Gute Eckdaten zum operativen Geschäft im zweiten Quartal hatte Daimler bereits im Vorfeld mitgeteilt. Jedoch ruderte der Auto- und Brummi-Hersteller am Mittwoch etwas zurück. Wegen der Lieferschwierigkeiten mit Elektronikchips geht Daimler beim Autoabsatz von Mercedes-Benz nicht mehr von einer deutlichen Steigerung gegenüber dem Vorjahr aus, sondern von Verkäufen auf Vorjahresniveau. Am Sparprogramm will Daimler festhalten.
Trotz überraschend üppiger Gewinne will der Auto- und Lastwagenbauer Daimler die auf den Weg gebrachten Einsparungen beim Personal nicht infrage stellen. "Weder können wir noch wollen wir das schwäbische Gen des Sparens aufgeben", sagte Konzernchef Ola Källenius dazu am Mittwoch in Stuttgart vor Journalisten. Trotz guter Geschäftszahlen müsse das Unternehmen weiter an seiner Effizienz arbeiten, zumal man derzeit "erhebliche Milliardenbeträge" für den angepeilten Umbau von Verbrennungs- hin zu Elektromotoren aufwenden müsse. Ein Ende des Sparens wäre "nicht die beste Strategie für die Bewältigung der Transformation", sagte Källenius.
Daimler hatte vor rund einem Jahr zu Beginn der Corona-Pandemie wegen damals tiefroter Zahlen und einem Nachfrageeinbruch einen schon eingeleiteten Sparkurs nochmals deutlich verschärft, Berichten zufolge sollen auf diesem Weg zwischen 20 000 und 30 000 Stellen wegfallen.
Angesichts einer überraschend schnellen Markterholung und hoher Gewinne im ersten Halbjahr fordert Daimler-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht den Vorstand nun zum Einlenken auf. "Wenn wir volle Auftragsbücher haben und die Gewinne sprudeln, wie soll die Belegschaft da Verständnis haben für Sparmaßnahmen, die über Jahre laufen sollen?", sagte Brecht der "Automobilwoche".
Trotz der andauernden Corona-Krise und Lieferengpässen von wichtigen elektronischen Bauteilen meldete Daimler am Mittwoch für das zweite Quartal gute Geschäftszahlen. Der Umsatz kletterte verglichen mit dem coronabedingt eingebrochenen Geschäft vor einem Jahr um 44 Prozent auf 43,5 Milliarden Euro. Der Nettogewinn lag allein zwischen April und Ende Juni bei 3,6 Milliarden Euro. Im gesamten ersten Halbjahr verdiente der Konzern netto 7,9 Milliarden Euro.
Auf die Stimmung drückte allerdings der Ausblick der Auto-Sparte. Wegen der Lieferschwierigkeiten mit Elektronikchips geht Daimler beim Autoabsatz von Mercedes-Benz nicht mehr von einer deutlichen Steigerung gegenüber dem Vorjahr aus, sondern von Verkäufen auf Vorjahresniveau. Hier hatten Analysten und Anleger einen etwas optimistischeren Blick in die Zukunft erwartet.
Goldman-Sachs-Analyst George Galliers schrieb am Morgen, die besseren Aussichten für die Lkw-Sparte seien von Investoren wohl erwartet worden. Mit dem verbesserten Ausblick auf den Finanzmittelzufluss im industriellen Geschäft - also ohne die Finanzsparte - liege der Konzern nun über seinen eigenen Schätzungen. Daimler sieht für die bei Anlegern wegen der Bedeutung für die Dividendenzahlung wichtige Kenngröße nun einen Wert "leicht" unter dem Vorjahreswert und nicht mehr "deutlich" weniger. Auch bei der angepeilten Eigenkapitalrendite bei der Sparte mit Finanz- und Mobilitätsdiensten (Yournow) wurde Daimler zuversichtlicher.
Die kanadische Bank RBC hat die Einstufung für Daimler nach endgültigen Zahlen auf "Outperform" mit einem Kursziel von 106 Euro belassen. Der Quartalsbericht sei entsprechend der vorläufigen Kennziffern wie erwartet ausgefallen, schrieb Analyst Tom Narayan in einer Studie. Eine nette Überraschung aber sei die angehobene Prognose für das Lkw-Geschäft, insbesondere nach den vorsichtigen Aussagen des Konkurrenten Volvo.
Nicht ganz so entspannt auf die Zahlen reagierte Analyst Frank Schwope von der NordLB. Er senkte das Kursziel für die Daimler-Aktie von 75 Euro auf 71 Euro. Der Autokonzern habe starke Halbjahreszahlen vorgelegt, schrieb Schwope in einer Studie. Diese dürfte sich allerdings im zweiten Halbjahr nicht so einfach fortschreiben lassen. Dies verdeutliche auch die verschlechterte Absatzprognose des Vorstands.
Die Zahlen von Daimler waren gut, keine Frage. Jedoch hatten Analysten und Anleger aufgrund der letzten News von Daimler sowie der ansprechenden VW-Zahlen durchaus mit einem etwas besseren Ausblick gerechnet. Wichtig: Zuletzt diente aus technischer Sicht die Marke von 69,36 Euro immer wieder als Unterstützung. Wird dieser Support allerdings unterschritten, ist es durchaus möglich, dass das Papier in den Bereich zwischen 67,50 Euro und 65,73 Euro korrigiert. Bei 65,73 Euro verläuft aktuell die wichtige 200-Tage-Linie.