Am morgigen Dienstag (26. Januar) findet in München die Hauptversammlung von Siemens statt. Für ausreichend Diskussionsstoff ist gesorgt: Neben den Fortschritten beim Konzernumbau und den Auswirkungen des Ölpreisverfalls wird Konzernchef Joe Kaeser wohl auch die vorzeitigen Wiederwahl von drei Aufsichtsratsmitgliedern erklären müssen.
Bereits im vergangenen Jahr musste sich Kaeser bohrende Fragen zum milliardenschweren Zukauf des Ölindustrie-Zulieferers Dresser-Rand gefallen lassen. Mit der Übernahme wollte Siemens am Fracking-Boom teilhaben, doch der Ölpreisverfall als Folge des Überangebots und der sinkenden Nachfrage in vielen Schwellenländern haben die Pläne durchkreuzt. In einem Interview mit Bloomberg TV deutete der Manager bereits sinkende Bestellungen aus der Branche an. Grund zur Sorge sei das aber nicht, so Kaeser.
Strittige Personalentscheidungen
Für Diskussionen dürfte auch die geplante, vorzeitige Wiederwahl von drei Aufsichtsratsmitgliedern sorgen. Neben der Chefin des Maschinenbauers Trumpf, Nicola Leibinger-Kammüller, und dem früheren SAP -Co-Chef Jim Hagemann Snabe soll auch der ehemalige Bayer-Chef Werner Wenning im Amt bestätigt werden. Widerstand gegen den Schritt kommt von den Siemens-Belegschaftsaktionären, die laut Gegenantrag keine Notwendigkeit für „das Herausheben von drei Personen“ sehen.
Offiziell verweist Siemens zur Begründung der vorgezogenen Wiederwahl auf Kontinuität bei der Umsetzung von Kaeser Unternehmensprogramm „Vision 2020“. Laut einem Bericht der Welt werde unter den Investoren allerdings über einen „geheimen Masterplan“ spekuliert, der Kaesers Weg an die Aufsichtsratsspitze bis zum Jahr 2020 ebnen soll.
Siemens selbst wollte sich zu den Spekulationen zunächst nicht äußern. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment hält das Szenario aber für wenig realistisch. Kaeser müsse die „Vision 2020“ erst erfolgreich zu Ende bringen, um für das Amt in Frage zu kommen.
Fortschritte beim Umbau
Für den radikalen Konzernumbau stellte der Fondsmanager Kaeser indes ein positives Zwischenzeugnis aus: Er habe die richtigen Weichenstellungen vorgenommen, um den Konzern profitabler, schlagkräftiger und schneller zu machen.
Das erste Quartal des Geschäftsjahres 2015/16 (bis 30. September) dürfte für Siemens nach Analystenschätzungen derweil vergleichsweise ordentlich gelaufen sein. Die Experten prognostizieren mehr Umsatz – auch dank der Euro-Schwäche und höhere Auftragseingänge – bei etwas weniger Gewinn. Die endgültigen Q1-Zahlen wird Siemens im Rahmen der Hauptversammlung bekanntgeben.
Kauflimit setzten!
Die Aktie von Siemens steht gegenwärtig nicht auf der Empfehlungsliste des AKTIONÄR – auf dem aktuellen Niveau bietet sich auch kein direkter Einstieg an. Anleger, die auf ein Comeback des Traditionsunternehmens setzten wollen, können sich mit einem Kauflimit im Bereich zwischen 76 und 78 Euro auf die Lauer legen.
(Mit Material von dpa-AFX)