Thomas Gebert: „Ich bin voll ins Risiko gegangen“

Thomas Gebert: „Ich bin voll ins Risiko gegangen“
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Andreas Deutsch 11.04.2025 Andreas Deutsch

Thomas Gebert blieb im Crash ganz cool. Trumps Zollkeule sieht er positiv für den Welthandel. Die Chancen seien gut, dass die Aktienkurse am Ende des Jahres wesentlich höher stünden.

DER AKTIONÄR: Herr Gebert, ­Donald Trumps Zölle wirken wie eine Rache an der Welt. Was treibt ihn an?

Thomas Gebert: Er hat ja recht. Die Amerikaner werden beim Handel über den Tisch gezogen. Sie lassen alle Waren hinein und andere Länder blocken amerikanische Güter. Ich moniere seit Jahrzehnten die rücksichtslose Abschottung des europäischen Binnenmarktes. Wir lassen zum Beispiel amerikanische Nahrungsmittel nicht ins Land. Fleisch und Getreide könnten halb so teuer sein. Aber wir wollen unsere Bauern schützen. Vielleicht möchten die Amerikaner nun auch ihre Produzenten schützen? Nicht nur, dass wir amerikanische Lebensmittel nicht ins Land lassen, sondern wir verdrängen amerikanische Agrarprodukte mit für den Welthandel auf die Hälfte runtersubventionierten europäischen Produkten auf anderen Märkten. Auch die Japaner lassen amerikanische Agrarprodukte nicht ins Land. Es ist doch nur fair, dass Präsident Trump nun verlangt, dass die Länder, die auf amerikanische Produkte Zölle erheben, auch Zölle zahlen, wenn sie in die USA exportieren wollen. Das hätte doch schon längst Standard sein sollen.

Thomas Gebert
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Thomas Gebert ist der Erfinder des „Gebert-­Börsenindikators“. 1996 wurde „Der GebertBrief“ ins Leben gerufen.

Eigentlich war es klar, dass Trump Zölle auf den Weg bringen wird. Nun fallen sie ein Stück ­höher aus und der Markt dreht durch. Wie passt das zusammen?

Sie sind nicht wirklich höher. Goldman Sachs sagt, dass der nach Handelsvolumen gewichtete Zollsatz nun 18,3 Prozent beträgt, etwas mehr als die von Goldman Sachs vorher geschätzten 15 Prozent, die kommen würden. Wenn man berücksichtigt, dass auf ein Drittel der Importe gar kein Zoll erhoben wird, wie zum Beispiel auf Aluminium, landet man bei einem effektiven Zollsatz von 12,6 Prozent, deutlich niedriger als Goldman Sachs erwartet hatte und ungefähr in der Höhe von zehn Prozent, dem günstigsten Satz, den man sich hätte erhoffen können. Dass der Aktienmarkt so eingebrochen ist, führe ich auf die hysterischen Kommentare der politischen Beobachter zurück.

Manche sehen das Ende des Welthandels, wie wir ihn kennen …

Es könnte eine neue Ära des Freihandels starten. Wenn die anderen Länder beginnen, ihre Zölle auf null zu setzen, werden das auch die USA tun. Vietnam hat das bereits angekündigt. Es könnte sein, dass sich der Welthandel sogar verstärkt. Eine sehr günstige Entwicklung ist möglich. Die Kritik an Trumps Zöllen kommt bei uns gerade aus der politischen Ecke, die sich immer gegen den freien Welthandel ausgesprochen hat und Abkommen wie TTIP verhindert hat. US-Waren in Europa sollten unter allen Umständen verboten werden. Ich sage nur Chlorhühnchen und dreckiges Frackinggas. Das dreckige US-Frackinggas brauchten wir übrigens plötzlich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, um die Energiewende am Leben zu halten. So wurde es kurzerhand in gutes Frackinggas umgetauft und die Flüssiggasterminals, die unter Merkel bereits fast fertig gebaut waren und als Habecks erste Amtshandlung wieder abgerissen worden waren (böses Frackinggas), mussten wieder aufgebaut werden (gutes Frackinggas). Dass gerade die jetzt meinen, Trump würde einen Anschlag auf den freien Welthandel unternehmen, ist schon irgendwie witzig und stellt die Tatsachen auf den Kopf.

