Das Coronavirus hält die Börsen in Schach. Zwar werden die Ausgangsbeschränkungen gelockert und viele Unternehmen fahren ihre Produktion wieder hoch. Doch die jüngste Hängepartie am deutschen Aktienmarkt könnte sich noch fortsetzen. Investoren werden wohl vor allem darauf schauen, ob die Unternehmen angesichts der Corona-Krise überhaupt Aussagen für die kommenden Monate wagen – und wie diese ausfallen. Ein Wochenausblick.
Es dürfte erneut volatil werden. In der neuen Woche steht in Deutschland ein Höhepunkt der angelaufenen Berichtssaison bevor. Allein ein Drittel der 30 DAX-Konzerne lässt sich in die Bücher schauen. Viel Optimismus ist dabei kaum zu erwarten. Überraschungen sind jedoch ebenfalls möglich. Am Freitag, den 1. Mai, findet zudem feiertagsbedingt kein Handel statt.
Am Freitag ging der DAX bei 10.336 Punkten ins Wochenende und verbuchte damit auf Wochensicht ein Minus von 2,7 Prozent. Börsianer führten die Verluste unter anderem auf eine sich abzeichnenden Erfolglosigkeit des Medikaments Remdesivir des Pharmakonzerns Gilead Sciences im Einsatz gegen Covid-19 zurück.
Daneben begründeten Marktteilnehmer die Vorsicht von Anlegern mit der fortdauernden Ungewissheit, wie sehr die Corona-Krise in den kommenden Quartalen auf die Ergebnisse der Unternehmen durchschlägt. Der MDAX der mittelgroßen Werte schloss am Freitag auf 22.240 Punkten mit einem erträglichen Wochenminus von 0,5 Prozent.
Weitere Lockerungen der Corona-Einschränkungen erhofft
Ihre Jahresziele haben viele börsennotierte Unternehmen zuletzt bereits gestrichen. Zu groß sind noch immer die Unwägbarkeiten, die mit dem neuartigen Coronavirus einher gehen. Daher werden auch die Zahlen der Infizierten in wichtigen Volkswirtschaften die Richtung an den Börsen mitbestimmen. Viele Anleger hoffen auf Lockerungen der vielen Einschränkungen und auf die Wiederaufnahme der Produktion und Dienstleistungen in den betroffenen Branchen.
"Im Moment läuft die gesamte Wirtschaft auf Sparflamme. Erst wenn sie wieder hochgefahren wird, werden sich die wahren Schäden der Krise zeigen", sagte Marktexperte Sascha Sadowski vom Online-Broker Lynx. Nur peu à peu dürfte also klar werden, wie viele Geschäfte und Unternehmen trotz Finanzhilfen letztlich auf der Strecke bleiben. Und wie viele Arbeitsplätze dauerhaft verloren sind. "Das wiederum macht eine Prognose der künftigen Nachfrage quasi unmöglich", lautete Sadowskis Fazit.
Zehn DAX-Konzerne mit Quartalszahlen
Abwarten lautet also die Devise. Das haben Anleger zuletzt ähnlich gesehen. Weder nach oben noch nach unten ging am deutschen Aktienmarkt viel in den zurückliegenden zwei Wochen. Der deutsche Leitindex pendelte in einer relativ engen Spanne um die Marke von 10.500 Punkten auf und ab. "Der DAX hat sich recht komfortabel über 10.000 Punkten eingerichtet", sagte Analystin Claudia Windt von der Landesbank Helaba. Zuvor hatte sich der Leitindex kräftig erholt vom großen Börsen-Crash.
Gleich eine ganze Reihe von DAX-Konzernen berichtet in der neuen Woche über ihren Quartalsabschluss. Darunter finden sich illustre Namen wie Adidas, Bayer und BASF, Volkswagen und Daimler sowie die Deutsche Bank. Auch die Deutsche Börse AG und MTU legen Quartalszahlen vor.
Am Donnerstag will zudem die Lufthansa ihre Quartalszahlen präsentieren. Eckdaten zeigten bereits einen Milliarden-Verlust. Schon vorher wird es spannend: Am Wochenende ist bekannt geworden, dass wegen der in der Corona-Krise schwer gebeutelten Fluggesellschaft kurzfristig ein Krisengespräch auf höchster Ebene geplant ist. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Lufthansa-Chef Carsten Spohr wollen über Staatshilfen verhandeln.
Lufthansa-Konkurrent Air France-KLM kann in der Corona-Krise bereits mit staatlichen Finanzhilfen von neun bis elf Milliarden Euro rechnen. Das wurde am Freitagabend bekannt. Frankreich stützt die Air France mit sieben Milliarden Euro Kredithilfen. Die niederländische Regierung stellte der Schwestergesellschaft KLM zwei bis vier Milliarden Euro in Aussicht.
Auch Wirecard will am Donnerstag endgültige Jahreszahlen vorlegen, zuvor soll am Montag das Endergebnis der KPMG-Sonderprüfung bekannt gegeben werden. Am vergangenen Donnerstag war bereits durchgesichert, dass bei der Sonderprüfung bislang nichts bilanziell Auffälliges gefunden wurde.
Konjunkturdaten zeigen verheerende wirtschaftliche Auswirkungen
"Die Politik sollte jeden Spielraum nutzen, um die Beschränkungen für die Unternehmen und ihre Beschäftigten weiter zurückzunehmen", riet Chefvolkswirt Jörg Krämer von der Commerzbank. Auf Sicht zu fahren, reiche aber nicht aus. "Stattdessen brauchen die Unternehmen eine Öffnungsvision, damit sie das Hochfahren der Produktion vorbereiten können und die Wertschöpfungsketten wieder ineinander greifen", forderte der Ökonom.
Die in der Woche vom 27. April bis 1. Mai anstehenden Konjunkturdaten dürften die verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise widerspiegeln. Seit März wirkt sich die Corona-Krise mit voller Wucht auf die Wirtschaft aus. Ein schwere Rezession gilt als unvermeidbar.
Mit Spannung erwartet werden daher die Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal. "Ausgangssperren und Produktionsstillegungen haben jede Wachstumshoffnung für das erste Quartal 2020 zerstört", kommentierte die Dekabank in einem Wochenausblick. Mit voller Wucht dürfte die Corona-Krise aber erst im zweiten Quartal durchschlagen. Schließlich sind die Monate Januar und Februar laut Dekabank noch ganz "passabel" verlaufen.
Notenbanken tagen
Zur Nebensache könnten in der neuen Börsenwoche die Sitzungen der Notenbanken werden. Am Mittwoch tagt die Federal Reserve und am Donnerstag die Europäische Zentralbank. Die EZB hat bereits eine Vielzahl an Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur ergriffen. EZB-Chefin Christine Lagarde dürfte die Staaten dazu aufrufen, ihren Teil zur Krisenbewältigung zu leisten.
Viele Beobachter sind der Ansicht, dass die Währungshüter in der Corona-Krise geklotzt und nicht gekleckert haben. Damit könnte das geldpolitische Pulver aber verschossen sein. "Allenfalls dürfte an der einen oder anderen Stelle noch feingesteuert werden", vermutet die Bayerische Landesbank. (Mit Material von dpa-AFX)