Starke Beschäftigungsdaten aus den USA haben am Donnerstag den Abwärtstrend am deutschen Aktienmarkt deutlich beschleunigt. Der DAX weitete sein Minus noch aus und schloss 2,57 Prozent schwächer bei 15.528,54 Punkten. Das bedeutet den vierten Verlusttag in Folge und zudem ein Dreimonatstief.
Für den MDAX der mittelgroßen Unternehmen ging es um 2,64 Prozent auf 26.708,44 Punkte bergab.
Analyst Craig Erlam vom Broker Oanda sprach von einem weiteren schweren Schlag für die Hoffnungen auf eine länger anhaltende Zinspause der US-Notenbank Fed. Sollte eine weitere Zinsanhebung Ende Juli nicht ohnehin schon festgestanden haben, dann sei dies jetzt wohl der Fall. Auch die unerwartet deutliche Stimmungsaufhellung im US-Dienstleistungssektor dürfte es der Fed erleichtern, ihre Geldpolitik weiter zu straffen, ergänzten die Experten der Landesbank Helaba. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen die Zeichen ebenfalls auf weiter steigende Leitzinsen.
In der US-Privatwirtschaft waren im Juni laut dem Dienstleister ADP mehr als doppelt so viel neue Stellen geschaffen worden wie von Beobachtern erwartet. Die Daten gelten als erste Orientierung vor dem offiziellen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung an diesem Freitag, der wiederum ein wichtiger Faktor für den weiteren Fed-Zinskurs ist. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stiegen zwar etwas weniger stark als prognostiziert. Doch dafür wurde die Zahl für die vorangegangene Woche etwas nach unten revidiert.
Der ADP-Bericht sei zwar oft kein besonders aussagekräftiger Indikator für den offiziellen Arbeitsmarktbericht, räumte Oanda-Experte Erlam ein. Aber die aktuellen Daten seien einfach zu stark, um sie ignorieren zu können.
Zu den größten Verlierern an deutschen Aktienmarkt zählten am Donnerstag die besonders zinssensiblen Immobilienwerte: Vonovia waren mit minus 7,4 Prozent DAX-Schlusslicht, und auch im MDAX sowie im Nebenwerte-Index SDAX standen die Branchentitel mit am meisten unter Druck.
Viele Anleger nahmen auch Gewinne bei gut gelaufenen Titeln mit. Die Anteile am Sportartikelhersteller Adidas büßten 5,6 Prozent ein, und die Titel des Konkurrenten Puma verloren 3,7 Prozent. Adidas gehört zu den führenden DAX-Titeln des Jahres, und Puma konnten sich zumindest in den vergangenen Wochen deutlich erholen.
Beim Baustoffkonzern Heidelberg Materials – seit Jahresbeginn größter DAX-Gewinner – begünstigte eine gestrichene Kaufempfehlung der Bank HSBC Gewinnmitnahmen, die die Aktien mit 4,9 Prozent ins Minus drückten.
Ansonsten sorgten Quartalsberichte für Kursausschläge. Der Online-Apotheke Redcare Pharmacy bescheinigten Börsianer für das zweite Quartal eine überraschend gute Umsatzentwicklung. Die in diesem Jahr bereits sehr stark gelaufenen Papiere sprangen zeitweise auf den höchsten Stand seit Februar2022 und behaupteten am Ende ein Kursplus von 7,1 Prozent, was den ersten Platz im MDAX bedeutet.
Gerresheimer-Aktien hielten sich mit einem Minus von 1,4 Prozent immerhin besser als der MDAX. Sie schüttelten damit zeitweise höhere Verluste ab, obwohl die erwartete Aufstockung der Jahresziele durch den Verpackungsspezialisten trotz eines besser als erwartet verlaufenen Quartals ausgeblieben war.
Im SDAX punktete Südzucker derweil mit einer Anhebung der Jahresziele. Als einer der wenigen Gewinner am deutschen Markt legten die Aktien um 3,3 Prozent zu. Auch Morphosys präsentiert sich gegen den Trend mit einem Plus von 2,2 Prozent stark.
Dagegen brachen die Papiere von Index-Schlusslicht SUSE nach endgültigen Quartalszahlen letztlich um fast 15 Prozent ein. Bei 10,20 Euro hatten die die Aktien des Linux-Spezialisten zuvor ein Rekordtief erreicht.