Die Brennstoffzelle bringt nicht nur neuen Schwung für die Autobranche. Besonders hohes Potenzial verspricht grüner Wasserstoff für das Eigenheim.
Jeder kennt Eigenheimbesitzer, die stolz von ihrer Solaranlage auf dem Dach und ihren damit geladenen Tesla in der Garage berichten. Doch vor einer Frage haben sie Angst: „Und was ist, wenn es schneit?“
Bisher muss spätestens im Winter, wenn die Speicherbatterien längst leer sind, Strom aus der Steckdose gekauft werden. Doch auch dieses Problem wird nun gelöst: mit Wasserstoff!
Das Berliner Start-up HPS etwa plant die Massenproduktion seines Picea-Systems, welches Strom aus Solarkraft für den Winter in Wasserstoff-Tanks speichert – rund 100-mal so viel Energie wie mit Batterien kann so in den Winter gebracht werden. Der Traum einer 100-prozentigen Energieunabhängigkeit vom Stromnetz wird damit Realität.
Spannend dabei: HPS setzt in seinem Produkt auf Brennstoffzellen unserer laufenden Empfehlung Ballard Power. Auch Powercell hat bereits Brennstoffzellen für Anwendungen in Häusern im Angebot.
Und während in Japan entsprechende Gebäude schon seit Jahren zum Stadtbild gehören, startet dieser Trend nun auch hierzulande durch.
Studie: Wasserstoff spart 360 Milliarden Euro bis 2050
Jetzt hat sich der deutsche Heizungsbauer Viessmann mit beeindruckenden Zahlen zu Wort gemeldet. Der Wärmemarkt stehe derzeit für bis zu 50 Prozent der CO2-Emissionen und sei damit der relevanteste Sektor bei der Energiewende. Im Hintergrundgespräch erläuterte uns der Viessmann-Sprecher: „Mit Einbindung von Wasserstoff-Anwendungen im Rahmen der Energiewende – insbesondere im Gebäudesektor – sind 360 Milliarden Euro Einsparungen bis zum Jahr 2050 beim Ausbau möglich.“
Und der Run auf die Brennstoffzelle für zu Hause beginnt: „Wir erhalten dank neuer Förderung im Brennstoffzellen-Bereich starken Rückenwind. Die Förderanträge insgesamt sind Anfang des Jahres um 170 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.“ Bereits Anfang des Jahres nannte uns Viessmann-Deutschland-Chef Dr. Frank Vossloh ein theoretisches Absatzpotenzial für Brennstoffzellen im Einfamilienhaus von 90.000 Stück allein in Deutschland.
Viessmann sieht große Chancen: „Die Heizungsindustrie bietet mit Brennstoffzellen und Gasbrennwertgeräten sowie der Beimischung zum Gas bereits konkret umsetzbare Anwendungen.“
HPS gewinnt direkt aus Solarstrom Wasserstoff. Bei Viessmann hingegen wird in einem Reformer aus Erdgas Wasserstoff erzeugt und dieser dann in Strom/ Wärme umgewandelt. Die Brennstoffzelle dafür liefert die japanische Panasonic, mit der man weiterhin „sehr zufrieden“ ist.
Darüber hinaus werde an Brennstoffzellen gearbeitet, die mit Wasserstoff-Anteilen im Erdgas arbeiten und auch an reinen Wasserstoff-Brennstoffzellen.
Grüner Wasserstoff: Shell und Co
Viessman hat viele Visionen: Bereits heute könnte etwa im bestehenden Netz dem Erdgas bis zu 20 Prozent Wasserstoff beigemischt werden. Noch ist grüner Wasserstoff jedoch teuer. Doch auch weil sogar Shell gerade angekündigt hat, seine Wasserstoff-Fabriken zu verzehnfachen, steigt die Menge und sinkt der Preis.
Bloomberg hat jüngst die Chancen für grünen Wasserstoff analysiert und kommt zu dem Schluss: Wasserstoff ist das „heißeste Thema im Bereich grüne Energie“. Noch sei grüner Wasserstoff mit einem Herstellungspreis zwischen 2,50 und 4,50 Dollar je Kilogramm nicht wettbewerbsfähig. Doch durch die Skalierung und eine effizientere Logistik könnte aus Solar oder Wind erzeugter Wasserstoff in den meisten Teilen der Welt 2050 schon zu Kosten zwischen 0,70 und 1,60 Dollar produziert werden. Auch diesbezüglich haben Eigenheimbesitzer einen großen Vorteil: Es gibt immer mehr Möglichkeiten, den kostbaren Wasserstoff einfach selbst zu produzieren.
Wasserstoff-Boom setzt sich fort
Auch weil kurz vor der US-Wahl noch einmal die Chance auf weitere Solar- und Wasserstoff-Förderungen steigt, bleiben Wasserstoff-Titel gefragt und im Aufwärtstrend.
Wir haben auch den Viessmann-Sprecher zum Hype befragt. Seine Meinung ist klar: „Das weltweit rasant steigende Interesse an Wasserstoff ist beeindruckend – doch in gewisser Weise gerechtfertigt, da hier ganze Branchen wie Gebäude oder Industrie revolutioniert werden können.“
Wasserstoff: Auto und Haus
Bisherige Highflyer unserer Empfehlungsliste wie Plug Power oder McPhy setzen primär auf Lösungen für den Verkehr. Doch langsam, aber sicher wird Wasserstoff für das Haus ein relevanter Wachstumsmarkt. Ballard Power profitiert davon. Wer es noch heißer und direkter mag: In der neuen Ausgabe des AKTIONÄR Hot Stock Report wird ein noch völlig unentdeckter Small Cap vorgestellt, der kleine Wasserstoff-Lösungen für Mehrfamilienhäuer anbietet.
Hinweis: McPhy und Plug Power befinden sich im Depot 2030.
Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 41/2020 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.