„Ab Sommer könnte durch die vielen Investitionen in die USA dort ein Wirtschaftsboom entstehen.“

Was bedeuten die Zölle kurz­fristig für die Konjunktur in den USA und im Rest der Welt?

Es wird eine Übergangszeit geben, bis Vereinbarungen über das gegenseitige Aussetzen von Zöllen verhandelt sind und ausländische Firmen ihre Produktion in den USA hochgefahren haben, aber mittelfristig sollte der Effekt positiv sein.

Können die Zolleinnahmen denn wirklich die amerikanischen Steuern ausgleichen, wie Trump es plant?

Nein, das können sie natürlich nicht. Aber sie können zu einem ­gerechteren Welthandel führen.

Wie lange hält Trump die Zollstrategie aus?

Beliebig lange. Trump sitzt am längeren Hebel. Hier wird großmäulig von Vergeltungsmaßnahmen gesprochen. Aber womit wollen wir denn drohen? Wir machen 50 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes mit dem Außenhandel, die Amerikaner zehn Prozent. Wir überschätzen uns maßlos. Wir sind zu 100 Prozent von den Amerikanern abhängig. Alle wichtigen Daten laufen über amerikanische Rechenzentren. Die Amerikaner können uns über Nacht ausknipsen. Dann funktioniert hier überhaupt nichts mehr. Deshalb empfinde ich die dauernden unflätigen Bemerkungen deutscher Politiker über das amerikanische Staatsoberhaupt als äußerst töricht.

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Mit welchen Reaktionen rechnen Sie vonseiten der Wirtschaft?

Ausländische Firmen, besonders deutsche, werden verstärkt in den USA investieren und dort produzieren. Roche hat es bereits angekündigt. Wir haben hier ohnehin keine Fachkräfte trotz drei Millionen Arbeitsloser und Energie fehlt auch. Es wäre doch auch Unsinn, Fachkräfte hier anzusiedeln, da ist es doch viel eleganter, die Fabrik dort zu bauen, wo die Fachkräfte sind: in den USA.

Und der Strom ist weniger als halb so teuer, die Bürokratie nahe null und ein Lieferkettengesetz gibt es auch nicht. Die deutschen Firmen werden dort mit offenen Armen empfangen. Die gewaltigen Mengen Strom, die für die modernen KI-Anwendungen erforderlich sind, könnten in Deutschland gar nicht bereitgestellt werden. Investitionen in die USA sind quasi alternativlos.

Wird die Börse das auch so sehen oder wird 2025 ein schlechtes Jahr für Aktien?

Ab Sommer könnte durch die vielen Investitionen in die USA dort ein Wirtschaftsboom entstehen, der auch die Aktienkurse der deutschen Unternehmen wegen ihres hohen US-Exposures nach oben treiben könnte.

Kaufen Sie jetzt oder warten Sie ab?

Ich war ja defensiv in die zu erwartenden Turbulenzen gegangen, mit etwas Bargeld, etwas Gold, Stromversorgern, Telekom und Konsumgüterherstellern. Das hat sich ganz gut gehalten. Das habe ich dann verkauft und dafür in der Panik die abgestürzten Werte billig eingesammelt, wie etwa Amazon, Daimler Truck und Ölwerte wie BP. Ich bin voll ins Risiko gegangen. Ich sehe, dass eine günstige Entwicklung angestoßen worden ist, und erwarte wesentlich höhere Aktienkurse am Jahresende.

Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 16/2025 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.

Weitere Informationen zum GebertBrief finden Sie hier.

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