PARIS (dpa-AFX) - Mehr E-Autos auf den Straßen, mehr Wärmepumpen in den Häusern, mehr Strom aus Photovoltaik - der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge wird die Welt hinsichtlich der Energieversorgung bereits Ende des Jahrzehnts entschieden anders aufgestellt sein als noch heute. Das teilte die in Paris ansässige Organisation am Dienstag zur Veröffentlichung ihres diesjährigen Energieausblicks mit. Doch der Bericht schaut nicht nur auf den Strommix der Zukunft, sondern nimmt auch Sicherheit und den Klimawandel in den Blick. Zentrale Punkte:
Erneuerbare Energien weiten sich aus
"Der phänomenale Aufstieg sauberer Energietechnologien wie Solarkraft, Windkraft, E-Autos und Wärmepumpen gestaltet um, wie wir alles von Fabriken und Fahrzeugen zu Haushaltsgeräten und Heizsystemen antreiben", schreibt die IEA. 2030 sollen saubere Energien mit knapp 50 Prozent erheblich stärker im Strommix vertreten sein als heute. Derzeit machen sie einen Anteil von etwa 30 Prozent aus.
Konkret prognostiziert die IEA, dass dann etwa zehn mal so viele Elektroautos auf den Straßen fahren und Wärmepumpen und andere elektrische Heizsysteme weltweit häufiger verkauft würden als Boiler mit Fossilenergie. Photovoltaik soll dann mehr Elektrizität generieren als das gesamte US-Stromsystem heute. Allein die Investitionen in Offshore-Windprojekte sollen dreimal höher liegen als in neue Kraftwerke, die mit Kohle oder Gas betrieben werden.
Der Anstieg der Erneuerbaren wirkt sich der IEA zufolge ebenso wie strukturelle wirtschaftliche Veränderungen auf fossile Brennstoffe aus. Erstmals sieht der Energieausblick basierend auf den aktuellen politischen Rahmenbedingungen die Nachfragehochs für Kohle, Öl und Erdgas in diesem Jahrzehnt erreicht. Schon 2025 könnte dann der höchste Wert von energiebedingten CO2-Emissionen ausgestoßen worden sein, die Fossilen 2030 nur noch 73 Prozent der weltweiten Energieversorgung ausmachen - statt wie seit Jahrzehnten 80 Prozent.
1,5-Grad-Ziel nur durch deutliche Maßnahmen erreichbar
Doch der IEA zufolge bleibt der Hunger nach fossilen Brennstoffen damit noch viel zu hoch, um das Ziel zu erreichen, die Erderhitzung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Die Organisation schlägt vor, die weltweite Kapazität von Erneuerbaren zu verdreifachen, bei Verbesserungen der Energieeffizienz merklich mehr Tempo zu machen und Methan-Emissionen von Fossilen um Drei Viertel zu reduzieren. Außerdem müssten Mechanismen geschaffen werden, um Investitionen in saubere Energien in ärmeren Ländern in die Höhe zu treiben. Schlussendlich müssten Fossile zudem weniger genutzt werden.
Die internationale Staatengemeinschaft strebt das 1,5-Grad-Ziel an, um die Überschreitung gefährlicher Kipppunkte mit unumkehrbaren Konsequenzen zu vermeiden und die katastrophalsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Dafür sind die bislang geplanten Maßnahmen der Staaten jedoch längst nicht ambitioniert genug. Derzeit steuert die Erde den Vereinten Nationen zufolge eher auf mehr als 2,5 Grad Erwärmung zu.
Energiesicherheit weiter unter Druck
Die drohende hohe Erderwärmung birgt auch Gefahren für den Energiesektor, wie die IEA schreibt. Denn die Energiesysteme seien für eine kältere Welt mit weniger extremem Wetter gebaut worden. Allgemein seien die Energiemärkte weiterhin angespannt, auch wenn der Druck leicht nachgelassen habe. "Das Risiko weiterer Beeinträchtigungen ist omnipräsent", schätzt die IEA. "Fortlaufende Kämpfe in der Ukraine mehr als ein Jahr nach der russischen Invasion werden nun von dem Risiko eines langwierigen Konflikts im Nahen Osten begleitet." Auf dem Gasmarkt könnte es der IEA zufolge jedoch bald Entspannung geben. Zahlreiche neue LNG-Projekte ab 2025 würden die Kapazität deutlich steigern, die Preise senken und Versorgungsängste mildern, wenngleich es gar zu einem Überangebot kommen könnte.
Einflussfaktor China
Chinas Wirtschaft durchlebe strukturelle Veränderungen, deren Ausmaß noch nicht vollumfänglich bekannt seien, schreibt die IEA. Die Energienachfrage des Landes könnte Mitte des Jahrzehnts ihr Hoch erreichen, der Bedarf an Fossilen sowie die fossilen Emissionen dürften sinken - mit Folgen für den globalen Energiesektor./rbo/DP/zb
Quelle: dpa-AFX