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20.12.2022 Jochen Kauper

ElringKlinger: Vom Verbrennungsmotor zum Wasserstoff und E-Mobility-Anbieter

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ElringKlinger

Das dritte Quartal hat ElringKlinger mit einem Rekordumsatz abgeschlossen. Die Erlöse wurden in allen Regionen gesteigert. Der Auftragsbestand kletterte um 12,1 Prozent. Dennoch hat Vorstand Stefan Wolf noch einige Baustellen zu managen. Vielversprechend ist allerdings der Fokus von ElringKlinger auf die Themen Wasserstoff und Batterietechnik. DER AKTIONÄR sprach mit CEO Stefan Wolf über die Zukunft der Automobilindustrie und das Produktportfolio von ElringKlinger.


DER AKTIONÄR: Herr Wolf, bei der Vorlage der Q3-Zahlen haben Sie hervorgehoben, dass ElringKlinger von einer starken Stellung im klassischen Geschäft profitiert. Was entgegnen Sie den Menschen, die stark steigende Zulassungszahlen im E-Mobility-Sektor und den Untergang der Verbrenner vorhersagen?

STEFAN WOLF: Ja, die Verbrennungstechnologie sollte nicht vorschnell ganz abgeschrieben werden. Je nach Region und Anwendung wird der Verbrennungsmotor auch in Zukunft noch eine Rolle spielen. Deshalb wird ElringKlinger seine starke Markposition in diesem Bereich voll ausnutzen. Dennoch wird die Elektromobilität kommen, schnell und umfassend. Die Transformation ist tiefgreifend, darauf sind wir vorbereitet. Wir haben unsere Kompetenzen und unser Know-how genutzt, um innovative Lösungen für die Batterie- und Brennstoffzellentechnologie zu entwickeln, die wir vermarkten und stetig weiterentwickeln. Hier sind wir schon ein etablierter Player und haben bereits große Serienaufträge erhalten, beispielsweise über Zellkontaktiersysteme.

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Rezession, Inflation, Gaspreis, et cetera. Viele Experten gehen davon aus, dass die Wirtschaft massiv den Rückwärtsgang einlegen wird. Blicken Sie eher mit Sorgenfalten in die Zukunft oder entspannt?

Wir sehen ein gehäuftes Auftreten von geopolitischen Konflikten und wirtschaftlichen Herausforderungen in bisher unbekanntem Ausmaß. Natürlich beobachte ich diese Entwicklungen mit Sorge und erwarte auch eine Konsolidierung in der Branche. Trotzdem blicke ich positiv in die Zukunft, denn wir haben in Deutschland eine gute Grundlage durch die Tradition des Mittelstands und engagierten, gut ausgebildeten Belegschaften. Allerdings dürfen wir nicht stehen bleiben, sondern müssen weiter innovativ denken und handeln.

ElringKlinger (WKN: 785602)

Speziell auf die Auto-Industrie bezogen, so erwarten viele den Swing von einem Unterangebot hin zu einem Überangebot. Keine guten Aussichten für die Zulieferer. Wie sehen Sie die nächsten Monate?

Wie gerade gesagt, befinden wir uns nach wie vor in einem herausfordernden Umfeld, in einer Phase mit einem hohen Maß an Unsicherheiten und Risiken durch ein gehäuftes Auftreten von geopolitischen Konflikten und wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir bei ElringKlinger beobachten die Entwicklungen kontinuierlich und agieren umsichtig. Wir haben einen Rekordumsatz im Quartal erzielt und unseren Auftragsbestand gegenüber dem Vorjahr noch einmal steigern können. In Verbindung mit unserem breiten Produktportfolio sehen wir uns damit gut aufgestellt, gerade auch für die Transformation.

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Wie sehen Sie die deutschen Automobil-Hersteller positioniert, wenn man speziell das E-Mobility-Segment betrachtet?

Insgesamt ist die Innovationsfähigkeit und Entwicklungsarbeit in der deutschen Automobilindustrie nach wie vor sehr groß. Das gilt es gerade für die Elektromobilität weiter zu nutzen.


Macht es Ihnen Sorgen, dass der eine oder andere Hersteller so lange Zeit hat verstreichen lassen, um sich schlussendlich der Elektromobilität zuzuwenden?

Sorgen mache ich mir hier keine, denn es kommen viele neue Modelle auf den Markt. Klar ist aber auch: Der Wettbewerb hat sich verändert und wird mit den zahlreichen neuen Anbietern immer härter. Die deutsche Automobilindustrie darf sich nicht auf der Vergangenheit, auf dem bislang Erreichten ausruhen.

ElringKlinger (WKN: 785602)

Herr Wolf, Sie haben vor Monaten gesagt, dass Ihnen klar war, dass die Zeit kommen würde, in der die Stückzahlen der Verbrennungsmotoren zurückgehen. Dennoch haben viele Zulieferer sehr lange mit der Umstellung gewartet und hinken nun der Entwicklung hinterher. Wollten die deutschen Automobilzulieferer die Abkehr vom lukrativen Verbrenner einfach nicht wahrhaben?

