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20.05.2017 Thorsten Küfner

Ryanair: Irischer Überflieger

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Lufthansa

Der irische Billigflieger Ryanair ringt dank seiner nahezu unschlagbar günstigen Preise den Rivalen, Lufthansa, Air Berlin und Co stetig weitere Marktanteile ab. Die Anteilscheine haben erst kürzlich ein neues Allzeithoch markiert. Und immer noch hat der Aktienkurs reichlich Luft nach oben!

Über viele Jahre hinweg war der wohl erfolgreichste Investor der vergangene Jahrzehnte, Warren Buffett, wahrlich kein Freund von Airline-Aktien. Er betonte, diese Titel seien „ein schlechtes Geschäft“ oder gar „Todesfallen“. Doch vor einigen Monaten wurde bekannt, dass seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway sich bei einigen US-Airlines eingekauft hatte. Spätestens diese Nachricht wurde von zahlreichen Börsenprofis als Signal gewertet, dass nach Jahren des Siechtums bei den meisten Fluglinien nun auch in diesem Sektor wieder bessere Zeiten anstehen. Zumal die Branche angesichts der nun schon einige Jahre laufenden Hausse wohl eine der letzten sein dürfte, in der Anleger noch Aktien zu wirklich günstigen Bewertungen einsammeln können.

Neues Allzeithoch
Die bessere Stimmung unter den Börsianern passt auch gut zu der fundamentalen Entwicklung: Die Konjunktur in vielen Industrieländern sowie in wichtigen Schwellenländern zeigt sich robust. Die Passagierzahlen steigen rund um den Globus. Hinzu kam zuletzt noch Rückenwind von den Rohstoffmärkten in Form wieder sinkender Rohölpreise. Kein Wunder also, dass in den vergangenen Monaten viele Luftfahrt-Aktien deutlich zulegen konnten – wobei vor allem eine wieder besonders hervorstach: So ist die Aktie von Ryanair auf ein neues Allzeithoch bei über 16 Euro geklettert. Während die Aktie des irischen Billigfliegers und europäischen Marktführers jetzt also „so teuer wie nie zuvor“ ist (wobei etwa das KGV mit 13 noch unter dem historischen Durchschnitt von 15 liegt und das PEG nur 0,6 beträgt), sind hingegen die durchschnittlichen Flugpreise der Iren auf vielen Strecken historisch günstig.

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Ryanair-Chef Michael O`Leary kündigte im Gespräch mit der FAZ sogar an, er könne sich durchaus vorstellen, dass Ryanair künftig Tarife für 0 (in Worten: null) Euro anbieten werde. Das Unternehmen wür­de dann eben an Servicegebühren sowie den Erlösen durch Verkäufe an Bord ver­dienen (womit Ryanair derzeit knapp 30 Prozent der Erlöse erzielt) – und es nebenbei der Kon­kurrenz aus Lufthansa, Air Berlin und Co noch schwerer als ohnehin schon ma­­chen.

Attacke in Deutschland
Gerade die beiden deutschen Airlines scheinen derzeit O‘Leary ein Dorn im Auge zu sein. Bereits mehrfach hat sich der Ire über die „Zusammenarbeit“ der beiden deutschen Marktführer aufgeregt. Der jüngste Deal ist in seinen Augen: „Ein Witz! Die Lufthansa zerschlägt Air Berlin unter dem Feigenblatt eines Miet-Deals und kauft so ihren einzigen einheimischen Rivalen.“ Während die Wettbewerbsbehörden aber nicht gegen dieses „Quasi-Kartell“ aus der deutschen Nummer 1 (Lufthansa) und Nummer 2 (Air Berlin) vorgehen, schaltet die Nummer 3 (Ryanair) nun in Deutschland einen Gang höher: Entgegen der bisherigen Firmenpolitik fliegt der Konzern nun nicht mehr nur von Provinzflughäfen aus, sondern auch vom Frankfurter Flughafen. Allerdings erfolgte dieser regelrecht historische Schritt nur deshalb, weil Fraport den Iren einen stattlichen Rabatt gewährte. Dies belegt aber einmal mehr die mittlerweile enorme Marktmacht von Ryanair. Konzernchef O‘Leary ist sich indes sicher, dass sein Unternehmen den deutschen Platzhirschen weiter das Wasser abgraben wird. Schließlich kennt auch er das Faible vieler Deutscher für echte Schnäppchen und erklärte bereits vor Jahren: „Die Deutschen würden für billige Flüge splitterfasernackt über Glasscherben kriechen.“

