Nach dem plötzlichen Ende der Kaufprämie für Elektroautos schauen Kunden in die Röhre. Die Industrie protestiert und beklagt einen Vertrauensverlust in die Politik. Die Branche erwartet nun einen langsameren Anstieg der Verkaufszahlen von E-Autos. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer geht noch einen Schritt weiter: „Die Entwicklung der Elektromobilität bricht in Deutschland ab“, sagt Dudenhöffer gegenüber dem AKTIONÄR.
Bevor die Bundesregierung ihre Budgetplanung korrigieren musste, war vorgesehen, noch bis Jahresende eine Kaufprämie für Neuwagen von bis zu 4.500 Euro zu gewähren. Hinzu kam eine hälftige Zulage der Hersteller, also bis zu 2.250 Euro. Zum 1. Januar 2024 sollte die staatliche Prämie auf 3.000 Euro gesenkt werden und dann Ende 2024 auslaufen. Nun entfällt das alles.
"Die Entwicklung der Elektromobilität bricht in Deutschland ab. Der Preisunterschied zwischen Verbrenner und Elektroauto beträgt ohne die Prämie mehr als 10.000 Euro. Habeck hat das Signal gegeben, daß die Menschen wieder Verbrenner kaufen sollen."
Die Regierung habe den Verbrauchern versprochen, sie unter bestimmten Voraussetzungen beim Kauf eines E-Pkw zu unterstützen, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. "Diesen Menschen jetzt den Zuspruch zu verwehren, weil man weiterhin am Zulassungs- statt am Kaufdatum eines E-Autos festhalten will, untergräbt das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Verlässlichkeit der Politik."
Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer hat zum Aus der E-Auto-Förderung eine klare Meinung: "Die Entwicklung der Elektromobilität bricht in Deutschland ab. Der Preisunterschied zwischen Verbrenner und Elektroauto beträgt ohne die Prämie mehr als 10.000 Euro. Habeck hat das Signal gegeben, daß die Menschen wieder Verbrenner kaufen sollen. Am Verbrenner verdienen die Autobauer Geld, beim Elektroauto machen sie heute schon Miese. Warum sollten sie noch mehr Miese machen mit hohen Rabatten? Es geht seinen Weg und Deutschland wird „abgehängt“, beim Klima, beim Elektroauto und natürlich in der Ladeinfrastruktur und im Zulieferfeld. Warum sollte ein Ladesäulenbetreiber jetzt neue Ladesäulen aufstellen? Warum sollte Wolfspeed Hableiter für Elektroautos im Saarland bauen, wenn die Entwicklung auf Stillstand steht? Warum sollte Batteriehersteller in Deutschland investieren? Alles ein sehr betrübliches Szenario in das Habeck Deutschland versetzt“, sagt Dudenhöffer gegenüber DER AKTIONÄR.
Die abrupt gestrichene staatliche Kaufprämie für E-Autos wird von immer mehr Autobauern selbst übernommen - zumindest befristet. Nach den Ankündigungen mehrerer Hersteller zu Wochenbeginn zogen am Dienstag weitere Produzenten nach. Wer sich in diesen Tagen also einen Neuwagen mit Elektroantrieb zulegt, hat je nach Hersteller noch Chancen auf die volle Förderung. Konkret bedeutet das einen Zuschuss von bis zu 6.750 Euro.
"Der Wettbewerbsvorteil für Tesla und China wird sehr groß werden. Wer den Heimatmarkt liegen lässt, lässt seine Industrie verkümmern."
Der Autokonzern Stellantis mit den Marken Peugeot, Opel, Fiat und Jeep will die volle Prämie von bis zu 6.750 Euro für Elektrofahrzeuge zahlen, die nach den bisherigen Richtlinien förderungsfähig waren. Das gab das Unternehmen am Montag bekannt.
Zudem will Stellantis für bereits bestellte E-Fahrzeuge, die von ihren Besitzern bis zum 29. Februar 2024 zugelassen werden, die ursprünglich geplante gesenkte Prämie von bis zu 4.500 Euro übernehmen. Der koreanische Hersteller Hyundai garantiert seinen E-Auto-Kunden, die bis 17. Dezember einen Vertrag geschlossen haben, noch die volle Umweltprämie aus 2023.
Volkswagen sprach von einem "tiefen Vertrauensverlust", äußerte sich aber zunächst zu möglichen höheren Rabatten oder Kulanzregelungen. BMW äußerte "Verständnis für die angespannte Haushaltslage und die daraus resultierenden Entscheidungen der Bundesregierung. Langfristig müssen sich neue Technologien selber am Markt tragen.“
Tesla, Nio und MG springen ein
Der chinesische E-Auto-Hersteller Nio übernimmt nach dem abrupten Förderstopp ebenfalls den staatlichen Anteil der Kaufprämie bei Bestellungen bis Jahresende und Auslieferung bis Ende Januar selbst. Das teilte das Unternehmen am Dienstag in München mit. Auch MG "übernimmt für alle Bestellungen vor dem 18. Dezember, für die keine rechtzeitige Zulassung möglich war, den Umweltbonus in gleicher Höhe selbst".
Ähnlich verfährt der US-Autobauer Tesla. Er übernimmt ab dem 18. Dezember die ausgefallene Förderung für Bestellungen des Modells 3/Y, die bis Ende des Jahres ausgeliefert worden wären. Das teilte der E-Autobauer auf X, dem früheren Twitter, mit.
Für Dudenhöffer stehen die Profiteure der aktuellen Entwicklung fest: „Gewinner sind Tesla und die Chinesen wie BYD. Da China mit Vollgas weiter in das Elektroauto geht, werden 2025 mehr als sieben Millionen Elektroautos in China verkauft werden. Das ist ein großes Zaubermittel, um die besten Kostenpositionen zu besetzten. Der Wettbewerbsvorteil für Tesla und China wird sehr groß werden. Wer den Heimatmarkt liegen lässt, lässt seine Industrie verkümmern“, sagt der Auto-Experte gegenüber dem AKTIONÄR.
(Mit Material von dpa-AFX).