurde gute Arbeit geleistet: Nachdem auch Anglo American 2015 noch einen Verlust von 5,8 Milliarden Dollar ausweisen musste, dürfte im laufenden Jahr Analystenprognosen zufolge ein operatives Ergebnis von 8,0 Milliarden Dollar und ein Nettogewinn von 2,9 Milliarden Dollar erzielt werden. Der Konzern ist jedenfalls wieder auf Kurs. Die Aktie ist gemessen an der Bewertung aber immer noch günstiger als die der beiden etwas sichereren Rivalen Rio Tinto und BHP Billiton, aber aufgrund einiger Restrisiken auch etwas riskanter.
Wer ist der Favorit?
Was jetzt bei den Aktien von Rio Tinto und BHP Billiton zu tun ist und wer die erste Wahl im Bergbausektor ist, erfahren Sie in der Ausgabe 03/2018. Hier bequem als ePaper erhältlich.