Ethereum, einst gefeierter Vorreiter der Smart-Contract-Technologie, gerät ins Straucheln. Die Kryptowährung sieht sich einer selbst geschaffenen Herausforderung gegenüber: dem Aufstieg von Layer-2-Lösungen wie Base von Coinbase. Standard Chartered hat nun reagiert und seine Preisprognose für Ether deutlich nach unten korrigiert.
Ein Paukenschlag von Standard Chartered: Die Bank hat ihre Preisprognose für Ether für 2025 von ambitionierten 10.000 Dollar auf nüchterne 4.000 Dollar zusammengestrichen. Der Grund? Ethereum scheint sich selbst ins Abseits zu manövrieren – insbesondere durch die wachsende Dominanz von Layer-2-Lösungen wie Base.
Layer-2-Boom als Wertvernichter
Layer-2-Lösungen wie Base sind Ergänzungen zur Haupt-Blockchain (Layer 1), in diesem Fall Ethereum. Sie verarbeiten Transaktionen außerhalb der Hauptkette, um die Skalierbarkeit zu verbessern und Kosten zu senken, während sie die Sicherheit und Datenintegrität von Ethereum nutzen. Doch während dies die Effizienz steigert, fließen viele Gebühren an Layer-2-Netzwerke wie Base, was die Einnahmen und den Wert der Ethereum-Mainnet schmälert.

Geoffrey Kendrick, globaler Leiter der Digital-Assets-Forschung bei Standard Chartered, spricht in seinem neuen Bericht „Ethereum – Midlife Crisis“ Klartext: „Layer-2s, allen voran Base, ziehen jetzt 'Superprofite' aus dem Ethereum-Ökosystem ab.“ Ein bitterer Befund für die zweitgrößte Kryptowährung, die aktuell bei rund 1.900 Dollar dümpelt – mehr als 60 Prozent unter ihrem Allzeithoch von 4.878 Dollar im November 2021.
Warum Ethereum zurückfällt
Kendrick sieht die Ursache für Ethereums Schwäche in einer fatalen Entwicklung: Die Blockchain habe sich durch ihre eigenen Layer-2-Lösungen quasi „kommoditisiert“. Ein wachsender Anteil der Transaktionsgebühren umgeht inzwischen die Layer-1-Kette und landet stattdessen bei Layer-2-Netzwerken. „Wir schätzen, dass Base allein 50 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung von Ethereum abgezogen hat“, so Kendrick. Die Gewinne, die Base erzielt – Gebühreneinnahmen abzüglich Datenaufzeichnungskosten –, fließen direkt an Coinbase, den „konzerninternen Eigentümer“. Ein Geschäftsmodell, das Ethereum bluten lässt.
„Die Lösung wäre, die 'Superprofite' der Layer-2s zu besteuern – ähnlich wie Regierungen ausländische Bergbauunternehmen mit Extrasteuern belegen“, sagt Kendrick. Doch er hält eine solche Maßnahme für unwahrscheinlich.
Lichtblicke für Ether?
Trotz der düsteren Diagnose bleibt Ethereum in einigen Bereichen dominant: Über 50 Prozent der in DeFi gestakten Werte sind Ethereum, 57 Prozent der Stablecoins und 80 Prozent der tokenisierten Vermögenswerte laufen über die Plattform. Kendrick nennt die wachsende Tokenisierung realer Vermögenswerte (RWAs) als potenziellen Wachstumstreiber. Auch das Pectra-Update 2025 könnte die Skalierbarkeit und Gebührenstruktur verbessern. Eine radikale Reform, wie die Besteuerung der Layer-2-Netzwerke durch die Ethereum Foundation, hält Kendrick jedoch für illusorisch.
Ethereum steht vor einer Zerreißprobe. Während Layer-2-Lösungen wie Base das Ökosystem skalierbarer machen, saugen sie der Hauptplattform den Lebenssaft aus. Standard Chartered liefert mit seiner Prognose einen Weckruf: Ohne mutige Reformen droht Ether, im Schatten von Bitcoin und aufstrebenden Konkurrenten zu verblassen.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Ethereum.