Um die richtige Mobilitätsstrategie Deutschlands ist ein Streit entbrannt. Zum einen schießen die Grünen gegen den Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU, die FDP wiederum plädiert für Technologieoffenheit. Jede Partei verfolgt eine eigene Strategie. Und dann gibt es noch eine Gruppe von Lungenärzten, die die in Deutschland geltenden Grenzwerte generell infrage stellt. Dass zwischen Diesel-Bashing und dem Hin- und Herschieben des schwarzen Peters die Automobilindustrie mit dem Rücken zur Wand steht, interessiert die Riege in Berlin nur wenig. Gerade der Automobilsektor, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, leidet unter den teils verfehlten Debatten und dem bevorstehenden Umbruch in der Branche.
Die Aktien von Daimler, BMW, Leoni und Co sprechen Bände. Doch es gibt saubere Alternativen, denen aber von der Politik auch Steine in den Weg gelegt werden. Claus Sauter von der Verbio Vereinigte Bioenergie AG kann ein Lied davon singen. Seit Jahren kämpft sein Unternehmen mit schwierigen Rahmenbedingungen und um eine stärkere Akzeptanz von Biokraftstoffen. Nun versucht Sauter mit „Biomethan aus Stroh“ in Übersee Fuß zu fassen.
Biomethan ist eine günstige Alternative. Quelle: Verbio
Auf nach Indien und in die USA
Verbio produziert neben Biomethan (CNG) aus Stroh auch Bioethanol und Biodiesel. Hinzu kommt die Sterolproduktion. Gerade in Sachen Biomethan will das Management rund um Sauter Gas geben – im November 2018 erwarb Verbio eine Zellulose-Ethanol-Anlage von DuPont in den USA. Den Standort will das deutsche Unternehmen um eine Stroh-Biomethan-Produktion erweitern. Kostenpunkt: 25 bis 35 Millionen Dollar. Darüber hinaus will Verbio vom CNG-Boom in Indien profitieren. Die Weichen dafür sind gestellt – in Sangrur soll der Bau der Biomethan-Anlage im Sommer beginnen. Warum gerade Indien? Das Land hat ein enormes Luftverschmutzungsproblem. „Die Voraussetzungen sind vielversprechend. Es stehen gewaltige Ressourcen an Reststoffen für Biomethan zur Verfügung, die gegenwärtig einfach auf den Feldern verbrannt werden“, so Firmenlenker Sauter gegenüber DER AKTIONÄR.
Verbio betritt in den beiden Ländern Neuland, doch die fehlende politische Akzeptanz von Biokraftstoffen in Deutschland und in Europa zwingt den Biokraftstoff-Hersteller zu diesem Schritt. Ohne Frage: Die Expansion birgt Chancen, aber auch Risiken. Doch DER AKTIONÄR traut dem erfahrenen Management eine erfolgreiche Umsetzung des Expansionskurses zu – neben einer soliden fundamentalen Entwicklung bei den bestehenden Anlagen in Deutschland, die Verbio zuletzt ein hervorragendes Halbjahresergebnis beschert haben.
Fundamental auf Kurs
Ausgerechnet hohe Biodiesel-Margen bescherten Verbio das beste Halbjahr der Unternehmensgeschichte. Zwischen Anfang Juli und Ende Dezember 2018 steigerte die Gesellschaft den Umsatz zwar nur moderat um rund acht Prozent auf 380 Millionen Euro. Doch die verbesserte EBITDA-Marge von 9 auf 15 Prozent befeuerte die Ergebnisentwicklung. Satte 88 Prozent kletterte das EBITDA im Berichtszeitraum auf 57 Millionen Euro – trotz rückläufiger Produktion von 367 auf 361 Millionen Tonnen. Das Geschäft brummt: Im Dezember reagierte Verbio bereits auf die Sonderkonjunktur durch das anhaltende Niedrigwasser in Deutschlands Flüssen.
Für das Geschäftsjahr 2018/2019 (bis Ende Juni) rechnet Verbio nun mit einem EBITDA in einer Größenordnung von 80 Millionen Euro nach zuvor prognostizierten 45 Millionen Euro. Heißt: Per Ende Dezember sind bereits etwa 70 Prozent des neuen Gewinnziels erreicht. Gut möglich, dass Verbio im ersten Halbjahr abermals die Ergebnisprognose nach oben anpasst. Hinzu kommt das Netto-Finanzguthaben von knapp 97 Millionen Euro per Ende 2018 – ein attraktives Liquiditätspolster, was für Neuinvestitionen bereitsteht oder in die Ausschüttung lukrativer Dividendenzahlungen fließen könnte. Zuletzt erhielten Verbio-Aktionäre für das Fiskaljahr 2017/2018 eine Ausschüttung in Höhe von 0,20 Euro pro Papier. Das kann sich sehen lassen!
Spekulative 50%-Chance
Verbio befindet sich fundamental klar auf Kurs. Abzüglich des Nettofinanzguthabens bewertet die Börse das Unternehmen mit rund 338 Millionen Euro bei einem angepeilten EBITDA von etwa 80 Millionen Euro. Und ergebnisseitig besteht noch Luft nach oben – wie beim Aktienkurs. Kann Verbio an die jüngsten Erfolge anknüpfen und die Expansion planmäßig vorantreiben, sollten die Papiere des Bioenergie-Produzenten wieder in zweistellige Kursregionen vorstoßen. Dennoch handelt es sich bei Verbio um einen Nebenwert mit spekulativem Charakter – denn das Geschäftsmodell ist anfällig für Preisschwankungen und abhängig von den politischen Rahmenbedingungen.
Hinweis: Dieser Artikel erschien bereits in der Ausgabe 08/2019 als Hot-Stock der Woche. Hier geht es zum Download.