Ich kann hier nur für unser Unternehmen sprechen: Wir bei ElringKlinger haben uns auf dieses Szenario vorbereitet und frühzeitig begonnen, unsere Kompetenzen für die neuen Technologien einzusetzen und dort zu investieren. Bereits um die Jahrtausendwende haben wir uns mit der Brennstoffzellentechnologie befasst und hatten seitdem einige Hürden zu überspringen. Jetzt verfügen wir über eine Stack-Technologie mit der höchsten Leistungsdichte im Markt, die auch für den Luftfahrtsektor interessant ist. Und seit 2012 liefern wir Komponenten für die Elektromobilität in Serie. Wir sind einer der wenigen Automobilzulieferer, der die erste Stufe der Transformation bereits hinter sich hat und ein transformiertes Produktportfolio anbieten kann.


Sie sind vor 20 Jahren in die Entwicklung von Brennstoffzellen-Stacks eingestiegen. Wie laufen die Geschäfte in diesem Segment?

Unser Geschäftsplan legt eine klare Entwicklung fest. Nachdem wir bereits Produktionskapazitäten von bis zu 10.000 Stück pro Jahr geschaffen haben, treten wir nun in die Hochlaufphase ein. Der erste Serienauftrag soll noch binnen der kommenden zwölf Monate starten. Mittelfristig wollen wir den Grundstein setzen, um unsere 2030er-Ziele zu erreichen – ein Umsatzvolumen von mehr als 700 Mio. EUR, was einem erwarteten Marktanteil von 10 bis 15 % entsprechen würde. Brennstoffzellen bieten ein sehr breites Anwendungsfeld – auf der Straße, jenseits der Straße, auf der Schiene, in der Luft und auch zu Wasser.

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Was bieten Sie ganz speziell in diesem Bereich an?

Die EKPO Fuel Cell Technologies, die gemeinsame Tochtergesellschaft mit Plastic Omnium, ist führend in der Entwicklung und Großserienfertigung von Brennstoffzellenstacks für die CO2-neutrale Mobilität. Sie bietet Stacks und Komponenten an, wie z.B. Medienmodule oder Bipolarplatten, die in Pkw, Nutzfahrzeugen und Bussen, aber auch in Bahn- und Schiffsanwendungen zum Einsatz kommen. Die Stacks von EKPO bieten im Markt die beste Kombination aus Leistungsdichte, kompaktem Design und geringem Gewicht. Hervorzuheben ist, dass EKPO nicht nur in der Entwicklungs- und Technologiekompetenz überzeugt, sondern bereits heute über installierte Kapazitäten verfügt, um Brennstoffzellenstacks industriell nach den gängigen Automobilstandards zu produzieren.


Vor über 10 Jahren erfolgte der Einstieg in die Batterietechnologie. Welche Produkte bieten Sie im Bereich der Batterietechnik an?

ElringKlinger bietet in der Batterietechnologie sowohl Komponenten als auch leistungsfähige Module und komplette Systeme an. Dazu haben wir unsere Kompetenzen in der Metallbehandlung und im Kunststoffspritzguss eingesetzt. Wir streben immer nach innovativen Lösungen. Zu unserem Produktportfolio gehören neben Battieremodulen und -systemen z.B. Zellkontaktiersysteme, Modulverbinder, Zelldeckel, Abdichtsysteme oder Druckausgleichselemente.

ElringKlinger (WKN: 785602)


Wo sehen Sie das größte Potenzial für ElringKlinger – Brennstoffzellen oder Batterietechnologie?

Wir sehen in beiden Geschäftsfeldern großes Potenzial. Für uns ist das kein „Entweder – oder“, sondern ein „Sowohl – als auch“. ElringKlinger hat sich mit seinem Produktportfolio daher frühzeitig in beiden Bereichen aufgestellt.


Wie viel Prozent vom Umsatz machen Sie derzeit im Bereich Brennstoffzellen und Batterietechnologien, wie viel Prozent stammen noch aus dem „alten“ Geschäft?

Rund 20% unseres Umsatzes sind derzeit nicht mehr vom Verbrennungsmotor abhängig. Und die Tendenz ist deutlich steigend, wenn ich mir unsere Auftragslage anschaue. Nach derzeitigem Stand werden wir diesen Anteil bis zum Ende des Jahrzehnts auf mehr als die Hälfte gesteigert haben. Die Transformation ist bei uns in vollem Gange.


Wo steht ElringKlinger in fünf Jahren?

Wir wollen nachhaltige Mobilität mitgestalten und verfügen dafür schon heute über ein entsprechendes Produktportfolio. Den Umsatzanteil, den wir mit Produkten für die Mobilität der Zukunft generieren, wollen wir konsequent steigern. Dafür haben wir uns frühzeitig aufgestellt. Gleichzeitig verfügen wir über eine erstklassige Marktstellung in den klassischen Geschäftsfeldern.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass wir auch mittelfristig erwarten, im Umsatz organisch stärker als der Markt zu wachsen. Wir haben den Ehrgeiz, im Jahr 2030 einen Umsatz von mehr als 3 Mrd. EUR erzielen zu wollen. Zudem soll sich die EBIT-Marge mittelfristig schrittweise verbessern.

Eines ist mir aber ganz wichtig: Unsere Produktion wird weiter nachhaltig gestaltet. Seit 2021 produzieren wir in Deutschland bilanziell CO2-neutral. Ab 2025 soll das in ganz Europa der Fall sein, ab 2030 weltweit. Denn die Zukunft ist unsere Verantwortung. Das ist auch Teil der DNA von ElringKlinger.


Herr Wolf, vielen Dank für das Interview!

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