Die wohl noch längere Zeit hohen US-Leitzinsen belasten den New Yorker Aktienmarkt weiter. Zuletzt konnten die wichtigsten Indizes ihre Verluste aber etwas eindämmen. Wie bereits gestern verloren Technologie-Aktien übermäßig. In den Fokus der Anleger gerieten dennoch unter anderem Splunk und Microsoft.
Der Leitindex Dow Jones Industrial sank bis zum Schluss um ein Prozent auf 34.070,35 Punkte, während der marktbreite S&P 500 um 1,6 Prozent auf 4.330,00 Punkte zurückfiel. Für den besonders zinssensiblen, technologielastigen Nasdaq 100 ging es um 1,8 Prozent auf 14.694,24 Zähler bergab. Im Gegenzug markierte die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen einen neuen Höchststand seit der Weltfinanzkrise im Jahr 2007.
Die US-Notenbank Fed hatte am Mittwoch zwar wie weithin erwartet ihren Leitzins beibehalten. Ihre Prognosen deuten allerdings auf eine womöglich weitere Zinsanhebung noch in diesem Jahr hin, wobei die Notenbanker nun für 2023 ein höheres Wachstum der heimischen Wirtschaft voraussagen als vor wenigen Monaten. Zudem scheint jetzt klar, dass die Zinsen noch länger als bisher erwartet hoch bleiben dürften: Für das kommende Jahr erwarten die Währungshüter weniger Zinssenkungen als bisher.
Raphael Olszyna-Marzysvon der Privatbank J. Safra Sarasin schrieb, er habe als wichtigste Botschaft von der Fed-Sitzung mitgenommen, "dass ihre Politik straff bleiben wird, bis etwas Schlimmes die Notenbank zu einer Zinssenkung veranlasst" - wie etwa sehr schwache Wirtschaftsdaten. Der Markt habe zwar mit einer straffen Herangehensweise der Fed gerechnet, erläuterte ein Börsenexperte, "aber es ist das Ausmaß der restriktiven Haltung, das überrascht". Die Märkte müssten diesen Kurs nun zunächst einpreisen.
Aktuelle Konjunkturdaten fielen insgesamt eher schwach aus und dürften zumindest nicht den Druck auf die Fed verstärken, die Zinsen nochmals anzuheben. Ein überraschender Rückgang der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe untermauerte den weiter robusten Arbeitsmarkt. Dagegen verschlechterte sich das vom Philly-Fed-Index erfasste Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia im September überraschend deutlich. Zudem gingen die Bestandsverkäufe von Häusern im August unerwartet zurück.
Unternehmensseitig standen die Übernahmepläne des Netzwerk-Spezialisten Cisco für den Datenspezialisten Splunk im Fokus. Dafür will Cisco voraussichtlich 28 Milliarden US-Dollar auf den Tisch legen, was einen Preis von 157 Dollar je Splunk-Aktie beinhaltet. Eine entsprechende Vereinbarung haben die beiden Unternehmen nach eigener Aussage bereits unterzeichnet. Während die Splunk-Papiere um gut 21 Prozent auf fast 145 Dollar anzogen, büßten die von Cisco um rund vier Prozent ein.
Die Anteilseigner von Broadcom mussten einen Kursrückgang um 2,4 Prozent verkraften. Laut der Wirtschaftspublikation "The Information" erwägt Google-Mutter Alphabet, den Softwarekonzern als Lieferanten von KI-Chips (Künstliche Intelligenz) fallen zu lassen. Um Kosten zu sparen, würde Google die Chips dann unter dem eigenen Dach designen. Die Alphabet-Aktien verloren 2,3 Prozent. Google stehe als Kunde fast für den gesamten Broadcom-Umsatz in diesem Bereich, dessen technische Anforderungen allerdings hoch seien, konstatierte Bernstein-Analyst Stacy Rasgon. Die Frage sei indes, ob es hier um wirkliche Risiken oder um eine Verhandlungsstrategie von Google gehe.
Gemischte Gefühle dürfte die aktuelle Kursentwicklung zweier Börsenneulinge bei ihren Aktionären auslösen. Die Anteilsscheine des Chipdesigners Arm, der vor einer Woche ein fulminantes Debüt an der Nasdaq gefeiert hatte, sind seitdem auf dem Rückzug. Mit Verlusten von nahezu drei Prozent notierten sie nur noch knapp über ihrem Ausgabepreis von 51 Dollar. Unverändert schloss der Einkaufs-Lieferdienst Instacart aus, der sich an seinem dritten Handelstag nurtein wenig über dem Ausgabepreis von 30 Dollar behaupten konnte.
Microsoft zählte derweil mit plus 0,1 Prozent zu den besten Werten im Dow. Der Softwareriese wird von kommender Woche an seinen KI-Assistenten Copilot in das Betriebssystem Windows bringen. Fedex-Aktien verteuerten sich um 4,8 Prozent. Der Logistikkonzern hatte am Mittwoch nach Börsenschluss seine Quartalszahlen präsentiert, der Gewinn war dabei höher ausgefallen als erwartet
Die wohl länger hoch bleibenden US-Zinsen haben die Renditen von US-Staatsanleihen am Donnerstag weiter gestützt. Die Rendite von Papieren mit einer Laufzeit von zehn Jahren notierte zuletzt mit 4,48 Prozent nur knapp unter ihrem jüngsten 16-Jahres-Hoch von 4,49 Prozent. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) fiel im Gegenzug um 0,73 Prozent auf 108,42 Punkte.
Mit Material von dpa-AFX.