Einer im Gefängnis, einer auf der Flucht – und nun rücken auch noch die zwei verbliebenen Vorstände von Wirecard stärker in den Fokus der Ermittler. Das Sagen hat beim insolventen Zahlungsabwickler aber ohnehin längst ein anderer.
Bereits seit Juli ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft gegen aktuelle und frühere Wirecard-Vorstände sowie weitere Top-Manager wegen des Verdachts auf Betrug, Bilanzfälschung und Marktmanipulation. Finanzvorstand Alexander von Knoop und Produktvorständin Susanne Steidl legen die Ermittler laut einem Handelsblatt-Bericht nun auch noch Untreue zur Last.
Angesichts dieser Vorwürfe verwundert es doch etwas, dass von Knoop und Steidl offenbar nach wie vor in der Konzernzentrale in Aschheim ein und aus gehen. Das berichtet die Zeitung unter Berufung auf Wirecard-Mitarbeiter. Zu sagen haben die Vorstände dort allerdings nichts mehr – das hat jetzt Insolvenzverwalter Michael Jaffé. Der ist dabei aber auf das Wissen der beiden langjährigen Manager angewiesen.
Von den vier Vorständen, die zum Zeitpunkt der Insolvenz das Unternehmen leiteten, sind nur diese beiden noch greifbar: Ex-Vorstandschef Markus Braun sitzt in Untersuchungshaft, sein Nachfolger James Freis ist kaum länger da als der Insolvenzverwalter selbst. Und der frühere COO Jan Marsalek ist weiterhin flüchtig.
Wer wusste wann Bescheid?
Das könnte der Grund sein, warum Steidl und von Knoop noch nicht vom Aufsichtsrat abberufen wurden oder selbst das Handtuch geworfen haben. Zum Jahresende 2020 laufen ihre Vorstandsverträge aber ohnehin aus.
Speziell beim Finanzvorstand scheint es schier unvorstellbar, dass er von den mutmaßlichen Luftbuchungen in Milliardenhöhe nichts mitbekommen hat. Zudem soll von Knoop laut dem Bericht noch kurz vor der Insolvenz Millionen-Kredite an dubiose Partnerfirmen bewilligt haben. „Entweder, der CFO war völlig unfähig. Oder er wusste mehr“, zitiert das Handelsblatt einen Top-Banker.
Ab heute nicht mehr im DAX
Die Ermittlungen in der Causa Wirecard machen offenbar Fortschritte, dürften allerdings noch Jahre dauern. Ob es die Wirecard-Aktie dann noch gibt, ist fraglich. Seit dem heutigen Montag ist der Titel schon nicht mehr Teil der Auswahlindizes DAX und TecDAX, wird aber noch im Prime Standard der Frankfurter Börse gehandelt – zumindest solange, bis im Zuge der Insolvenz das Delisting beantragt wird.