Der russische Gazprom-Konzern sorgt weiter für große Unruhe in Deutschland. Am Dienstag kündigte der Gasriese an, seine Gas-Lieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 um 40 Prozent zu reduzieren, am Mittwoch nun ein weiterer Schlag. Die Preise für Erdgas springen weiter hoch, die Bundesregierung versucht zu beruhigen.
Der russische Energiekonzern Gazprom reduziert die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland erneut. Von Donnerstagfrüh an werden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt, kündigte Gazprom am Mittwochnachmittag an.
Erneut begründete das russische Staatsunternehmen diesen Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens. Gemeint ist Siemens Energy, die eine in Reparatur befindliche Gasturbine wegen der von Kanada verhängten Sanktionen derzeit nicht zurückliefern kann (DER AKTIONÄR berichtete).
Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion der maximalen Liefermenge um 40 Prozent auf zunächst bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet. Das entspricht rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen Kubikmeter Gas. Die Bundesnetzagentur wies die Angaben von Gazprom, wonach Verzögerungen bei Reparaturen an einem Gasverdichter-Aggregat der Grund für die reduzierten Gasliefermengen seien, wenig später zurück.
Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Zuvor war schon die Leitung Jamal-Europa, die durch Polen führt, nicht mehr befüllt worden. Reduziert ist auch die Durchleitung von russischem Gas durch die Ukraine. Unter anderem durch die bisherigen Einschränkungen hatten sich die Energiepreise erhöht, weil insgesamt weniger Gas von Russland nach Europa fließt.
Mit den aktuellen Gas-Lieferkürzungen will Russland nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Unruhe stiften. "Die Begründung der russischen Seite ist schlicht vorgeschoben. Es ist offenkundig die Strategie, zu verunsichern und die Preise hochzutreiben", sagte der Grünen-Politiker.
"Aktuell können die Mengen am Markt beschafft werden, wenn auch zu hohen Preisen. Es wird aktuell noch eingespeichert", teilte Habeck mit. "Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet." Man beobachte die Lage aber sehr genau und sei über die Krisenstrukturen in engem Austausch. "Die aktuelle Lage zeigt aber auch: Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Und natürlich werden wir auch staatliche Maßnahmen ergreifen, wenn dies nötig ist."
Eine Sprecherin Habecks sagte, nach dem Schritt bei Nord Stream würden die Anstrengungen, die Gasspeicher in Deutschland aufzufüllen, nicht geringer. Die Stände der Gasspeicher lägen momentan bei rund 56 Prozent, so die Sprecherin. Stand heute werde weiter eingespeichert. Doch müsse die Lage natürlich genau beobachtet werden.
Nach der Mitteilung der weiteren Drosselung legten die Gaspreise kräftig zu. Am Terminmarkt in London verteuerte sich der Erdgas-Future um etwa 27 Prozent auf gut 250 Britische Pfund und erreichte das höchste Niveau seit Anfang April. Bereits am Dienstag hatte der Preis über 30 Prozent zugelegt. Die höchsten Preise wurden Anfang März erreicht, als der Future kurzzeitig bis über 500 Pfund anzog. (Mit Material von dpa-AFX)
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