Das US-Start-Up soll der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft von Volkswagen im Zeitalter der Elektromobilität sein. Überraschend? Sicher. Ein bisschen zumindest. Denn Rivian ist sicherlich ein hochinteressantes Start-Up im E-Mobility-Segment. Die Software ist gut, die Produkte mit Fokus auf das in den USA lukrative und beliebte Pick up- und SUV-Segment ist stimmig. Der elektrische Liefer-Van als drittes Produkt wird für den Online-Riesen Amazon gebaut. Die Produkte haben style und sind up to date.
Dennoch muss auch erwähnt werden, dass Rivian im Jahr 2023 erst rund 50.122 Elektroautos verkauft hat. Der Umsatz lag bei 4,4 Milliarden Dollar – dabei fielen 5,4 Milliarden Dollar Miese an.
Für den Aufbau der nächsten Produktgeneration werden weitere Milliarden benötigt. Mit Amazon hat Rivian sicherlich einen Hochkaräter als Ankeraktionär, aber auch der Internetgigant ist keine Garantie für Amazon, dass die Milliarden stetig fließen werden um das Überleben zu sichern.
Jetzt scheint sich Rivian mit dem VW-Deal die nächste Geldspritze gesichert zu haben.
VW will in den kommenden Jahren bis zu 5 Milliarden US-Dollar in Rivian stecken und gemeinsam Technik für künftige Fahrzeuge entwickeln. Der AKTIONÄR sprach mit dem Auto-Experten Frank Schwope, Lherbeauftragter an der Fachochschule für Automobilwirtschaft in Hannover über den Deal zwischen VW und Rivian.
DER AKTIONÄR: Herr Schwope, wie beurteilen Sie den Deal von VW mit Rivian?
FRANK SCHWOPE: Volkswagen hat offensichtlich die Notwendigkeit, Probleme im Software-Bereich mit Zukäufen bzw. Kooperationen zu beheben. Man darf aber nicht vergessen, dass Rivian selbst nur ein Start-up ist, das in den letzten Jahren viel Geld verbrannt hat und das 2023 nur 57.000 Autos produziert und 50.122 verkauft hat. Die Kooperation mit Rivian ist bei weitem kein Selbstläufer. Auch sollte man nicht den Milliarden-Einstieg bei Argo AI vergessen, der nicht von Erfolg gekrönt war. Vielleicht soll Rivian auch bei der Wiederbelebung der Marke Scout helfen, die für 2026 geplant ist.
Ist es nicht so, dass man bei VW dadurch feststellen muss, dass man die Software-Geschichte mit Cariad alleine nicht hin bekommt?
Offensichtlich ist das das Eingeständnis, dass sich die großen Hoffnungen, die man in Cariad gesteckt hat, nicht erfüllen.
Was etwas verwundert: Verfährt VW nicht etwas nach dem Gießkannenprinzip? Ein paar hundert Millionen für Xpeng, ein paar Milliarden für Rivian, wie soll das Ganze zum Ziel führen?
Xpeng wird man mit Bedacht für den chinesischen Markt ausgewählt haben und Rivian für den US-amerikanischen Markt, vielleicht mit der Sorge vor protektionistischen Maßnahmen beider Länder.
Mit VW hat Rivian einen weiteren starken Partner neben Amazon. Damit hat man genug Geld, die kommende Plattform und den Hochlauf für die neuen Modelle zu finanzieren. Nach dem Hype sollten Anleger einen Rücksetzer abwarten. Langfrsitig interessant! Dennoch sollte man dabei bedenken, dass bereits eine Zusammenarbeit zwischen Rivian und Ford scheiterte. Hat Rivian dazu gelernt, mit einem großen Player zusammenzuarbeiten?
Was VW angeht, so zeigt die Investition in Rivian die Probleme des VW-Konzerns schonungslos auf.Wenn das Joint Venture mit Rivian das neue Kompetenzzentrum für Software und Netzwerk-Architekturen in den Elektroautos wird, was passiert dann mit Cariad? Was passiert mit der US-Marke Scout? VW muss schneller werden. Hat man aus seinem letzten Deal, unter anderem mit Xpeng dazu gelernt? Ist man bereit, nicht aus einer Position der Stärke, des Größeren an die Geschichte heranzugehen? Aus aktueller Sicht ist die VW-Aktie nach wie vor kein Kauf.