Im Kampf um den Spitzenplatz im deutschen Elektroautomarkt hat Tesla im ersten Halbjahr zwar erneut die Nase vorne, doch der Vorsprung auf Platzhirsch VW schmilzt. Laut Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes wurden von Januar bis Juni 36.400 Teslas und 34.400 reine Stromer der Marke VW neu zugelassen.
Im zweiten Halbjahr könnte sich der Kampf um Absatz weiter verschärfen und Stromer deutlich billiger machen, wie Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sagt.
Tesla hatte VW im zweiten Halbjahr 2022 die deutsche Elektroautokrone abgejagt. Nun verteidigte das Unternehmen von Elon Musk den Spitzenplatz. Der Vorsprung schrumpfte allerdings von 7.400 auf 2.000 Autos. Die Marktanteile der Marken lagen dabei bei 16,5 und 15,6 Prozent der insgesamt 220.200 in Deutschland neu zugelassenen Elektroautos. Hinter den beiden Spitzenreitern klafft eine deutliche Lücke. Dann folgen Mercedes mit 16.900, Audi mit 14.400 sowie BMW mit 12.800 Elektroautos im ersten Halbjahr und Marktanteilen zwischen 7,7 und 5,8 Prozent.
Der deutsche Elektroautomarkt sei schwächer als es scheine, betont Dudenhöffer. "Die Zulassungszahlen, die wir im Moment sehen, zeigen die Realität von gestern." Die aktuellen Auslieferungen kämen vor allem aus dem Auftragsbestand. "Der Auftragseingang ist dagegen deutlich niedriger als 2022." Zentraler Grund sei die gesunkene staatliche Förderung.
Die Elektroauto-Zulassungszahlen sind bei den fünf führenden Marken im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 dennoch gestiegen. Gemessen am zweiten Halbjahr 2022 steht bei allen außer Mercedes, das von der elektrischen E-Klasse profitiert, ein Minus. Dabei spielen auch Vorzieheffekte wegen der zum Jahreswechsel gesunkenen Prämie eine Rolle, die für einen extremen Endspurt im Dezember und einen Einbruch im Januar gesorgt hatten.
Und so manch anderer Marke geht es noch schlechter: "Bei Marken mit vielen Kleinwagen und unterer Mittelklasse ist der Absatz teils kräftig gesunken, weil sich dort die niedrigere Prämie besonders deutlich bemerkbar macht", erläutert Dudenhöffer. Das zeigt sich auch in den KBA-Zahlen: Renault, Opel, Fiat und ein wenig auch Hyundai, die vor einem Jahr noch starke Zahlen zeigten, haben Federn gelassen.
Dass VW dem Einbruch entgangen ist, führt Dudenhöffer auch darauf zurück, dass die Wolfsburger zuletzt mehr Rabatte gegeben hätten. Und das könnte erst der Anfang gewesen sein: "Ich erwarte einen heftigen Preiskampf bei Elektroautos in Europa", sagte der Branchenexperte der Deutschen Presse-Agentur. "Tesla hat in den letzten 15 Monaten deutlich mehr Fahrzeuge produziert als verkauft, und in China kann der Hersteller seine Autos nicht mehr mit Rabatten auf den Markt werfen. Dadurch verlagert sich der Preiskrieg nach Europa."
Die Aktie von Volkswagen ist weiter angeschlagen. Ein weiterer Preiskampf würde auf die Margen drücken. Derzeit drängt sich kein Neueinstieg auf. Auch charttechnisch ist das Papier angeschlagen. Die Aktie von Tesla präsentiert sich hingegen in guter charttechnischer Verfassung. Anleger lassen die Gewinne laufen.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen, Mercedes-Benz.