Nach drei Verlusttagen in Folge gibt es heute an den US-Börsen zunächst einen Stabilisierungsversuch. Der Nasdaq 100 versucht sich sogar am Ausbruch über 15.000 Punkte – und liegt zeitweise fast ein Prozent im Plus. Auch S&P 500 und Dow Jones liegen knapp im Plus, nachdem sie im Minus gestartet waren.
Technisch gesehen war die Korrektur bislang normal und die Indizes hätten nach einer Verschnaufpause (die vielleicht schon wieder vorbei ist?) durchaus noch etwas Luft nach oben. Die Powell-Rede gestern (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende) hat aber noch mal klargemacht, dass nicht mit einer schnellen Zinswende zu rechnen ist. Insofern bleibt abzuwarten, ob gerade der Nasdaq 100 heute seine Gewinne auch halten kann.
Die UBS gibt zu bedenken, dass das durchschnittliche Kursgewinnverhältnis (KGV) bei den Unternehmen im S&P 500 mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr der Unternehmen derzeit bei schätzungsweise 18,8 liegt. In den vergangenen vier Jahrzehnten lag der Durchschnittswert bei 15,4. Basierend auf den aktuellen Bewertungen sei in den nächsten zehn Jahren mit unterdurchschnittlichen Renditen zu rechnen.
„Die Rezessionsrisiken sind wohl höher, wenn die Zinsen länger hoch bleiben, aber die Risikoanlagen spiegeln das nicht wider", sagte Janet Mui, Leiterin der Marktanalyse bei RBC Brewin Dolphin. Auch in Europa dürfte die Zinsspirale weiter nach oben gehen. Heute hoben die Zentralbanken von England, Norwegen, der Schweiz und der Türkei ihre Leitzinsen teilweise deutlich an.
JPMorgan bezeichnete die Bewertungen von Aktien aufgrund der jüngsten Erholungsbewegung ebenfalls als zu hoch. Unter anderem sei eine „zunehmende Selbstzufriedenheit“ bei Anlegern zu verzeichnen. Es sei zu etwarten, dass sich der Konjunkturzyklus in der zweiten Jahreshälfte weiter verlangsamen werde, „mit einem wahrscheinlichen Rezessionsbeginn im vierten Quartal 2023 oder im ersten Quartal 2024“.
Steven Glass von Pella Funds Mangement wies gegenüber CNBC ebenfalls darauf hin, dass die Märkte derzeit nach allen statistischen Maßstäben „sehr teuer“ seien, falls sich nicht fundamental etwas ändere.
Die Credit Suisse gibt allerdings zu bedenken, dass die Bewertung von Aktien nicht mehr so extrem hoch wirke, wenn man Tech-Aktien ausklammere.
Ob die Rezession kommt, ist umstritten. Ob es sich beim Anstieg von KI-Aktien nur um einen Hype handelt, ist ebenfalls umstritten. Fakt ist: Die Märkte sind dieses Jahr schon gut gelaufen, aber kurzfristige Marktbewegungen schwer zu prognostizieren, insbesondere wenn es um Wendepunkte geht. DER AKTIONÄR bleibt grundsätzlich positiv gestimmt.
(mit Material von dpa-AFX)