Am morgigen Donnerstag lädt Airbus zur Hauptversammlung nach Amsterdam, Geschäftszahlen zum ersten Quartal werden erst am 29. April erwartet. Dennoch gibt es bereits heute gute Neuigkeiten, darunter eine von der US-Fluggesellschaft Delta Air. Dem Aktienkurs von Airbus hilft das am Vormittag jedoch nicht. Was ist da los?
Es wird eine ungewöhnliche HV: Vorstand und Management werden nicht vor Ort sein, geleitet wird das Aktionärstreffen am 16. April von einem niederländischen Anwalt. Anteilsinhaber wird man wohl auch nicht sehen. Denn Airbus empfiehlt dringend, sich wegen Covid-19 besser vertreten zu lassen. Die Hauptversammlung findet ansonsten unter strengen Corona-Regeln statt, heißt es auf der Investors-Relations-Seite von Airbus.
Wegen der Corona-Krise müssen die Aktionäre wohl ohnehin auf eine Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr verzichten. Der Flugzeugbauer hatte in der vergangenen Woche bekannt gegeben, wegen der klammen Lage seiner Airline-Kunden seine Produktion bis auf weiteres um rund ein Drittel zu drosseln (DER AKTIONÄR berichtete). Die Auswirkungen der Pandemie seien beispiellos, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury vor einer Woche.
Airbus-Chef für schnelles Ende des Lockdown
Doch die Produktion läuft, wenn auch durch rigorose Ausgangsbeschränkungen behindert. Früh haben Faury und seine Mitarbeiter begonnen, die Werke auf eine Produktion unter den Bedingungen des Virus umzustellen – durch eine neue Arbeitsorganisation, bei der Schutz vor einer Infektion an erster Stelle steht, schreibt das Handelsblatt.
Airbus hat Werke für die Endmontage von Zivilflugzeugen außer in Europa auch in China, in den USA und in Kanada. Im Januar rutschte der Standort Tianjin als erster in die Krise. Die Corona-Dinge eskalierten in China sehr schnell, sagt Faury. "Unsere Teams mussten die ganze Organisation neu erfinden." Jetzt werde mit Masken und mit Schutzanzügen gearbeitet. Zudem werde viel Zeit mit der Reinigung vor und nach jeder Schicht zugebracht, so Faury zum Handelsblatt. Der Aufwand lohne sich, sagt der CEO, denn 99 Prozent der Belegschaft in Tianjin arbeiteten inzwischen wieder.
Der Airbus-Chef ist deshalb dafür, den Lockdown auch in Europa so schnell wie möglich zu beenden. Das Werk in Hamburg – Schwerpunkt für die wichtigste Flugzeugfamilie A320 – läuft mittlerweile wieder mit ungefähr halber Kapazität. In Frankreich und in Spanien könne wegen der dortigen Ausgangssperren aber noch nicht gearbeitet werden.
Delta übernimmt Storno
Auch wenn einige Airlines manche Airbus-Aufträge auf spätere Zeitpunkte nach hinten schieben, storniert hat– im Gegensatz zum US-Konkurrenten Boeing – noch fast keine. Einen zuvor stornierten Milliarden-Auftrag über zehn Airbus A350-Jets von der chilenischen Latam Airlines hat gerade Delta Air Lines übernommen. Allerdings wurde die Auslieferung der Flugzeuge auf 2025 nach hinten verschoben. Die US-Airline leidet derzeit massiv unter den Flugausfällen und hat Staatshilfen beantragt.
Die Airbus-Aktie rutscht am Mittwoch wieder ab. Am Vormittag beträgt das Minus zeitweise rund fünf Prozent, der Kurs fällt auf unter 57 Euro. Charttechnisch bedeutsam ist, dass die Zone um 50 Euro nicht nachhaltig unterschritten wird, falls der MDAX-Wert weiter abrutscht. Auf jeden Fall sollte das Korrektur-Tief bei 47,70 Euro halten.
Einige Analysten sind weiterhin zuversichtlich für Airbus. Die britische Investmentbank Barclays hat die Einstufung auf "Overweight" mit einem Kursziel von 69 Euro belassen. Spätenstens mit den Quartalszahlen Ende April werde es Klarheit hinsichtlich der finanzielle Folgen der niedrigen Flugauslieferungen geben, schrieb Analystin Milene Kerner in einer aktuellen Studie.
Auch die Schweizer Bank Credit Suisse hat die Einstufung für Airbus auf "Outperform" belassen und das Kursziel von 87 Euro bestätigt. Der Flugzeugbauer dürfte im abgelaufenen Quartal zwar etwa zehn Milliarden Euro an Liquiditätsreserven eingebüßt haben, schrieb Analyst Olivier Brochet. Das operative Ergebnis (Ebit) könnte sich deshalb gegenüber dem ersten Jahresviertel 2019 in etwa halbiert haben. Die mittelfristigen Aussichten bleiben jedoch gut.
DER AKTIONÄR hatte in der jüngsten Schwächeperiode mutigen Anlegern empfohlen, das aktuell sehr niedrige Kursniveau zum Aufbau einer ersten Position zu nutzen. Langfristig bleibt DER AKTIONÄR optimistisch, dass sich die Erholung fortsetzen wird. Eine Turnaround-Spekulation sollte jedoch bei 47 Euro mit einem Stopp-Loss abgesichert werden.
Welche Aktien sich in der Corona-Krise auf absehbare Zeit wohl besser schlagen, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe vom AKTIONÄR.