Von Michael Pooler und Hannah Murphy
Financial Times
Übersetzung: Stefanie Konrad
Metas lang erwarteter Plan, einen Bezahldienst über WhatsApp anzubieten, ist gescheitert. Der Konzern wollte es Nutzern in Brasilien ermöglichen, über die Messaging-App Geld an Unternehmen zu überweisen. Das Vorhaben war von Konflikten mit potenziellen Zahlungspartnern überschattet – ein erneuter Rückschlag für die E-Commerce-Ambitionen des Tech-Konzerns.
Aus Insiderkreisen heißt es, dass WhatsApp Ende letzten Jahres in Brasilien eine Payments-To-Merchant-Funktion (P2M) einführen wollte. Für die verschlüsselte Messaging-App wäre das eine Weltpremiere.
Bisher hat WhatsApp jedoch Schwierigkeiten damit, sogenannte lokale Merchant Acquirer zu gewinnen, also Unternehmen, die die elektronischen Zahlungen abwickeln und für die Einführung und den Betrieb des Dienstes zuständig sind. Außerdem wartet der Messaging-Dienst auch noch auf die Genehmigung der Zentralbank des Landes, das für WhatsApp mit 120 Millionen Nutzern der zweitgrößte Markt ist.
Die Startschwierigkeiten der Initiative sind ein weiterer Rückschlag für Metas Vorstoß in den Bereich der Finanzdienstleistungen.
Brasilien sollte als Testlauf dienen, um weltweit E-Commerce auf den Plattformen des Unternehmens zu ermöglichen. Der Social-Media-Konzern sucht nach alternativen Einnahmequellen, da seine wichtigsten Produkte wie Facebook und Instagram nicht mehr so beliebt sind wie früher – ein Trend, der das werbebasierte Geschäftsmodell des Unternehmens mit einem Jahresumsatz von 118 Milliarden Dollar unter Druck setzt.
Die Verhandlungen zwischen Meta und den Zahlungsdienstleistern sind wegen verschiedener Probleme ins Stocken geraten. WhatsApp hatte unter anderem Gebühren vorgeschlagen, die den Acquirern zu niedrig erschienen, wie aus Insiderkreisen bekannt wurde.
Die Merchant Acquirer befanden auch die von Meta ausgearbeiteten Bedingungen für problematisch und befürchteten, dass der Silicon-Valley-Konzern bestimmte rechtliche Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Initiative auf sie abwälzen wollte.
„Es gibt keine technischen Probleme“, sagte eine Person, die mit dem Thema vertraut ist, aber nicht namentlich genannt werden wollte. „Es ist ein vertragliches Problem. Die Infrastruktur ist komplett fertig.“
Die Hauptacquirer des Landes – Cielo, Rede und Getnet – lehnten eine Stellungnahme ab.
WhatsApp sagte, dass es „keine Verzögerung bei der Einführung von Zahlungen von Person zu Händler in Brasilien gebe“ und fügte hinzu: „Wir arbeiten weiterhin mit den lokalen Behörden und potenziellen Partnern zusammen und geben keine Auskünfte zu den Einzelheiten vertraulicher Gespräche über regulatorische und kommerzielle Aspekte.“
Die Ermöglichung von E-Commerce und Zahlungsvorgängen würde es Meta ermöglichen, neue Einnahmequellen zu erschließen und Daten zu sammeln, um die bestehenden Werbemaßnahmen zu verbessern, so CEO Mark Zuckerberg.
Bisher hatte Meta allerdings nur Probleme mit seinen Versuchen, sich als Zahlungsdienstleister zu etablieren. Anfang des Jahres wurde Metas globales Kryptowährungsprojekt eingestellt, nachdem die US-Aufsichtsbehörden dem Pilotprojekt aus Gründen der Währungsstabilität und wegen Wettbewerbsbedenken kein grünes Licht gegeben hatten.
WhatsApp hat zwar bereits eine Funktion in Brasilien und Indien eingeführt, die Geldtransfers zwischen Einzelpersonen ermöglicht, sogenannte Peer-to-Peer-Zahlungen (P2P). Beide Initiativen wurden jedoch zunächst wegen Einwänden der Aufsichtsbehörden verzögert.
Wenige Tage nachdem WhatsApp Mitte 2020 in Brasilien P2P eingeführt hatte, stoppte die Zentralbank den Dienst mit der Begründung, dass sie Bedenken hinsichtlich des Wettbewerbs, der Effizienz und des Datenschutzes habe. WhatsApp hat die Funktion ein Jahr später wieder eingeführt.
Laut Insiderkreisen benötigt WhatsApp die Unterstützung von Acquirern, bevor die Zentralbank über die Zulassung des P2M-Dienstes entscheidet. Aufgrund von Wettbewerbsbedenken fordert die Zentralbank, dass WhatsApp mit mehreren Acquirern – und nicht nur mit einem – zusammenarbeiten muss.
Die Aufsichtsbehörde hat auch Zweifel, ob es für die kleineren Händler des Landes einen eindeutigen Regressanspruch gegenüber Meta geben würde, falls bei Zahlungen Probleme auftreten sollten.
Einige Vertreter in der brasilianischen Zahlungsdienstleistungsbranche sind der Meinung, dass die Zentralbank ihr eigenes Sofortzahlungssystem Pix fördern will, das Überweisungen zwischen Transaktionskonten innerhalb weniger Sekunden ermöglicht. Seit seiner Einführung im November 2020 wird das System immer beliebter.
Die brasilianische Zentralbank sagte: „Die Zentralbank äußert sich nicht zum Stand der Gespräche mit Interessenten während der Genehmigungsverfahren.“
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