Doch keine Enttäuschung? Nachdem Baidu gestern auf einer Pressekonferenz in China seinen Chatbot Ernie vorgestellt hatte, war die Aktie zunächst rund zehn Prozent gefallen und auch im US-Handel zunächst mit einem Minus gestartet. In den USA ging es dann aber massiv aufwärts. Inklusive dem heutigen Tag summiert sich das Plus vom Tief aus auf mehr als 18 Prozent.
Was steckt dahinter? Natürlich hatte der Tech-Markt in dieser Phase ohnehin insgesamt zur Abwechslung gerade mal wieder etwas Rückenwind. Aber auch zum Chatbot selbst sind die Meinungen gespalten. Während Baidu das breite Internet-Publikum gestern eher nicht überzeugen konnte, haben sich einige Analysten inzwischen positiv geäußert.
Unter anderem durften Analysten der Citigroup den ChatGPT-Konkurrenten testen – und äußersten sich anschließend zufrieden. Ernie sei zwar noch nicht perfekt, habe sich aber in der Mehrzahl der Fälle gut geschlagen, als es darum ging, komplizierte oder absurde Fragen zu beantworten. Die erste Ausverkauf-Reaktion gestern sei überzogen gewesen. Bei Jefferies sieht man Baidu in Sachen KI ebenfalls gut aufgestellt für die Zukunft. Und eine Analystin der Bank of America schrieb: „Wir haben den Ernie-Bot für einige Aufgaben getestet, darunter Beratung, Analyse, Schreiben von Aufsätzen und Bilderzeugung, und wir sind mit den Ergebnissen zufrieden.“
Analysten versprechen sich von Ernie, dass dieser Baidu dabei helfen könnte, mehr Budgets von Kunden zu bekommen und neue Monetarisierungsmethoden zu ermöglichen (zum Beispiel Gebühren pro Anfrage oder eine Lizenzierung des Bots).
Roboter-Taxis fahren in Pekinger Vorort
Außerdem hat Baidu die Erlaubnis für einen vollständig fahrerlosen Roboter-Taxi-Betrieb in einem Vorort von Peking erhalten. Das teilte das Unternehmen mit. Demnach sollen zehn Roboter-Taxis in einem Gebiet eingesetzt werden, das in etwa die Größe von Manhattan hat. Vorerst läuft die Aktion über als Testbetrieb, für den Baidu keine Gebühren verlangen darf.
Im vergangenen August hatte Baidu bereits kommerzielle Lizenzen für den Betrieb in Wuhan und Chongqing bekommen.
Das Roboter-Taxi-Geschäft ist spannend. Beim Chatbot-Thema muss sich hingegen erst noch zeigen, dass Baidu tatsächlich das kommerzielle Potenzial ausschöpfen kann. Immerhin: Die anfängliche Skepsis nach der Präsentation gestern wird von den Analysten-Stimmen relativiert. Wer noch bei Baidu dabei ist, kann es vorerst bleiben, ein direkter Neueinstieg drängt sich aber nicht auf, nachdem die Aktie gestern zeitweise unter den AKTIONÄR-Stopp gefallen war.
Hinweis: Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko. DER AKTIONÄR rät dazu, nur in Einzelfällen und mit geringer Gewichtung in China-Aktien zu investieren.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Baidu