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Growth-Aktien im Crash-Modus - alles verkaufen?

Growth-Aktien im Crash-Modus - alles verkaufen?
Foto: lcs813 / iStock
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10.11.2022 ‧ Emil Jusifov

Viele Wachstumswerte gehörten in den vergangenen Jahren zu den absoluten Börsen-Lieblingen. Im aktuellen Bärenmarkt werfen die Anleger jedoch alles, was mit Growth zu tun hat, aus ihren Depots. Wegen den steigenden Zinsen, seien diese zu teuer, heißt es vielfach. DER AKTIONÄR zeigt, warum Sie genauer hinschauen sollten.

Geht man nach reinen Bewertungskennzahlen von Wachstumsaktien, dann scheinen diese in der Tat im Vergleich zu anderen Aktien relativ teuer zu sein. Hier vergleicht man jedoch Äpfel mit Birnen. Denn Growth-Unternehmen investieren viel Geld, um neue Kunden zu akquirieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Etablierte und langsamer wachsende Unternehmen agieren dagegen in überwiegend gesättigten Märkten und haben deswegen relativ niedrige operative Ausgaben. Daher sind auch deren Gewinnmargen sehr üppig und die Bewertungs-Multiplikatoren entsprechend niedriger.

Das heißt jedoch nicht, dass Growth-Werte generell zu teuer sind. Am Ende ist immer die Qualität der Unternehmen – in Bezug auf das Geschäftsmodell und andere Fundamentaldaten – entscheidend. Um dies besser zu verstehen, schauen wir uns den Software-Anbieter ServiceNow an.

Geschäftsmodell und Ausgabenstruktur entscheidend

Das Unternehmen ist Marktführer im Bereich der Workflow-Management-Software und verdient sein Geld mithilfe abobasierter Einnahmen. Das bedeutet, dass die Grenzkosten von ServiceNow relativ gering sind. Die Software muss nur einmal entwickelt werden, kann aber danach beliebig oft in der Cloud „vermietet“ werden.

Entsprechend dick ist die Bruttomarge von ServiceNow. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2022 lag diese bei satten 83 Prozent. Wie erklärt sich dann, dass ServiceNow mit einem 23er-KGV von 40 bewertet wird?

Ganz einfach, das Unternehmen hat noch relativ hohe operative Ausgaben im Bereich des Marketings und Research & Development. Diese betrugen in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres satte 68 Prozent der Umsatzerlöse.

Sobald ServiceNow den Schalter auf Gewinnerzielung umlegt, werden die Ausgaben für Marketing und R&D erfahrungsgemäß auf unter 30 Prozent fallen. Basierend auf dieser Annahme und dem letzten Geschäftsbericht (gleiche Umsatzkosten) würde ServiceNow im Vergleichszeitraum eine operative Marge von knapp 47 Prozent erzielen.

Tatsächliche Bewertung ist vergleichbar mit Value-Titeln

Würde man nun die Steuern und Zinsen abziehen (knapp 20 Prozent des operativen Gewinns), bleibt ein Nettogewinn von 1,9 Milliarden Dollar übrig. Das würde einer Nettomarge von 38 Prozent entsprechen. Basierend auf den aktuellen Analystenprognosen (23er-Umsatz bei 8,8 Milliarden Dollar) würde bei dieser Nettomarge das 23er-KGV von 40 auf knapp 22 fallen. Damit wäre ServiceNow in etwa so bewertet wie die Value-Titel Coca-Cola (23) und Procter & Gamble (22) und günstiger als der Fastfood-Riese McDonald’s (27).

Anhand dieses Beispiels sehen Sie, dass man Wachstums-Titel nicht pauschal als teuer bezeichnen darf. Um ein korrektes Urteil zu fällen, muss man sich mit den Geschäftszahlen und dem Geschäftsmodell auseinandersetzen.

Danach wird man feststellen, dass die Bewertung zwischen qualitativ hochwertigen Growth- und Value-Unternehmen vergleichbar ist. Dies ist auch der Grund, warum Warren Buffett nicht zwischen Growth und Value unterscheidet.

Anleger setzen ServiceNow auf ihre Watchlist und warten ein charttechnisches Kaufsignal ab.

Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte:

Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: ServiceNow.


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