FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemiebranche fordert mehr Tempo bei den oft jahrelangen Zulassungsverfahren für Industrieanlagen. Der Umbau der Wirtschaft zur Treibhausgasneutralität werde zu viel mehr Genehmigungsverfahren führen, denn zahlreiche Industrieanlagen müssten modernisiert werden, teilte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Mittwoch in Frankfurt mit. Dringend nötig sei ein Beschleunigungsgesetz für Planungs- und Genehmigungsverfahren auch für Industrieanlagen. Wenn die Politik Klimaschutzhemmnisse abbauen wolle, dürfe sie sich nicht auf Windräder beschränken, sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
Die Chemieindustrie verbraucht viel Strom und Gas. Die Umrüstung von Anlagen für mehr Klimaschutz auf Druck der Politik drängt daher.
Zu dem Thema hat der VCI eine Studie beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und ein Gutachten bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Auftrag gegeben. Laut IW gibt es 50 000 genehmigungspflichtige Industrieanlagen in Deutschland. Sobald eine davon verändert werden soll, sei eine behördliche Genehmigung nötig. Jährlich würden 1500 Verfahren zu Industrieanlagen auf Basis des Bundesimmissionsschutzgesetzes abgewickelt. Die Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung dauerten bis zur Genehmigung oft fünf bis acht Jahre. "Das ist fatal, denn zu den Anlagen zählen solche, die für die Dekarbonisierung der deutschen Industrie unverzichtbar sind", erklärte IW-Direktor Michael Hüther.
Der VCI forderte eine gezieltere Beteiligung der Öffentlichkeit an Verfahren, weniger Bürokratie, mehr Fachkräfte sowie eine bessere IT-Ausstattung in Behörden. Das Verbandsklagerecht soll demnach gestrafft werden, indem Oberverwaltungsgerichte bei Großvorhaben schon als erste Instanz zuständig sind. Stefan Altenschmidt von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft plädierte für eine völlige Digitalisierung bei der Beteiligung der Öffentlichkeit. Eine Akteneinsicht in Behörden sei nicht mehr zeitgemäß./als/DP/mis
Quelle: dpa-AFX