Viele Jahre setzte Adobe auf Übernahmen, um weiterhin hohe Wachstumsraten zu erreichen. Zuletzt ging diese Strategie jedoch nicht auf – insbesondere, weil der Mega-Deal mit Figma scheiterte. Jetzt konzentriert sich das Management verstärkt auf die Weiterentwicklung der vorhandenen Apps und KI. Dem Markt reicht das aktuell nicht aus.
Vollgas bei der Entwicklung
Ein wichtiger Punkt im Rahmen des „Adobe Summit 2024“-Events war die Verbesserung der „Customer-Experience-Apps“ sowie die Einbindung von KI, um zusätzliche Wachstumschancen zu eröffnen. Mit der sogenannten „Customer Journey Analytics“, einem KI-gestützten Tool zur Automatisierung von Aufgaben in allen Adobe-Anwendungen, soll beispielsweise die Effizient von Marketing-Teams gesteigert werden.
Ebenfalls ein Highlight auf dem Adobe-Event Ende März waren weitere Details zum Adobe GenStudio. Erstmals vorgestellt im September 2023 wird das neue Angebot jetzt in die Enterprise-Apps integriert. Es handelt sich dabei um ein „Generative KI first“-Produkt, mit dem Marketing-Fachleute Content über integrierte Workflows hinweg schnell planen, erstellen und analysieren können.
Gleichzeitig gibt sich Adobe viel Mühe, beim Training der KI-Assistenten wie Firefly oder dem neu angekündigten Text-zu-Video-Tool auf der sicheren Seite zu stehen. So hat Bloomberg am Mittwoch berichtet, dass der Software-Riese seinem Netzwerk von Fotografen und Künstlern bis zu 120 Dollar anbietet, um Videos von Menschen einzureichen, die alltägliche Aktivitäten oder Emotionen abbilden. Im Durchschnitt sollen 2,62 Dollar pro Minute Videomaterial gezahlt werden.
Bereits beim Training des Text-zu-Bild-Generators Firefly setzte Adobe auf diese Strategie und zahlte dort bis zu 0,16 Dollar pro Bild. Der US-Konzern will damit Urheberrechtsklagen entgehen, wie sie aktuell gegen Nvidia oder OpenAI/Microsoft anhängig sind und für eine hohe Qualität der Trainingsdaten sorgen.
Die Kosten steigen
Durch die neuen Entwicklungen kletterten im ersten Quartal die F&E-Ausgaben von Adobe um 13,6 Prozent auf 939 Millionen Dollar, während der Umsatz nur um 12,4 Prozent zulegte. Ein Trend der in den vergangenen Geschäftsjahren ebenfalls zu beobachten war. 2021 wurde für F&E nur 16 Prozent des Umsatzes aufgewandt – im Q1/24 waren es schon über 19 Prozent. Gleichzeitig legten die Aktienvergütungen für die Mitarbeiter im Bereich F&E weiter zu, was ebenfalls die Margen belastet.
Die schwächere Gewinnentwicklung begleitet die Anleger bereits seit Anfang 2021 – und sie trifft nach dem gescheiterten Figma-Deal und unklaren KI-Aussichten nun auf ein schwächelndes Umsatzwachstum. Das hat die Aktie bereits 2022/23 belastet und schlägt sich nach dem Abflachen der ersten KI-Euphorie jetzt wieder auf die Kurse nieder.
Die hohe Qualität der Adobe-Bilanz lässt niedrigere Margen aber ohne Probleme zu. Künftige Milliardendeals oder das Aktienrückkaufprogramm sind hier nicht gefährdet. Allerdings liefert Adobe auch nicht mehr derart qualitative Fundamentaldaten wie vor der Corona-Pandemie. Dass hier in Sachen Bewertung etwas Luft rausgenommen werden muss, sollte nicht verwundern.
Aus Sicht eines langfristigen Anlegers hat der Sofware-Gigant jedoch Vorschusslorbeeren verdient. Immerhin war Adobe der große Pionier bei der Abo-Software aus der Cloud und damit Vorreiter der letzten großen Transformation am Tech-Markt. Die Entwicklungsoffensive bei der KI könnte in Zukunft erneut eine führende Position bedeuten.
Bricht nach den Chips und Hyperscalern die zweite KI-Welle bei den Software-Aktien los, könnte Adobe daher nach Ansicht der AKTIONÄR ganz vorne mitschwimmen. Kurzfristig bleibt das Potenzial aber begrenzt. Doch wie ein Surfer der kleine Wellen vorbeiziehen lässt, sollten Anleger noch abwarten.