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Albtraum Apple

Albtraum Apple
Foto: Börsenmedien AG
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Florian Söllner 13.03.2015 Florian Söllner

Apple bereitet mir keine schlaflosen Nächte“, behauptet Daimler-Chef Dieter Zetsche. Tatsächlich dürften viele deutsche Automanager in diesen Nächten schweißgebadet aufwachen. In dem Albtraum gleiten schwarze De­signerautos durch die Städte. In den Fahrzeugen befinden sich große Computerdisplays, aber kein Lenkrad. Die futuristischen Flitzer fahren wie von Geisterhand gelenkt überallhin. Der größte Schreck: Auf der Motorhaube vom Auto des Jahres 2020 prangt kein BMW- oder VW-Logo – sondern das des US-Smartphone-Giganten Apple ...
Die Sorgen der klassischen Autohersteller sind berechtigt. Denn es verdichten sich die Hinweise, dass Apple bereits Mitarbeiter von Tesla abwirbt, um ein selbst fahrendes Auto auf die Straße zu bringen.
Als jahrelanger Apple-Zulieferer ist Manz-Chef Dieter Manz oft vor Ort in Cupertino. Im Gespräch mit dem AKTIONÄR stellt er fest: „Google oder Apple haben einen Vorsprung gegenüber deutschen oder japanischen Automobilherstellern, da sie über die notwendigen Kartendaten verfügen.“

BMW: Lösung hochgenaue Karten
Lieschen Müller setzt sich nur in das Auto der Zukunft, wenn 100-prozentig sicher ist, wohin sie gefahren wird. BMW, Daimler oder VW können den Kampf gegen Apple, Tesla oder Google daher nur durch hohe Investitionen in die Digitalisierung und Navigation gewinnen.
Ein BMW-Sprecher erklärte gegenüber dem AKTIONÄR: „Der Schritt vom teilautomatisierten zum hochautomatisierten Fahren stellt, insbesondere aufgrund des Wegfalls einer dauerhaften Überwachung durch den Fahrer, eine große technische Herausforderung dar.“ Es würden sich enorme, bisher nicht da gewesene Schwierigkeiten ergeben. Die Lösung? „Hochgenaue Karten.“ So könne der Vorausschau-Horizont auch über die Reichweite der Sensoren hinaus erhöht werden. Hochgenaue Karten würden einen wichtigen Beitrag zur Beherrschung des hochautomatisierten Fahrens leisten. Auch Daimler bestätigt: „Hochpräzises Kartenmaterial ist essenziell.“ BMW und Daimler sind auch Kunden von TomTom, vertrauen aber primär auf Nokia. VW hingegen setzt nun auf eine besonders enge Zusammenarbeit mit TomTom.

 

TomTom: Großauftrag von VW
VW ist aufgewacht. Bereits im Oktober 2014 wurde eine Kooperation gemeldet. Gemeinsam soll eine digitale Karte für das automatisierte Fahren entwickelt werden. VW traut den Niederländern zu, seine bestehenden Kartendaten über den Straßenverlauf und Straßennamen durch Informationen über Fahrstreifen und die Position von Ampeln so zu verbessern, dass VWs und Audis künftig wie von selbst über die Straßen gleiten können. 2015 will TomTom dafür seine Technologie zur Erstellung von Kartendaten komplett umgestellt haben, um etwa Änderungen im Straßenverkehr in Realtime zu erfassen und an die angeschlossenen Autos weiterzugeben.
Am 12. Februar 2015 wurde die Zusammenarbeit mit einem Mehrjahresvertrag zur Ausstattung von Audi- und VW-Modellen mit Navigations- und Traffic-Informationen von TomTom untermauert.
Jetzt zahlt sich aus, dass TomTom 2007 den Konkurrenten Garmin beim Wettbieten um TeleAtlas ausgestochen hatte. Satte 2,9 Milliarden Euro war TomTom der Erwerb des Erstellers von digitalen Karten und Geoinformationen wert. Eine Kaufsumme, die bisher stets als zu hoch galt. Schließlich ist die gesamte TomTom derzeit mit 1,7 Milliarden Euro weniger wert als die für TeleAtlas bezahlte Summe.

Geschäft im Umbruch
Der jahrelange Niedergang der Aktie lag vor allem am rückläufigen Geschäft mit klassischen Navigationssystemen, welche per Saugnapf an die Windschutzscheibe befestigt werden. Denn einerseits nutzen immer mehr Menschen eine Navigations-App auf ihren Smartphones. Andererseits bieten viele Hersteller längst fest verbaute Systeme an. Nachdem TomTom 2008, im Jahr nach der TeleAtlas-Übernahme, noch 1,7 Milliarden Euro erlöst hatte, bröckelte das Geschäft Jahr für Jahr weg. 2014 gingen nur noch 950 Millionen Euro durch die Bücher.
Doch TomTom fängt den Rückgang im Bereich Privatkunden mehr und mehr durch Partnerschaften direkt mit Autoherstellern und Smartphone-Herstellern auf. Seit Kurzem integriert etwa Acer Navi-Lösungen von TomTom in seine Smartphones.
Hinzu kommt, dass TomTom verstärkt auf Nischenlösungen wie Jogging- oder Wanderuhren mit integriertem Navi setzt. Der Clou dabei: TomTom bietet seinen Kunden mittlerweile auch Informationen über die Steigung von Straßen oder Wanderwegen an.
Nach einer jahrelangen Talfahrt der Geschäftsergebnisse trauen Analysten den Niederländern 2016 daher den Sprung zurück über die Milliarden-Euro-Umsatzgrenze zu. Der Gewinn soll nächstes Jahr überproportional um 50 Prozent zulegen, womit das KGV auf moderate 23 fallen würde.

Gut schlafen mit TomTom
Der Turnaround und die Bewertung sprechen für die Aktie. Auch Übernahmefantasie könnte das Papier beflügeln. Bereits 2006 gab es Gerüchte, Microsoft sei an den Niederländern interessiert. 2012 machten Spekulationen die Runde, dass Apple seinen Kartenpartner TomTom schlucken könnte. Jetzt könnten Autohersteller als Interessenten in den Fokus rücken. Schließlich werden Kartendaten immer wichtiger. Firmen wie Volkswagen rücken bereits im operativen Geschäft näher an den Kartenspezialisten heran. Denn nur wenn VW und Co noch mehr in Kartenmaterial wie das von TomTom investieren, können ihre Topmanager weiterhin seelenruhig schlafen. Mutige sogar am Steuer ihres Autos.

Dieser Artikel ist in der AKTIONÄR-Ausgabe 11/2015 erschienen.

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