Die Aktie von Coinbase ist in dieser Woche auf einen neuen Tiefststand gefallen, aber selbst auf diesem Niveau womöglich noch zu teuer. Diesen Schluss legt zumindest das neue Kursziel der Investmentbank Mizuho nahe. Top-Analyst Dan Dolev hat nämlich einen weiteren potenziellen Risikofaktor für das Unternehmen identifiziert.
Dolevs Bedenken drehen sich vor allem um das Engagement von Coinbase beim Stablecoin-Projekt USD Coin (USDC). Der Coin wird zwar von der Krypto-Firma Circle herausgegeben, aber von einem Konsortium namens Centre verwaltet, dem auch der US-Kryptobörsenbetreiber angehört. So bekomme Coinbase einen Anteil an den Zinseinnahmen auf die Dollar-Bestände, die Circle als Sicherheit für den USD Coin vorhalten muss, erklärt der Experte.
Diese Einnahmen hätten im dritten Quartal schätzungsweise rund 10 bis 15 Prozent des Gesamtumsatzes von Coinbase ausgemacht. In Zeiten fallender Kryptokurse und nachlassender Handelsaktivität der Marktteilnehmer eine vermeintlich sichere Erlösquelle – aber womöglich nicht so sicher, wie viele glauben, warnt Dolev.
Denn durch die Vereinbarung wächst der Anteil an den Zinseinnahmen, die Circle an Coinbase abdrücken muss, kontinuierlich. Laut Bloomberg-Schätzungen könnten die Zinserträge von Coinbase im Geschäftsjahr 2024 auf rund 684 Millionen Dollar anwachsen – sofern Circle nicht auf die Idee kommt, die Bedingungen neu zu verhandeln.
Alles rein hypothetisch, aber…
Der Mizuho-Analyst betont in der Studie, dass dies eine rein hypothetische Annahme sei und es bislang keine konkreten Hinweise auf eine anstehende Nachverhandlung gebe. Doch die potenziellen Risiken, die daraus resultieren könnten, würden von der Wall Street unterschätzt. Und da die Zinserträge eine nahezu 100-prozentige Gewinnmarge haben, würden sich Änderungen auch unmittelbar im operativen Ergebnis (EBITDA) niederschlagen.
Bleibt die Frage nach den Bewegründen, die Circle dazu veranlassen könnten, die aktuellen Bedingungen neu verhandeln zu wollen. Hier verweist Dolev darauf, dass Circle das einzige Unternehmen im Konsortium ist, das neue USD Coins schürfen kann – und somit durchaus einen gewissen Hebel besitzt. Zudem sind die Pläne des Unternehmens für einen SPAC-Börsengang unlängst geplatzt – was eine strategische Neuausrichtung des Geschäftsmodells zur Folge haben könnte.
Neuer Normalzustand am Kryptomarkt?
Die Sorge um die Verlässlichkeit der Zinseinnahmen ist aber nicht das einzige Problem, das Mizuho aktuell bei Coinbase sieht. Sollte sich das zuletzt deutlich gesunkene Transaktionsaufkommen auf der Plattform nach der FTX-Pleite als der „neue Normalzustand“ entpuppen, könnten die Abo- und Service-Erlöse von Coinbase im kommenden Jahr um 30 Prozent und die Transaktionserlöse sogar um 35 Prozent einbrechen.
Für 2023 prognostiziert Mizuho einen Jahresumsatz von rund 2,4 Milliarden Dollar – was rund 27 Prozent unter dem Durchschnittswert aller von Bloomberg erfassten Schätzungen liegt. Für das laufende Geschäftsjahr hatte Coinbase-CEO Brian Armstrong in dieser Woche selbst bereits einen heftigen Einbruch im operativen Geschäft in Aussicht gestellt.
Dolev hat die Coinbase-Aktie daraufhin von „Neutral“ auf „Underperform“ abgestuft und das Kursziel von 42 auf 30 Dollar gesenkt. Ausgehend vom letzten Schlusskurs vor Veröffentlichung der Studie am Freitag entspräche das 30 Prozent Verlustrisiko. Vom jüngsten Rekordtief in dieser Woche bei 40,30 Dollar sind es immerhin noch 26 Prozent Luft nach unten.
Sollte dem Bitcoin nach der langen Talfahrt eine Gegenbewegung gelingen, dürfte auch die Coinbase-Aktie mit einem Kurssprung reagieren. Mit Blick auf die enormen Herausforderungen im operativen Geschäft überwiegen für den AKTIONÄR hier aber ganz klar die Risiken. Daher steht die Aktie aktuell auch nicht auf der Empfehlungsliste.
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