BMW legt an diesem Donnerstag seine Zahlen zum zweiten Quartal vor. Die Bayern wollen 2024 bei der am meisten beachteten Kennzahl, der Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern im Autogeschäft, im langfristig angestrebten Korridor zwischen 8 und 10 Prozent landen. Finanzchef Walter Mertl sagte nach dem ersten Quartal, mit dem Erreichen des Korridors rechne er in jedem Quartal des Jahres. 2023 war die Auto-Marge im vor allem für Verkaufspreise günstigen Marktumfeld um 1,2 Prozentpunkte auf 9,8 Prozent gestiegen.
Zuletzt hatte sich das Umfeld für die Autobauer merklich eingetrübt. Schwierige Geschäfte in China und die maue Konjunktur in vielen Wirtschaftsregionen lasten auf der Stimmung von Firmen und Verbrauchern, die angesichts deutlich gestiegener Verkaufspreise und hoher Zinsen stärker auf ihre Budgets achten. Insbesondere im profitablen und einst so stark wachsenden Markt China haben viele Konzerne derzeit Probleme.
Die Auslieferungen von Autos sollen bei BMW dennoch ausgehend vom Vorjahresniveau von 2,55 Millionen leicht steigen. Der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge dürfte von knapp 15 Prozent im Jahr 2023 deutlich zulegen.
Im zweiten Quartal hat BMW 618.826 Autos verkauft und damit 1,3 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Auf Halbjahressicht liegen die Münchener damit ganz knapp im Minus und müssen sich für die Jahresziele anstrengen. Im wichtigsten Einzelmarkt China haperte es auch im zweiten Jahresviertel weiter mit einem Rückgang um 4,7 Prozent. Anleger wird interessieren, wie das Management die für Luxus- und Premiumgüter schwierige Lage in China im Rest des Jahres einschätzt. Schub gaben bei BMW nach wie vor die reinen Elektroautos, deren Verkäufe um gut 22 Prozent auf 107.933 Fahrzeuge anstiegen.
Die Finanzdienstleistungen werden aufgrund sinkender Gebrauchtwagenpreise in diesem Jahr nicht mehr so rentabel arbeiten - BMW prognostiziert die Eigenkapitalrendite nach 17,2 Prozent im Vorjahr nun zwischen 14 und 17 Prozent. Zudem kommen auf den Autobauer für die geplanten neuen Modelle rekordhohe Investitionen zu. Bei der Investitionsquote rechnet BMW mit rund 6 Prozent vom Umsatz, bei den Forschungs- und Entwicklungsleistungen sollen es mehr als 5 Prozent sein. Langfristig strebt BMW hier Werte von unter 5 Prozent für die Investitionen und zwischen 4 und 5 Prozent für Forschung und Entwicklung an.
Die hohen Ausgaben belasten den freien Finanzmittelzufluss, der in der Autosparte über 6 Milliarden Euro betragen dürfte - im Vorjahr waren es 6,94 Milliarden. Der Vorsteuergewinn dürfte bei BMW leicht zurückgehen. "Leicht" bedeutet bei BMW einen Rückgang von einem bis fünf Prozent. Nach 17,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr liegt die erwartete Bandbreite damit bei rund 16,2 bis 16,9 Milliarden Euro.
Die vom Unternehmen selbst erfassten Fachleute gehen von einem leichten Umsatzplus von 37,2 auf 37,4 Milliarden Euro aus. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Konzern erwarten sie bei 3,95 Milliarden Euro und damit 9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Die viel beachtete operative Marge im Autobau sollte demzufolge bei 8,7 Prozent liegen und damit einen halben Prozentpunkt niedriger als im Vorjahreszeitraum. Aufs Jahr gesehen rechnen die Experten ebenfalls mit 8,7 Prozent, eine Prognoseänderung wäre hier also eine Überraschung.
Analyst Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC schrieb, China bleibe bei BMW das Hauptthema. Das Management betone weiter, die härteste Konkurrenz gebe es im Massenmarkt, zudem sei der Markteintritt für Chinesen in Europa nicht einfach. In Sachen Zollstreit stelle BMW den überwiegenden Teil der in China verkauften Autos vor Ort her, weswegen chinesische Reaktionen auf die EU-Zölle weniger das Problem seien. Im Handel zwischen den USA und Europa könnten die in Nordamerika produzierten SUVs des Konzerns dagegen unter Druck geraten, wie schon 2019 unter der damaligen Regierung vom nun wieder kandidierenden Ex-Präsidenten Donald Trump, schrieb Narayan.
Auch Patrick Hummel von der Schweizer Bank UBS blieb kritisch in Sachen Chinageschäft. Die jüngste Kapitalmarktveranstaltung habe die Sorgen um eine abwärts gerichtete Entwicklung in China nicht lindern können. So könne China bald zur Gefahr für den angestrebten Margenkorridor werden. Hummel rechnet im zweiten Halbjahr mit mehr Druck auf Mengen und Preise als in den ersten sechs Monaten. Die Debatte um das Margenziel für das Jahr könnte sich daher intensivieren.
Von BMW sollte man im aktuellen Umfeld keine Wunderdinge erwarten. 2024 wird für alle Automobil-Hersteller eine Herausforderung. Bei BMW liegt der Fokus auf dem Roll-out der Neuen Klasse. Mit den futuristischen Stromern, die 2025 auf den Markt kommen, sollen neu aufgebaute Software-Baukästen für Antrieb, Fahrwerk, Bordnetz und Fahrassistenzsysteme, Kabelstränge, Gewicht und Geld sparen. Die Margen könnten dann das Niveau von Verbrenner-Modellen erreichen. Keiner der klassischen Autobauer hat den Wandel in der Branche bisher besser gemeistert als BMW. Halten.
(Mit Material von dpa-AFX).