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16.06.2024 DER AKTIONÄR

Die Wahrheit über Facebook

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Meta

Die Meta-Tochter Facebook hat skandalträchtige Zeiten hinter sich. Hatte das Unternehmen die Kontrolle verloren? Wie konnte es so weit kommen? Lesen Sie hier Auszüge aus Jeff Horwitz’ spannendem Bestseller „Broken Code“. 

(…) Als ich anfing, über Facebook zu berichten, war auch die Zurückhaltung des Unternehmens gegenüber Anfragen von Reportern gewachsen. Die Pressestelle von Facebook (…) hatte den Ruf, freundlich und professionell zu sein und Fragen nur zögerlich zu beantworten. Ich hatte viele PR-Kontakte, aber niemanden, der mir erklären wollte, wie die Facebook-Empfehlungen für „Personen, die du vielleicht kennst” funktionierten, welche Signale kontroverse Beiträge viral machten oder was das Unternehmen meinte, als es sagte, es habe angesichts der ethnischen Säuberungen in Myanmar außergewöhnliche Maßnahmen zur Sicherheit seiner Nutzer ergriffen. (…) Wie konnte sie eine solche Blackbox sein? 

Jeff Horwitz, Broken Code
Jeff Horwitz, Broken Code, 432 Seiten, 29,90€ - Facebook war einst der unangefochtene Titan der sozialen Medien. Doch nach einer Reihe von Skandalen, darunter der Vorwurf der Wahlbeeinflussung durch Falschmeldungen, musste sich das Unternehmen – und die Welt – fragen, ob es in der Lage war, seine eigene Plattform zu kontrollieren. Facebook-Mitarbeiter machten sich an die Arbeit, um Antworten zu finden. Dabei stießen sie auf Probleme, die weit über die Politik hinausgingen. Wall Street Journal-­Reporter Jeff Horwitz erzählt die fesselnde Insiderstory dieser Mitarbeiter und ihrer brisanten Entdeckungen und enthüllt die schockierenden Auswirkungen von Facebooks blindem Ehrgeiz.

Die daraus resultierende Frustration erklärt, wie ich zu einem Groupie von jedem wurde, der sich ein wenig mit den Mechanismen von Facebook auskannte. Die ehemaligen Mitarbeiter, die sich bereit erklärten, mit mir zu sprechen, erzählten mir von Anfang an Beunruhigendes. Die automatischen Kontrollsysteme von Facebook waren schlichtweg nicht in der Lage, die angekündigten Leistungen zu erbringen. Die Bemühungen, das Wachstum zu steigern, hatten versehentlich politischen Fanatismus begünstigt. Und das Unternehmen wusste weit mehr über die negativen Auswirkungen der Nutzung sozialer Medien, als es zugeben wollte.

Das war eine verrückte Geschichte, die weitaus überzeugender war als die immer wiederkehrenden Behauptungen, dass die Plattform Beiträge auf unfaire Weise zensiere oder Präsident Trump bevorzuge. Aber meine Ex-Facebook-Quellen konnten nicht viele Beweise vorlegen. Als sie das Unternehmen verließen, hatten sie ihre Arbeit hinter den Mauern von Facebook zurückgelassen. Ich tat mein Bestes, um aktuelle Mitarbeiter als Quellen zu gewinnen, und schickte Hunderte von Notizen, die auf zwei Fragen hinausliefen: Wie funktioniert eigentlich ein Unternehmen, das über Milliarden von Menschen herrscht? Und warum scheint es so oft nicht zu funktionieren?

Andere Reporter haben dies auf ihre Art und Weise natürlich auch getan. Und zuweilen erhielten wir Dokumente, die darauf hinwiesen, dass die Befugnisse und Probleme von Facebook größer waren, als es zugegeben wurde. Ich hatte das Glück, dabei zu sein, als aus dem Rinnsal an Informationen eine Flut wurde. Ein paar Wochen nach der Wahl 2020 antwortete Frances Haugen, eine Produktmanagerin auf mittlerer Ebene im Civic Integrity Team von Facebook, auf eine meiner LinkedIn-Nachrichten. Die Menschen müssten verstehen, was bei Facebook vor sich gehe, sagte sie, und sie habe sich einige Notizen gemacht, von denen sie dachte, dass sie der Verdeutlichung dienen könnten. (…)

Jeff Horwitz
Jeff Horwitz ist Tech-Reporter beim Wall Street Journal. Für seine Arbeit an der Serie „The Facebook Files“ erhielt er mehrere Preise.

Haugen war von Anfang an eine ungewöhnliche Quelle. Die Plattformen von Facebook untergruben das Vertrauen in die öffentliche Gesundheit, begünstigten autoritäre Demagogie und behandelten die Nutzer wie eine ausbeutbare Ressource, erklärte sie bei unserem ersten Treffen. Anstatt seine Probleme anzuerkennen, drängte Facebook seine Produkte in entfernte, verarmte Märkte, wo sie ihrer Meinung nach mit aller Wahrscheinlichkeit Schaden anrichten würden. (…) Keiner von uns hatte genügend Vorstellungskraft, um zu erahnen, was dieses Bestreben hervorbringen würde: Zehntausende von Seiten vertraulicher Dokumente, die die Tiefe und den Umfang des Schadens aufzeigten, der jedem zugefügt wurde, vom Teenie bis hin zu den Opfern mexikanischer Kartelle. Der Aufruhr würde Facebook in eine monatelange Krise stürzen, in der der Kongress, die europäischen Regulierungsbehörden und die Durchschnittsnutzer die Rolle von Facebook in einer Welt infrage stellten, die in immer größere Turbulenzen abzugleiten schien.

Nicht jeder Insider, mit dem ich in den nächsten zwei Jahren sprach, teilte Haugens genaue Diagnose dessen, was bei Facebook schiefgelaufen war, oder ihr Rezept zur Behebung des Problems. Aber im Großen und Ganzen waren sie einverstanden, und zwar nicht nur mit den Kollegen, die das Unternehmen verlassen hatten, sondern auch mit den schriftlichen Einschätzungen vieler Mitarbeiter, die sich nie öffentlich geäußert hatten. In den von Haugen gesammelten internen Dokumenten sowie in Hunderten weiterer Dokumente, die mir nach ihrem Weggang zur Verfügung gestellt wurden, dokumentierten die Mitarbeiter die Dämonen des Facebook-Designs und entwarfen Pläne, um ihnen Einhalt zu gebieten. Als ihr Arbeitgeber dann nicht handelte, mussten sie zusehen, wie sich eine vorhersehbare Krise nach der anderen ereignete. (…)

Meta Chart

DER AKTIONÄR meint ...

Meta hat auch bewegende Zeiten an der Börse hinter sich, doch seit Monaten läuft die Aktie stark (+114 seit AKTIONÄR-Empfehlung) – und sie hat immer noch Potenzial. Das 2025er-KGV liegt bei 25, bei einem Gewinnwachstum von 14 Prozent. Kursziel: 550 Euro.

Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 25/2024 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.

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