Der zweitgrößte europäische Gasförderer Equinor und der weltgrößte LNG-Produzent Shell profitierten in den vergangenen Monaten kräftig von den anhaltend hohen Erdgaspreisen. Diese korrigierten zuletzt wieder, doch könnten im kommenden Jahr wieder anziehen. Denn nach Ansicht von Fatih Birol könnte Gas 2023 wieder knapp werden.
So sieht der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) mögliche Probleme für die Wiederbefüllung der Gasspeicher in Europa vor den Wintermonaten im kommenden Jahr. "Unsere Schätzungen sagen uns, dass die Lagerstände bis Februar 2023 von 90 Prozent auf 25 bis 20 Prozent zurückgehen", erklärte IEA-Chef Birol im Interview der italienischen Zeitung "La Repubblica" (Dienstag). Die Frage sei, wie Europa 2023 die Stände wieder auf 80 bis 90 Prozent füllen wolle.
Um die Speicher in diesem Jahr zu füllen, half dem türkischen Wirtschaftswissenschaftler zufolge, dass noch Energielieferungen aus Moskau kamen und China wegen seiner wirtschaftlichen Entwicklung weniger Flüssiggas als erwartet importierte. Im kommenden Jahr könnte die chinesische Ökonomie wieder erstarken und Peking mehr Gas nachfragen, was den Europäern einen Preisanstieg bescheren würde.
Für die Energieversorgung Europas im nahenden Winter erwartet Birol nach eigener Aussage keine größeren Unterbrechungen oder Stromausfälle, da die Speicher zu etwa 90 Prozent gefüllt seien. Dies dürfte bis Februar oder März reichen, sollte es keine "maßgebliche Unterbrechung der Lieferungen" geben. Sollte es aber zu einer schwerwiegenden Unterbrechung kommen, sei "Energiesolidarität" zwischen den europäischen Ländern wesentlich, mahnte Birol.
Es bleibt dabei: Das aktuelle Niveau der Öl- und Gaspreise beschert Shell und Equinor ein hervorragendes Umfeld, um weiterhin satte Gewinne einfahren zu können. Da auch die mittel- bis langfristigen Perspektiven für die beiden günstig bewerteten Dividendenperlen gut sind, können Anleger nach wie vor zugreifen. Die Stoppkurse sollten bei 29,50 Euro (Equinor) beziehungsweise 20,50 Euro (Shell) belassen werden.
Mit Material von dpa-AFX