Nach den rasanten und massiven Kursverlusten am deutschen Aktienmarkt wird eine rasche Erholung herbeigesehnt. Doch solange die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten europaweit und in den USA so weiter steigt, solange das Wirtschafts- und gesellschaftliche Leben in immer mehr Ländern zum Erliegen kommt, erscheint das schwierig. Eine seriöse Prognose, ob nun zumindest eine Gegenbewegung startet, kann derzeit niemand geben. Was in der kommenden Woche ansteht.
Die Schwankungen im deutschen Börsenbarometer DAX, dem Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 und auch an den US-Börsen dürften weiter stark bleiben. Immerhin zeigte sich in der vergangenen Woche so etwas wie Hoffnung. Der DAX hat im Wochenverlauf 'nur' 3,3 Prozent verloren, der MDAX gab um 3,6 Prozent nach.
"Die Börsen hassen Unsicherheit", sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers. Daher komme es immens auf erste echte Anhaltspunkte darüber an, wann das neuartige Coronavirus soweit unter Kontrolle gebracht ist, dass ein wieder normales Wirtschaftsleben absehbar sei. Bis dahin erwartet Greil anhaltend hohe Schwankungen an den Finanzmärkten.
Im Zuge der sich ausbreitenden Panik über die wirtschaftlichen Folgen der Virus-Pandemie vor vier Wochen hat der DAX in einer bislang so nie dagewesenen Talfahrt in der Spitze gut 40 Prozent eingebüßt. Vom Wochentief bei 8.260 Zählern erholt schloss er am Freitag bei 8.929 Punkten.
LBBW-Stratege Frank Klumpp geht davon aus, dass der Boden noch nicht gefunden wurde, zumal sich mit dem Vereinigten Königreich und den USA zwei sehr bedeutende Wirtschaftsnationen erst in einer frühen Phase der Ansteckung befinden. Und solange unklar sei, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickele und wie lange die Schließungen und Stilllegungen in der Produktion andauerten, seien kurzfristig keine seriösen Schätzungen möglich.
Erinnerungen an die Finanzkrise
Analyst Daniel Schär von der Weberbank spricht sogar von einem dreifachen Schock und zählt auch den Finanzmarktschock hinzu. Das beherzte Eingreifen der Notenbanken durch Zinssenkungen, Wertpapierkäufe und die Bereitstellung von Notfall-Finanzmitteln weckt in ihm "Erinnerungen an die Finanzkrise im Jahr 2008".
Doch trotz all dieser Aktionen und samt den Fiskalprogrammen von Einzelstaaten rechnet Schär mit einer Rezessionsphase. "Die USA beenden damit ihre historisch längste Expansionsphase der Wirtschaft von über zehn Jahren. Europa wird aufgrund der im Vorfeld schon schwachen Konstitution am stärksten negativ betroffen sein."
Zumindest mittelfristig sollten die enormen Maßnahmen der Notenbanken und Staaten aber den Boden für eine nachhaltige Erholung bereiten, erwartet er. "Die Tiefe und Dauer der Rezession hängt von der Dauer der Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab, die wir hinnehmen müssen, um die Pandemie zu überstehen."
Schwacher Wochenschluss an der Wall Street
Die US-Aktienmärkte hatten sich am Freitag der Erholungstendenz an den europäischen und asiatischen Börsen nicht angeschlossen und eine der schwärzesten Wochen ihrer Geschichte beendet. Der Dow Jones Industrial schloss mit einem Abschlag von 4,5 Prozent bei 19.174 Punkten und damit auf dem tiefsten Stand seit November 2016. Daraus resultierte für den US-Leitindex ein Wochenminus von mehr als 17 Prozent - der höchste Wochenverlust seit dem Jahr 2008.
Wie sich die Corona-Krise bereits ausgewirkt hat, darüber dürften die kommenden Wirtschaftsdaten Anhaltspunkte liefern. Hierzulande, in Europa und auch den USA stehen im Wochenverlauf Stimmungsindikatoren auf dem Programm, die allerorten eingebrochen sein dürften. Am Dienstag werden für Anleger am deutschen Markt außerdem die ZEW-Konjunkturerwartungen für März eine zentrale Rolle spielen. Experten erwarten auch hier einen deutlichen Rückgang. In den USA stehen darüber hinaus am Donnerstag noch die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe an.
Geschäftszahlen und Index-Veränderungen
Jahreszahlen werden am Montag vom Energieunternehmen Innogy und der VW-Tochter Traton erwartet, am Mittwoch vom Versorger Eon sowie vom Immobilienkonzern Deutsche Wohnen, von Dermapharm und dem Online-Händler für Haustierbedarf Zooplus. Die Telekom-Unternehmen 1&1 Drillisch sowie United Internet stehen am Donnerstag mit Zahlen auf der Agenda.
Und nicht zuletzt dürften auch Index-Veränderungen beachtet werden. So findet sich ab Montag der Kochboxen-Lieferant HelloFresh im MDAX, wo er den Chiphersteller Dialog Semiconductor ersetzt. Im SDAX sind dann wieder Steinhoff und Adler Real Estate vertreten. SNP und Godewind Immobilien sind dort dann ebenfalls zu finden. Ihre Plätze räumen müssen dafür der UV-Technologie-Spezialist Dr. Hönle, die SGL Group sowie Heidelberger Druckmaschinen. (Mit Material von dpa-AFX)