Enttäuschende Halbjahreszahlen haben die Aktie des niederländischen Zahlungsabwicklers Adyen am Donnerstag um bis zu 40 Prozent einbrechen lassen. Auch am heutigen Freitag taumelt sie weiter nach unten. Der Grund: Zahlreiche Analysten haben sich kritisch zu Wort gemeldet – und dabei teils sogar die Wachstumsstory in Zweifel gezogen.
Nach der Zahlenvorlage am Vortag hat Berenberg-Analystin Tammy Qiu nun ihre Kaufempfehlung gestrichen und die Aktie auf „Hold“ abgestuft. Das Kursziel senkte sie bei dieser Gelegenheit deutlich – von 1.950 auf 1.095 Euro. Der Quartalsbericht habe ein verlangsamtes Wachstum gezeigt und eine geringer als erwartete EBITDA-Marge, schrieb sie zur Begründung.
Das Kernelement für die Adyen-Investmentthese sei ein kontinuierliches, starkes Wachstum. Nun aber gebe es Zweifel über das Wachstumsniveau. Zudem fehle bis Ende 2024 auch eine operative Hebelwirkung.
In dieselbe Kerbe schlug auch James Goodman von der britischen Investmentbank Barclays. Er sieht durch die enttäuschende Entwicklung im ersten Halbjahr die Wachstumsthese von Adyen in Frage gestellt. Das gelte auch für die Preissetzungsmacht und die Wettbewerbsdifferenzierung des Zahlungsabwicklers.
Adyen bleibe für ihn zwar ein großartiges Unternehmen, aber die Gefahr eines womöglich noch schwächeren zweiten Halbjahres hindere ihn an einer Hochstufung der Aktie. Folglich hat Goodman sein „Equal-weight“-Rating bestätigt und das Kursziel von 1.600 auf 1.150 Euro gesenkt.
Die Analysten der Investmentbank Bryan Garnier gehen sogar noch einen Schritt weiter und haben eine Verkaufsempfehlung für die Aktie ausgesprochen. Ihr Kursziel strichen sie von 1.400 auf 880 Euro zusammen – sie sehen Adyen damit aktuell nahezu fair bewertet.
Selbst die Bullen müssen reagieren
Die Adyen-Bullen von JPMorgan haben ihre Kaufempfehlung zwar bestätigt. Sie kommen angesichts der enormen Kursverluste der letzten Tage aber nicht umhin, den fairen Wert von 1.850 auf 1.500 Euro zu senken. Nach dem Crash signalisiert Analyst Sandeep Deshpande damit immer noch rund 75 Prozent Luft nach oben. Er stellte aber auch fest, dass es für den Zahlungsabwickler keinen Freifahrtschein für Ausgaben gebe, wenn das Wachstum unter der mittelfristigen Prognose liegt.
Der Kurs von Adyen ist seit der Zahlenvorlage am Donnerstagmorgen um mehr als 40 Prozent eingebrochen und bei 844 Euro auf den tiefsten Stand seit April 2020 gefallen. Damit scheint die Aktie zwar reif für eine technische Gegenbewegung, kurz- und mittelfristig dürften aber weitere Analysten eine Neubewertung der Lage vornehmen. Anleger meiden die Aktie weiterhin.
Mit Material von dpa-AFX.