Die Biotech-Branche in China boomt. Kein Wunder: Schließlich zählt die chinesische Regierung die Biotechnologie zu den Schlüsseltechnologien der Zukunft und stellt die Weichen für einen konkurrenzfähigen Markt, der es mit den USA aufnehmen soll. Schon jetzt ist China der zweitgrößte Pharmamarkt der Welt, selten war der Run auf Premium-Biotech-Unternehmen im Reich der Mitte so groß – doch zuletzt mussten auch die namhaften Biopharma-Konzerne in China kräftig Federn lassen.
Neben einem Impfstoffskandal drückte der schwelende Handelskrieg zwischen den USA und China auf die Stimmung. Doch die Branchengrößen aus Fernost haben inzwischen attraktive Bewertungsniveaus erreicht. DER AKTIONÄR hatte auf dem diesjährigen Krebskongress ESMO (European Society for Medical Oncology) in München die Möglichkeit, mit dem wohl bekanntesten chinesischen Biotech-Unternehmen namens BeiGene über die Rahmenbedingungen in China und die jüngsten Entwicklungen zu sprechen.
Bessere Rahmenbedingungen
Dass die chinesische Regierung mithilfe von neuen Rückerstattungsmechanismen den Biotech-Markt belebt hat, zeigt die Entwicklung der Celgene-Partnerschaft von BeiGene. Dank eines großen Deals können die Chinesen seit dem letzten Jahr die Celgene-Kassenschlager Revlimid, Vidaza und Abraxane auf dem chinesischen Markt vertreiben. Im Schnitt kletterten die Erlöse der drei Medikamente von Quartal zu Quartal um 41 Prozent. BeiGene-CFO Howard Liang freut sich auf die nächsten Schritte im Rahmen der Kooperation: „Im PD-1-Bereich haben wir eine Reihe von zentralen Studien begonnen und wollen diese mit Celgene fortführen und ausdehnen. Auf der kommerziellen Seite haben wir das Marketing von Abraxane, Revlimid und Vidaza in China übernommen. Wir waren sehr erfolgreich darin, die Verkäufe dieser Produkte zu steigern. Das letzte 2017er-Quartal war das erste volle Quartal, in dem diese Produkte von BeiGene in China vermarktet wurden. Zu der Zeit meldeten wir Erlöse in Höhe von 15 Millionen US-Dollar. Für das zweite Quartal 2018 verbuchten wir mehr als 31 Millionen US-Dollar Umsatz – wir haben also den Umsatz binnen kurzer Zeit verdoppelt. Dies wurde befeuert durch den Ausbau der Vertriebsmannschaft und eine Zunahme der Erstattung für Revlimid und Abraxane“, so der Chefstratege.
Die Rahmenbedingungen, die BeiGene im Heimatmarkt vorfindet, sollten sich auch im Falle von Zulassungen eigener Medikamente positiv auswirken und einen starken Markteintritt begünstigen. Auf der anderen Seite des Planeten kann sich BeiGene auf die ausgeprägte Vertriebsexpertise von Celgene verlassen. Denn auch im größten Pharmamarkt der Welt, den USA, will BeiGene mit der hauseigenen Wirkstoff-Pipeline Fuß fassen und eine wichtige Rolle im zukunftsträchtigen Bereich der Immunonkologie spielen.
Pipeline soll ausgebaut werden
Auch ohne die fruchtende Celgene-Kooperation kann BeiGene auf eine Vielzahl von hochinteressanten Studienprogrammen setzen. Aktuell befinden sich zehn zulassungsrelevante Studien – sowohl national als auch international – in der Pipeline der Chinesen. Besonders aussichtsreich: Zanubrutinib, Tislelizumab und Pamiparib. Was sich hinter diesen Wirkstoffen mit kryptischen Namen verbirgt, lesen Sie im AKTIONÄR-Interview mit BeiGene-CFO Liang. Für BeiGene spricht neben der breiten Entwicklungspipeline auch die finanzielle Ausstattung. Mit einem Listing an der Börse in Hongkong konnte das Biotech-Unternehmen die Kasse kräftig aufstocken. „Wir haben eine sehr starke Bilanz. Am Ende des zweiten Quartals verfügten wir über 1,4 Milliarden US-Dollar in bar und in kurzfristigen Investments. Wir haben knapp 900 Millionen mit unserem IPO in Hongkong eingenommen. Dies ist eine hervorragende Grundlage für den Ausbau unsere Entwicklungs-Pipeline“, so Liang gegenüber dem AKTIONÄR.
Um auf der Umsatzseite zu wachsen, zapft der Finanzvorstand Liang zwei Quellen an: „Unsere Erlöse basieren auf zwei Elementen. Eines sind Einnahmen aus Kollaborationen, zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Celgene. Das zweite Element sind Produktverkäufe, die zugenommen haben und von denen wir hoffen, dass sie bald unsere intern entwickelten Produkte einschließen, die im nächsten Jahr auf den Markt kommen könnten. Wir bereiten uns auf Produkteinführungen vor. All dies entwickelt sich zu einer sehr interessanten Wachstumsstory.“
Fuß in die Tür nach China stellen
Die Nervosität an den Börsen hat auch zu einem Ausverkauf bei der BeiGene-Aktie geführt. Allerdings ist dies fundamental unbegründet. Schließlich treibt die Gesellschaft die Entwicklung der Pipeline plangemäß voran – auch die Celgene-Kooperation trägt erste Früchte. Mutige Anleger legen sich ein paar Aktien ins Depot und setzen auf eine Kurserholung.
Hinweis: Dieser Artikel erschien in Ausgabe 47/2018 als "Hot-Stock der Woche". Die Ausgabe steht für Sie hier zum Download parat.