Dass auch viele andere Europäer beim Fliegen verstärkt auf den Preis schauen, zeigt die Tatsache, dass Ryanair bereits in Spanien, Italien (wo Ryanair durch die Insolvenz von Alitalia in den nächsten Jahren bald noch weiter kräftig wachsen wird), Belgien, Polen und natürlich im Heimatmarkt Irland Marktführer ist. In Großbritannien, Portugal oder auch Griechenland ist es die Nummer 2 – vorerst zumindest.

Enorm starke Kostenkontrolle
Das Erfolgsgeheimnis der Iren liegt schlicht und ergreifend in den extrem niedrigen Kosten. Ryanair nutzt seine Größenvorteile als Marktführer nahezu perfekt aus und sorgt regelmäßig für prall gefüllte Maschinen: Ryanairs Auslastung lag im April bei beeindruckenden 96 Prozent. Zum Vergleich: Lufthansa und Air Berlin liegen meist bei etwa 80 Prozent. Zudem helfen auch die einfachen Strukturen, die gerade im Verhältnis zu den gemäß den Tarifverträgen entlohnten Piloten bei Lufthansa und Co günstigen Gehälter und cleveres Hedging der Kerosinpreise.

Bei Ryanair wird auch stetig weiter an der Kostenschraube gedreht. Es schreckt ähnlich wie etwa Amazon auch nicht davor zurück, Gedankenspiele der eigenen Kannibalisierung durchzuspielen. Selbst Flüge ohne Piloten, Stehplätze oder Toilettengebühren wurden thematisiert – wobei dies natürlich auch gerne genutzt wurde, um wieder öffentlichkeitswirksam in den Schlagzeilen aufzutauchen und somit weitere Kosten sparen zu können, diesmal eben beim Werbeetat. Auch diesbezüglich zeigt sich Ryanair einfach kreativer als die Konkurrenz. Nur wenigen Airlines gelingt es beispielsweise, derart häufig mit witzigen Kampagnen auf Twitter oder Facebook für (positive) Aufmerksamkeit zu sorgen – und das ebenfalls nahezu zum Nulltarif.

Eine klassische „Lynch-Aktie“
Ryanair dürfte indes auch einer eher auf US-Aktien fokussierten US-Börsenikone sehr gut gefallen: Peter Lynch. Der langjährige Fondsmanager des Magellan Fund und Buchautor war stets auf der Suche nach potenziellen Ten-Baggern, also Aktien, deren Kurs sich verzehnfachen könnte. Dafür kamen seiner Ansicht nach vor allem jene Firmen in Betracht, die mit ihrem Geschäftsmodell in bestimmten Regionen bereits Erfolg hatten und damit Stück für Stück auch neue Märkte erobern wollten – also ähnlich wie es Ryanair derzeit macht.

So mischt das Unternehmen stetig neue Märkte auf. Nachdem es in Europa bereits zum Marktführer aufgestiegen ist, plant man bei Ryanair derzeit sorgfältig die Expansion auf andere Kontinente. So sollen bald auch in Lateinamerika Ryanairs Billigtarife angeboten werden – zum Wohle der Passagiere sowie natürlich auch der eigenen Aktionäre.

Noch reichlich Luft nach oben
Ryanair verfügt gegenüber der Konkurrenz über enorme Kostenvorteile. Umsätze und Gewinne legen stetig weiter zu und die Bewertung ist angesichts der konstanten Wachstumsraten immer noch günstig. Da das Momentum für Airline-Aktien spricht und die Ryanair-Titel durch das jüngste Allzeithoch ein neues Kaufsignal generiert haben, können Anleger weiter zugreifen.

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 19/2017.

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